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BUNDESPOLITIK
Integrationsgesetz beschlossen –
Wohnungswirtschaft begrüßt neue Wohnsitzregelungen
Berlin – Nachdem der Deutsche Bundestag das neue Integrationsgesetz am 7. Juli 2016 beschlossen hat, gab auch der
Bundesrat einen Tag später grünes Licht für die neuen Regelungen. Sie sollen zu mehr Angeboten an Integrationskursen
sowie Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten führen und so dazu beitragen, die Integration von Flüchtlingen zu erleich-
tern. Gleichzeitig beschreibt das Gesetz die Pflichten Asylsuchender. Teil des Integrationsgesetzes ist auch eine Wohnsitz-
regelung, für die sich der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft mit Nachdruck eingesetzt hat.
„Fördern und Fordern“ lautet der Leitge-
danke des neuen Gesetzes. Erstmals in der
Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-
land gebe es nun ein Bundesgesetz als
rechtliche Grundlage für die Integration,
hob Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel
hervor. Es sei sehr wichtig, Integration
„als Angebot an die Menschen, die zu uns
gekommen sind, zu sehen, aber auch als
Erwartung: dass sie die deutsche Sprache
lernen und dass sie sich an unsere Gesetze
halten“, so Merkel.
Flüchtlinge, die eine gute Bleibeperspek-
tive haben, erhalten durch das Integrati-
onsgesetz frühzeitig Angebote vom Staat.
Sie sind jedoch verpflichtet, sich auch selbst
um Integration zu bemühen. Lehnen Asyl-
bewerber Integrationsmaßnahmen oder
Mitwirkungspflichten ab, werden Leistun-
gen gekürzt.
„Arbeit ist die beste Integration“
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles
machte darauf aufmerksam, dass die ers-
ten deutschen Worte vieler Flüchtlinge
wären: „Bitte Arbeit“. 70 Prozent von
ihnen seien unter 30 Jahre alt. Wenn die
Integration gelinge, entwickelten sie sich
von Leistungsempfängern zu Leistungsträ-
gern.
Zwei Realitäten
Bundesinnenminister Thomas de Maizi-
ère hob hervor, dass viele Flüchtlinge ihre
Chance genutzt hätten. „Sie haben eine
Ausbildung gemacht oder ein Handwerk
gelernt. Sie studieren, oder sie haben
Betriebe gegründet, in denen Menschen
arbeiten. Sie bringen unser Land voran.
Diese Menschen bereichern unser Land.“
Es gebe jedoch auch eine andere Rea-
lität. Menschen, die ohne Einbindung in
die Gesellschaft lebten. Die kaum Deutsch
sprächen oder es nicht wollten. „Sie haben
keinen ordentlichen Arbeitsplatz. Manche
junge Männer unter ihnen begehen auffal-
lend häufig Straftaten. Solche Einsichten
in beide Realitäten in unserem Land tun
weh“, so de Maizière. Die Bevölkerung
habe den Willen, diejenigen, die Schutz
brauchen und eine Bleibeperspektive
haben, auch zu integrieren. „Diesen Wil-
len wollen wir bewahren. Dafür brauchen
wir Integrationsmaßnahmen. Dafür brau-
chen wir aber auch ihr Vertrauen, dass der
Rechtsstaat das bestehende Recht durch-
setzt“, sagte der Innenminister.
Die Regelungen des Integrationsgeset-
zes, die den Wohnort von Asylsuchenden
betreffen, im Einzelnen:
Wohnsitzregelung erleichtert Integ-
ration
Anerkannten Flüchtlingen kann künftig ein
Wohnort zugewiesen werden, um die Integ-
ration zu erleichtern. Denn ziehen beispiels-
weise zu viele Flüchtlinge in Ballungsräume,
erschwert dies das Eingliedern in die Gesell-
schaft. Die Wohnsitzzuweisung ermöglicht,
die Schutzberechtigten gleichmäßig auf das
Bundesgebiet zu verteilen. Mit der Zuwei-
sung will die Bundesregierung vermeiden,
dass soziale Brennpunkte entstehen.
