WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 48/2015 - page 3

BUNDESPOLITIK
Gedaschko:
Die KWKG-Novelle bezieht
sich, anders als bisher, nur noch auf die
Einspeisung von dezentral erzeugtem
Strom ins öffentliche Netz. Wenn es
darum geht, die rentablen Eigenversor-
gungsmodelle abzugrenzen, kann man
dies durchaus als konsequent bezeich-
nen. Das Problem: Der gesetzlich nicht
gesondert definierte Mieterstrom wird
hier gar nicht mehr berücksichtigt und
damit komplett vom Tisch gefegt. Aus-
nahmen gelten nur für die strominten-
sive Wirtschaft und kleinere Anlagen bis
100 Kilowatt elektrisch. Da KWK-Anla-
gen zur Quartiersversorgung in der Woh-
nungswirtschaft jedoch ausgehend vom
Wärmebedarf des Quartiers geplant wer-
den, wird die Grenze von 100 Kilowatt
elektrisch überwiegend überschritten.
Normalerweise werden hier Leistungen
bis circa 250 Kilowatt elektrisch erreicht.
Daher bedeutet die Neuregelung letzt-
lich, dass die Förderung für Mieterstrom-
projekte zu großen Teilen einfach weg-
fällt. Die Folge: Mieter werden von den
positiven Entwicklungen in der Energie-
wende schlichtweg ausgeschlossen – so
wie bereits beim Thema Photovoltaik
und der Ausgestaltung des EEG gesche-
hen ist. Gefördert werden ausschließlich
private Eigenheimbesitzer und die Groß-
industrie.
Welche Bedeutung hat Mieterstrom für
die Energiewende?
Gedaschko:
Die hohe Bedeutung des
Mieterstroms für ein Gelingen der Ener-
giewende wird aktuell deutlich unter-
schätzt. Ein bedeutender Effekt ist: Mie-
terstrom belastet die Netze nicht, denn
er wird direkt am Ort seiner Entstehung
– dem Wohnquartier – verbraucht. Dar-
über hinaus sind Mieterstrom-Modelle
offen für alle Marktbeteiligten: Woh-
nungsunternehmen, Stadtwerke, Con-
tractoren. Durch ein Mieterstromprojekt
entsteht kein Nachteil beispielsweise für
kommunale Energieversorger. Im Gegen-
teil: Erstens wird die Zusammenarbeit von
Wohnungsunternehmen und Stadtwerken
im Bereich der Gasversorgung gestärkt.
Zweitens kann ein Blockheizkraftwerk im
Quartier nur einen Teil der Strombedarfe
der Mieter decken. Daher können durch
Kooperation und Strombezug längst ver-
lorene Kunden zurückgewonnen werden.
Drittens ergeben sich Kooperationsopti-
onen beim Betrieb dieser Anlagen. Dies
kann durch Praxisbeispiele auch belegt
werden. Die Wohnungswirtschaft soll
große Teile der Energiewende schultern
– und dabei soll das Wohnen bezahlbar
bleiben. Die KWK bildet im Rahmen der
Quartierssanierungen eine feste Säule
in unserer Energiestrategie, um die Kli-
maziele zu erreichen. Leider bremsen
die jetzt vorgeschlagenen Formulierun-
gen der KWKG-Novelle diese Konzepte
schlagartig aus.
Dabei würden Mieterstromprojekte es
vielen der rund 40 Millionen Mietern in
Deutschland ermöglichen, sich aktiv an
der Energiewende zu beteiligen. Ein Pro-
jekt von solchen Ausmaßen und mit solch
riesigen Auswirkungen wie die Energie-
wende braucht einen breiten gesellschaft-
lichen Konsens. Der wäre deutlich leichter
zu erreichen, wenn sich die Mehrheit der
deutschen Bevölkerung auch selbst für
das gemeinschaftliche Projekt einsetzen
könnte Mieterstrom hätte damit positive
Auswirkungen für die Akzeptanz der
Energiewende in der Bevölkerung und
ihr gesamtes Image. Kurz gesagt: Mie-
terstrom ist einer der wesentlichen Bau-
steine, um die Energiewende zum Erfolg
zu führen.
