Verwalterbrief 4/2019 - page 10

Der Fall stellt allerdings eine Ausnahme
dar. Geht es im Übrigen um einen An-
spruch auf Schadensersatz, ist dieser ein
gemeinschaftsbezogenes Recht. Zerstört
ein Dritter, etwa ein Mieter, oder ein Woh-
nungseigentümer einen Zaun, einen Hand-
lauf oder einen Aufzug, handelt es sich um
ein gemeinschaftsbezogenes Recht. Für
dieses muss der Verwalter organisieren,
dass sich die Wohnungseigentümer mit
ihm „beschäftigen“, also klären, ob, ggf.
wann und wie und durch wen dieses Recht
wahrgenommen werden soll.
HINWEIS: SCHADENSERSATZANSPRUCH
Nach den Materialien zur WEG-Reform sol-
len vor allem drei Rechte gemeinschafts-
bezogen sein:
Die Ansprüche auf Zahlung der Beiträge
zu den Lasten und Kosten (= das Recht,
von einem Wohnungseigentümer Haus-
geld zu verlangen).
Der Anspruch auf Schadensersatz wegen
Verletzung des gemeinschaftlichen Ei-
gentums, auch soweit er sich gegen den
Verwalter richtet.
Mängelansprüche der Wohnungseigen-
tümer aus Erwerbsverträgen mit Bau-
trägern, soweit deren Geltendmachung
grundsätzlich der Gesamtheit, nicht aber
den einzelnen Wohnungseigentümern
zusteht, etwa die Entscheidung, ob statt
Nachbesserung gemindert oder kleiner
Schadensersatz verlangt werden soll,
oder die Befugnis, die Rechte auf Min-
derung oder kleinen Schadensersatz gel-
tend zu machen.
Das Gesetz gesellte zu diesen nicht aus-
drücklich genannten Rechten zwei aus-
drücklich genannte Rechte hinzu: Das
Recht, von einem Wohnungseigentümer
die Veräußerung seines Wohnungsei-
gentums zu verlangen, und das Recht,
die Zwangsvollstreckung in Bezug auf
ein Entziehungsurteil zu betreiben.
HINWEIS: HAUSGELDINKASSO
Das bedeutet für Sie:
1. Gemeinschaftsbezogene Rechte
Das Gesetz unterscheidet zwischen Rechten
der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer
und Rechten der Wohnungseigentümer. Soweit
die Gemeinschaft Inhaber der gesetzlich be-
gründeten und rechtsgeschäftlich erworbenen
Rechte ist, kann nur sie handeln. Soweit die
Wohnungseigentümer Inhaber der gesetzlich
begründeten und rechtsgeschäftlich erwor-
benen Rechte sind, können nur sie handeln
– würde man denken. So ist es aber nicht!
Nach dem schon zitierten § 10 Abs. 6 Satz 3
WEG gibt es Rechte in Bezug auf das gemein-
schaftliche Eigentum, deren Inhaber zwar die
Wohnungseigentümer sind, deren Ausübung
aber Sache der Gemeinschaft ist. Diese wird
dabei in der Regel vom Verwalter vertreten.
Die vorstehende Liste ist allerdings nicht ganz
richtig. Denn das Recht, von einem Woh-
nungseigentümer Hausgeld zu verlangen, ist
im geltenden Recht gerade nicht gemein-
schaftsbezogen, sondern ein eigenes Recht
der Gemeinschaft, das der Verwalter im Rah-
men seines Hausgeldinkassos wahren muss.
Die Liste ist ferner nicht statisch. Denn das
Recht, von einem Wohnungseigentümer Scha-
densersatz zu verlangen, ist nach der vorlie-
genden BGH-Grundsatzentscheidung in dem
tümer auf Beseitigung einer unrechtmäßigen
baulichen Veränderung und Wiederherstellung
des ursprünglichen Zustands klage, könne man
insgesamt von keinem gemeinschaftsbezoge-
nen Recht ausgehen.
Sähe man es anders, wäre die Möglichkeit des
einzelnen Wohnungseigentümers zur Rechts-
verfolgung erheblich beeinträchtigt. Bauliche
Veränderungen oder ein rechtswidriger Ge-
brauch des gemeinschaftlichen Eigentums
beträfen häufig nicht alle Wohnungseigen-
tümer gleichermaßen. Deshalb sei es nicht
erforderlich und auch nicht wünschenswert,
dass von vornherein die Gemeinschaft mit der
Durchsetzung solcher Ansprüche und dem da-
mit verbundenen Kostenrisiko belastet werde.