Die Flüchtlinge müssen in den ersten drei
Jahren in dem Bundesland bleiben, dem sie
nach ihrer Ankunft zugewiesen wurden.
Dies gilt rückwirkend ab dem 1. Januar
2016. Die Länder können Schutzberech-
tigten in diesen drei Jahren einen konkre-
ten Wohnsitz zuweisen. Sie können den
Flüchtlingen außerdem verbieten, in Bal-
lungsräume zu ziehen. Es gibt eine Härte-
fallregelung.
Ausgenommen von der Wohnsitzregelung
sind Flüchtlinge, die bereits eine Ausbildung
machen oder sozialversicherungspflichtig
beschäftigt sind. Die Voraussetzung dabei
ist: mindestens 15 Wochenarbeitsstunden
mit einem Einkommen von mindestens 712
Euro. Das ist der monatliche Durchschnitts-
bedarf gemäß Sozialgesetzbuch.
Niederlassungserlaubnis hängt von
Integration ab
Asylberechtigten, anerkannten Flüchtlin-
gen und Resettlement-Flüchtlingen, die
längere Zeit in Deutschland bleiben, wird
eine unbefristete Niederlassungserlaubnis
künftig grundsätzlich erst nach fünf Jahren
Aufenthaltserlaubnis erteilt. Vorausgesetzt,
sie erfüllen zudem bestimmte Integrations-
leistungen.
Bei herausragender Integration wird es
möglich sein, bereits nach drei Jahren
eine Niederlassungserlaubnis zu erhalten.
Diese Möglichkeit schafft einen besonde-
ren Anreiz zur Integration. Herausragend
integriert ist etwa, wer die deutsche Spra-
che beherrscht und seinen Lebensunterhalt
überwiegend selbständig erarbeitet.
Einheitliche Regelung zur Aufent-
haltsgestattung
Künftig wird die Aufenthaltsgestattung mit
dem Erhalt des Ankunftsnachweises ent-
stehen. So sollen bisher bestehende Unsi-
cherheiten in der Praxis beseitigt werden.
Die Bundesregierung will damit sicherstel-
len, dass Asylsuchende rechtssicher und
frühzeitig unter anderem Zugang zum
Arbeitsmarkt und zu Integrationsleistun-
gen bekommen. Zusätzliche Änderungen
des Asylgesetzes sollen es ermöglichen, die
Prozesse im Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge noch effizienter zu gestalten.
(bpa/schi)
Einen Video-Podcast von Bundeskanzlerin
Angela Merkel zum Integrationsgesetz
finden Sie unter diesem Kurz-Link:
• Geduldete bekommen ein Blei-
berecht für die gesamte Dauer
der Berufsausbildung und die
anschließende Beschäftigung. Das
soll ihnen und den Ausbildungs-
betrieben mehr Rechtssicherheit
geben.
• Es soll mehr Kapazitäten bei den
Integrationskursen geben, damit
Flüchtlinge schnell Deutsch lernen.
• Die Länder können Flüchtlingen
in den ersten drei Jahren einen
Wohnsitz zuweisen. Dadurch soll
verhindert werden, dass zu viele
Flüchtlinge in Ballungszentren
ziehen und damit die Integration
erschwert werden könnte.
• Flüchtlinge sollen schon während
des Asylverfahrens einer sinnvollen
Beschäftigung nachgehen. Am 1.
August 2016 startet der Bund ein
neues Programm „Flüchtlingsinte-
grationsmaßnahmen“ für 100.000
Arbeitsgelegenheiten.
• Außerdem verzichtet die Bundes-
agentur für Arbeit für drei Jahre in
bestimmten Regionen auf die Vor-
rangprüfung. Dies soll die Arbeits-
aufnahme erleichtern.
Das Integrationsgesetz
im Überblick:
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