Fortsetzung von Seite 2
Bundeswirtschaftsministerium zieht Bilanz zur Energiewende
Berlin – Das Bundeskabinett hat am 18. November 2015 den vierten Monitoring-Bericht zur Energiewende, den zweiten
Erfahrungsbericht zum Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und die Energieeffizienzstrategie Gebäude verabschiedet.
Die zentralen Ergebnisse des Monitoring-
Berichtes: Beim Ausbau der erneuerbaren
Energien im Stromsektor liegt Deutschland
auf Zielkurs. Der Anteil erneuerbarer Ener-
gien am Bruttostromverbrauch lag 2014
bei 27,4 Prozent und ist im ersten Halb-
jahr 2015 auf über 30 Prozent gestiegen.
Der Energieverbrauch liegt heute auf dem
niedrigsten Stand seit 1990. Um die ambi-
tionierten Effizienzziele zu erreichen, hat
die Bundesregierung im Dezember 2014
den Nationalen Aktionsplan Energieeffi-
zienz (NAPE) beschlossen. Zudem wur-
den im Jahr 2014 4,3 Prozent weniger
Treibhausgase emittiert als noch im Vor-
jahr. Gegenüber 1990 sind die Emissio-
nen bereits um rund 27 Prozent zurück-
gegangen. Die Versorgungssicherheit ist
laut dem Bericht gewährleistet: Damit das
auch bei steigenden Anteilen erneuerba-
rer Energien so bleibt, soll der bestehende
Strommarkt mit dem Strommarktgesetz
weiterentwickelt werden. Zum ersten Mal
seit über 10 Jahren sanken zum Anfang
des Jahres 2015 die Strompreise für Haus-
haltskunden.
Energieeffizienzstrategie Gebäude
Durch eine Kombination aus Energieein-
sparung und Einsatz erneuerbarer Ener-
gien will die Bundesregierung den Primär-
energiebedarf von Gebäuden bis 2050 um
rund 80 Prozent gegenüber 2008 senken.
Um die ehrgeizigen Ziele des Energieko-
nzeptes im Gebäudebereich bis 2050 zu
erreichen, sind laut Wirtschaftsministe-
rium weitere Investitionen in energieeffi-
ziente Sanierung und erneuerbare Wärme
notwendig. Dazu sieht die Energieeffizi-
enzstrategie Gebäude Eckpunkte vor,
wie die Energieberatung, die Weiterent-
wicklung des Energieeinsparrechts, die
Einführung gebäudeindividueller Sanie-
rungsfahrpläne, die Verstetigung und Auf-
stockung des CO
2
-Gebäudesanierungs-
programms (KfW-Förderprogramme zum
energieeffizienten Bauen und Sanieren)
sowie die Fortentwicklung des Marktan-
reizprogramms zur Nutzung erneuerba-
rer Energien im Wärme- und Kältemarkt
(MAP). Die Eckpunkte der Energieeffizi-
enzstrategie Gebäude sind Bestandteil
des NAPE, den die Bundesregierung am
3. Dezember 2014 beschlossen hat.
Zweiter Erfahrungsbericht zum Erneu­
erbare-Energien-Wärmegesetz
Im zweiten Erfahrungsbericht zum Erneuer-
bare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG)
berichtet die Bundesregierung über den
Stand der Markteinführung von Anlagen
zur Erzeugung von Wärme und Kälte aus
erneuerbaren Energien. Dabei wird das Ziel
des EEWärmeG in den Blick genommen,
nach dem der Anteil erneuerbarer Energien
am Endenergieverbrauch für Wärme und
Kälte im Jahr 2020 14 Prozent betragen
soll. Die Ergebnisse der bisherigen Entwick-
lung zeigen, dass der Anteil der erneuer-
baren Energien im Jahr 2014 bereits bei
etwa 12 Prozent lag und im Jahr 2020 vor-
aussichtlich über 16 Prozent liegen wird.
Das Ziel des EEWärmeG würde damit sogar
übertroffen.
(dün/schi)
Die drei Berichte sowie weitere Infos
finden Sie unter
oder unter diesem Kurz-Link:
goo.gl/KnMcUc
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