fachliteratur
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wirtschaft + weiterbildung
10_2017
Man stelle sich in einer Ausschreibung für eine Ma
nagementposition folgende Anforderungen an den
Kandidaten vor: „Sie sind eher nachdenklich und
kein Freund von schnellen Entscheidungen. Lieber
überlegen Sie zweimal, bevor Sie handeln. Sie wis
sen, dass Ihr Einfluss auf die unternehmerische Ent
wicklung begrenzt ist.“ Gibt‘s nicht? Richtig: Diese
Ausschreibung hat sich Heinz Jiranek für sein Buch
„Klug zweifeln“ mangels realer Beispiele ausgedacht.
Seine Mission: Ausschreibungen wie diese und vor
allem die darin geforderten Anforderungen an Mana
ger salonfähig zu machen und zu zeigen, dass weder
in Unternehmen noch in der Welt die Dinge je so
einfach sind, wie der Mensch sie sich gerne macht
– weil es dem Menschen, so der Autor, schwerfalle
einzustecken, „dass wir in einer zufälligen, diskon
tinuierlichen Welt leben, die aus sich selbst heraus
Unvorhersehbares schafft und die wir mit dem Ver
stand einfach nicht zu begreifen mögen“.
Zunächst nimmt Jiranek den Leser deshalb mit auf
einen Exkurs über die Systemtheorie, damit dieser
lernt, „dass wir uns von unseren liebgewonnenen
Kausalerklärungen endgültig verabschieden müs
sen“. Um deren Schwachstellen zu veranschaulichen,
stellt Jiranek das lineare Management, das gerne in
kausalen Zusammenhängen denkt, mit einem von
ihm empfohlenen Management auf Basis system
theoretischer Erkenntnisse gegenüber. Der Tenor:
Simplifizieren funktioniert nicht, Manager müssen
Unwägbarkeiten aushalten können und sich bewusst
werden, dass sie in komplexen Prozesse nur wenig
sicher wissen und planen können. In einem weite
ren Kapitel entlarvt Jiranek die Unzulänglichkeiten
gängiger Managementansätze und zeigt, wann beim
Lesen von Managementliteratur die Alarmglocken
schrillen sollten: etwa, wenn sie eine einfache, un
kritische Kausalität vorgaukelt („Nieten in Nadel
streifen“) oder Pauschallösungen verspricht („Immer
erfolgreich“). Weiterhin entlarvt der Autor beliebte
logische Fehlschlüsse à la: Wenn Manager A tut, was
der erfolgreiche Manager B tut, wird Manager A auch
erfolgreich sein.
Jiraneks Buch überzeugt – nicht nur wegen seines
klugen Inhalts, sondern auch deshalb, weil der Autor
im Vorwort eigene Zweifel äußert. Zudem hält er
sich selbst an die Prämisse, die er im Kapitel über
Managementliteratur so schön formuliert hat: „Gute
Literatur verbreitet keine Erfolgsversprechen, sie
idealisiert nicht und sie trivialisiert nicht.“
Heinz Jiranek
ist Inhaber und Geschäftsfüh-
rer des IFB-Jiranek – Institut für
Betriebspsychologie. Als Business-
Coach arbeitet der Diplom-Psycho-
loge mit seinen Kunden unter anderem an den Themen
„Konfliktbearbeitung“ und „Führung“. Schon vor „Klug
zweifeln“ war er als Autor aktiv. Sein Buch „Konfliktma-
nagement“, das er mit Andreas Erdmann verfasst hat, ist
inzwischen schon in der fünften Auflage erschienen.
AUTOR
Foto: Heinz Jiranek/Antje Meinen
Im Zweifel für den Zweifler
MANAGEMENT
Heinz Jiranek
Klug zweifeln: Weil der zweite Gedanke oft
der bessere ist
Göttingen 2017, 342 Seiten, 24,95 Euro