fachliteratur
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wirtschaft + weiterbildung
11/12_2016
„In den meisten Unternehmen wird zu wenig gear-
beitet!“ Gleich der erste Satz im aktuellen Titel von
Lars Vollmer macht deutlich, dass der Autor nicht
lange um den heißen Brei herumredet: Es wird zu
viel Zeit auf den schönen Schein verwendet, zu viele
Ressourcen in ergebnislose Meetings, wirkungslose
Mitarbeitergespräche und formalisierte Verfahren ge-
steckt, sodass letztlich kaum noch Raum für das We-
sentliche, nämlich für die eigentliche Arbeit bleibt,
konstatiert Vollmer. Gearbeitet werde also nicht etwa
zu kurz, sondern eigentlich kaum noch. Die Schuld
an diesem Missstand liege aber im Grunde weder
bei den Mitarbeitern noch bei den Führungskräften
– dem Autor geht es keineswegs um Faulheit oder
Inkompetenz. Das Problem seien vielmehr unpro-
duktive Organisationsformen, die heute leider allzu
oft dazu führten, dass der Belegschaft die Rolle der
Schauspieler in einem allgemeinen Business-Theater
zufalle. Eine Rolle, in der tatsächlich niemand glück-
lich werden könne, denn die Menschen fänden den
Sinn ihres Tuns schließlich in der Wertschöpfung,
nicht in der Selbstdarstellung. Doch warum dann
eigentlich das ganze Theater, wenn das Manage-
ment doch in bester Absicht handelt, wie Vollmer
offen zugesteht? Antworten auf diese Frage finden
sich ebenfalls in dem schmalen Band, der sich mit
seinen knapp 200 Seiten in vorbildlicher Weise auf
das Wesentliche konzentriert. Der Ansatz, den Voll-
mer verfolgt, um für mehr Klarheit in der Sache zu
sorgen, ist ebenso unterhaltsam wie aufschlussreich.
Was der Autor nämlich vorlegt, ist eine geistreiche
Zeitdiagnose, die dem Leser den Spiegel vorhält und
ihn damit zwingt, sich selbst Gedanken über Sinn
und Unsinn des beruflichen Handelns zu machen.
Anstatt dabei auf abgedroschene Managementtipps
zurückzugreifen, setzt Vollmer auf eine Auseinan-
dersetzung mit verbreiteten Denkmustern, deren
Umsetzung vielerorts eben nicht zu mehr Effizienz,
sondern im Gegenteil zu Frust am Arbeitsplatz und
letztlich zu einem schlechteren Unternehmenser-
gebnis geführt hätte. Dass der Titel trotzdem kein
polemischer Rundumschlag ist, wird schnell deut-
lich: Die Kritik, die Vollmer an Prozessabläufen und
Managementinstrumenten übt, ist stets von der Pra-
xis her gedacht und durch den Verweis auf aktuelle
Markterfordernisse gestützt. Und so verbleibt Voll-
mer eben auch nicht bloß im Negativen. Das Buch
enthält ebenso zahlreiche Empfehlungen dazu, wie
es besser gehen kann, wie Arbeit wieder Wertschöp-
fung und Darsteller wieder Kollegen werden können.
In Vollmers Worten: „Wie aus Business-Theatern
wieder echte Unternehmen werden.“
Wider die Wirtschaftsfolklore
ORGANISATION
Lars Vollmer
Zurück an die Arbeit! Wie aus Business-Theatern
wieder echte Unternehmen werden. Linde, Wien 2016,
189 Seiten, 24,90 Euro
Lars Vollmer
ist promovierter Ingenieur und
Honorarprofessor an der Leibniz
Universität Hannover. Als Unter-
nehmer, Vortragsredner und
Begründer von „Intrinsify Me“, einem Thinktank für die
neue Arbeitswelt, gilt er als einer der Vordenker moderner
Unternehmensführung. Vollmer lebt in Barcelona, ist lei-
denschaftlicher Jazzpianist und aktiver Blogger.
AUTOR
Foto: larsvollmer.com