Verwalterbrief 4/2019 - page 6

Mitarbeiter gewinnen und binden –
Qualifiziertes Personal ist immer
schwerer zu finden
Jörg Wirtz, InRaCon, Eschenlohe
Eines der wichtigsten Themen, die nicht nur die Verwalterbran-
che seit einiger Zeit und in immer größerem Ausmaß beschäfti-
gen, ist das Thema Personal oder besser gesagt, die Personal-
knappheit. Es ist entweder kein oder kein qualifiziertes Personal
auf dem Arbeitsmarkt zu finden; die Fluktuationsquoten werden
deutlich höher; das Personal ist heute wesentlich schneller be-
reit, den Job zu wechseln.
Sie werden unserer Behauptung, dass die Verwaltungsbranche nicht
durch seine Spitzengehälter bekannt ist, sicherlich zustimmen. Auch da-
rin sehen viele einen wesentlichen Grund, warum sie kein geeignetes
Personal gewinnen können, sei es, um weiteres Wachstum abzusichern
oder Personalersatz sicherzustellen. Andererseits wird aber ignoriert,
dass es auch Branchen gibt, die sich durch deutlich schwierigere Ar-
beitsbedingungen bei noch niedrigen Löhnen auszeichnen. Ich denke
hier unter anderem an die Hotel- und Gaststättenbranche.
Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler
Wenn wir uns also Gedanken darüber machen wollen, wie wir Personal
gewinnen und vor allen Dingen an unser Unternehmen binden wol-
len, müssen wir uns durch die Augen unseres aktuellen und potenziell
neuen Personals betrachten. Sicherlich haben Sie schon von den Gene-
rationen gehört, die sich unter anderem durch unterschiedliche Werte-
systeme und Erwartungshaltungen im privaten als auch im beruflichen
Bereich deutlich voneinander abgrenzen.
Die unterschiedlichen Generationen
Die Nachkriegsgeneration, in der Literatur auch
Traditionalisten
ge-
nannt, und die folgende Generation der sogenannten
Babyboomer
waren noch stark durch Pflicht- und Akzeptanzwerte geprägt. Der si-
chere Arbeitsplatz war wichtig und ein langjähriges, dauerhaftes Ar-
beitsverhältnis war erstrebenswert. Gleichzeitig war das Streben nach
Erfolg und der Erwerb von Statussymbolen stark ausgeprägt. Die Arbeit
hatte einen sehr hohen Stellenwert und die Bereitschaft, das wertvolle
Gut Zeit zu investieren, um den gewünschten Erfolg zu erzielen, war
ausgeprägt. Diese Generationen spielen, wenngleich sie die Vorstel-
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Organisation
Wenn wir versuchen, junge Menschen für unsere Unternehmen zu
gewinnen, indem wir unsere eigenen Vorstellungen zugrunde le-
gen, werden wir ziemlich sicher scheitern. Es macht also Sinn, sich
auf diese Generationen und deren Erwartungshaltungen einzustel-
len, sich mit ihnen zu beschäftigen und versuchen, auf diese Art und
Weise zum attraktiven Arbeitgeber zu werden.
HINWEIS: ERWARTUNGSHALTUNG BEACHTEN
lungen von attraktiven Arbeitgebern geprägt haben, heute eine immer
geringer werdende Rolle.
Generation X (1965 – 1980)
Im Gegensatz zu ihrer Vorgänger-Generation stellt die Generation X die Ar-
beit nicht vor andere Bedürfnisse, sondern betrachtet diese eher als Mittel
zum Zweck. Eine ausgewogene Work-Life-Balance erlangt erstmals einen
hohen Stellenwert. Pflicht- und Akzeptanzwerte werden zunehmend in
Zweifel gezogen und Zeit wird wichtiger als Geld. E-Mail und Mobiltelefon
werden selbstverständliche Kommunikationsmittel. Diese Generation ist er-
gebnisorientiert und schätzt hohe Freiheitsgrade in der Arbeitsgestaltung.
Generation Y (1980 – 1994)
Diese Generation, die zurzeit auf den Arbeitsmarkt drängt, ist die wohl
am besten erforschte Generation. Sie steht unter dem Eindruck des
immer bedeutender werdenden Internets und der Globalisierung und
zeichnet sich durch einen ausgeprägten Individualismus aus. An Unter-
nehmen wird ein ganz besonderer Anspruch gestellt, Arbeit soll Sinn
machen und zudem Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung bieten. Der
Teamgeist ist nochmals deutlich ausgeprägter und es wird noch mehr
Wert auf Freiraum für Privates gelegt, private Angelegenheiten sollen
noch während der Arbeitszeit geregelt werden können. Andererseits ist
man auch bereit, bei Bedarf in der Freizeit zu arbeiten.
Generation Z (ab 1995 – 2010)
Dies ist die Generation, die in den nächsten Jahren auf den Arbeitsmarkt
strömen wird. Diese jungen Menschen wachsen in einer fast vollständig
digitalisierten Welt auf. Smartphones und Internet gehören ganz selbst-
verständlich zum beruflichen und privaten Leben dazu. Auch wenn sich
eindeutige weitere Merkmale noch nicht erfassen lassen, steht zu erwar-
ten, dass dort der Wunsch nach freier Entfaltung stark ausgeprägt ist, sich
diese Generation aber auch einer unsicheren Zukunft bewusst ist.
Den Blickwinkel ändern
Ein Großteil von Ihnen wird vermutlich entweder dem Babyboomer
oder der Generation X zuzuordnen sein. Beschäftigen müssen wir uns
wesentlich mit den Generationen X, Y und Z und deren Erwartungshal-
tungen. Wir müssen versuchen, durch die Augen dieser Menschen auf
unsere Unternehmen zu schauen.
Außendarstellung
Es dürfte sich von selbst verstehen, dass potenzielle Bewerber Ihre Inter-
netseite besuchen und ausgiebig studieren werden. Ein moderner, kun-
denorientierter Auftritt sollte deshalb eine Selbstverständlichkeit sein. Aus
meinen Recherchen weiß ich, dass dies viel zu häufig nicht der Fall ist.
Die Internetseite ist jedoch lediglich Voraussetzung und lange nicht hin-
reichend, um die junge Generation anzusprechen. Sind Ihnen Unterneh-
mensbewertungsplattformen im WEB
kannt? Falls nicht, sollten Sie sich schnellstens damit beschäftigen.
Sollten hier negative Bewertungen ehemaliger Mitarbeiter (oder auch
ehemaliger Bewerber) eingetragen sein, ist eine Reaktion dringend ge-
boten. Auch wenn keine Bewertung vorhanden ist, bedeutet das lange
nicht Entwarnung. Besser wäre es, wenn hier positive Rückmeldungen
Ihrer aktuellen oder ehemaligen Mitarbeiter nachlesbar wären. Zufrie-
denes Personal wird sich einer entsprechenden Bitte Ihrerseits kaum
verschließen. In Ihrem Arbeitsplan zur Aussteuerung eines scheidenden
Mitarbeiters sollte ein entsprechender Arbeitspunkt nicht fehlen.
Wenn wir geeignetes Personal gewinnen wollen, ist es nicht ausrei-
chend, wenn wir für gute Arbeit gutes Geld bezahlen.
HINWEIS: GELD ALLEINE GENÜGT NICHT
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