Vielmehr sei es interessengerecht, dass einzel-
ne Wohnungseigentümer die ihnen zustehen-
den Ansprüche so lange durchsetzen können,
wie eine gemeinschaftliche Rechtsverfolgung
nicht mehrheitlich beschlossen worden sei.
In Bezug auf die Wiederherstellung habe er
selbst zwar Anfang 2014 ein gemeinschafts-
bezogenes Recht angenommen. Daran halte
er aber nicht fest. Richtigerweise seien Scha-
densersatzansprüche, die auf die Verletzung
des gemeinschaftlichen Eigentums gestützt
seien, kein gemeinschaftsbezogenes Recht,
wenn und soweit sie in Anspruchskonkurrenz
zu Beseitigungsansprüchen aus dem Miteigen-
tum am Grundstück stünden. Das gelte auch,
soweit der Beseitigungsanspruch die Wieder-
herstellung des vorherigen Zustands umfasse.
Anders als bislang entschieden, sei der einzel-
ne Wohnungseigentümer daher auch insoweit
prozessführungsbefugt, als er die von der Stö-
rungsbeseitigung umfasste Wiederherstellung
des vorherigen Zustands erreichen wolle.
Andernfalls könnte er nicht die vollständige
Beseitigung der Beeinträchtigung erreichen,
sondern müsste sich gewissermaßen mit der
„halben“ Beseitigung begnügen und wäre im
Übrigen darauf angewiesen, einen Beschluss
herbeizuführen. Eine solche gespaltene Zustän-
digkeit sei nicht sinnvoll und entspreche nicht
den Interessen der Wohnungseigentümer.
3. Wirksamkeit der Vergemeinschaftung
Der Beschluss, die Rechte der Wohnungsei-
gentümer auf Störungsbeseitigung zu verge-
meinschaften, könnte unwirksam sein. Bei der
Annahme der Nichtigkeit sei allerdings Zurück-
haltung geboten. Ob sich die beabsichtigte
Verfolgung von Unterlassungs- und Beseiti-
gungsansprüchen im Rahmen des grundsätz-
lich bestehenden Ermessens der Wohnungsei-
gentümer halte, müsse in aller Regel in einem
Anfechtungsverfahren geklärt werden. In Aus-
nahmefällen könne ein Vergemeinschaftungs-
beschluss aber auch als rechtsmissbräuchlich
und deshalb als nichtig anzusehen sein. Dies
sei nun zu klären.
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Deckert/Elzer kompakt
Fall, dass ein Wohnungseigentümer dieses
Recht neben einem Anspruch auf Störungs-
beseitigung geltend macht, nicht (mehr) ge-
meinschaftsbezogen.
Und die Liste ist nicht abschließend. Neben den
genannten Rechten werden zurzeit u.a. folgende
Rechte als „gemeinschaftsbezogen“ angesehen:
Die Durchsetzung von Rechten nach § 14 Nr.
3 WEG, also die Erzwingung der Duldung von
Einwirkungen auf die im Sondereigentum
stehenden Gebäudeteile und das gemein-
schaftliche Eigentum, soweit sie auf einem
nach § 14 Nr. 1 und Nr. 2 WEG zulässigen
Gebrauch beruhen.
Die Durchsetzung von Rechten nach § 14 Nr.
4 WEG, also die Erzwingung des Betretens
und der Benutzung der im Sondereigentum
stehenden Gebäudeteile, soweit dies zur
Instandhaltung und Instandsetzung des ge-
meinschaftlichen Eigentums erforderlich ist.
Die Durchsetzung eines Notwegs.
Diese Sichtweise kann sich aber ändern und
muss vom Verwalter stets auf seine Gültigkeit
hin abgeklopft werden.
2. Vergemeinschaftung
Ist ein Recht in Bezug auf das gemeinschaft-
liche Eigentum nicht von Gesetzes wegen
gemeinschaftsbezogen, haben die Wohnungs-
eigentümer die Möglichkeit, es durch einen
Beschluss zu „vergemeinschaften“ und damit
eine Pflicht der Gemeinschaft zu begründen,
dieses Recht für die Wohnungseigentümer, die
weiterhin Rechtsinhaber bleiben, auszuüben.
Nach den Materialien zur WEG-Reform geht
es hier vor allem um das Recht, von einem
Wohnungseigentümer die Beseitigung und
Unterlassung einer Störung, etwa die Be-
einträchtigung des gemeinschaftlichen
Eigentums durch bauliche Veränderungen
und die Wiederherstellung des früheren
Zustands zu verlangen. Neben diesem
HINWEIS: STÖRUNGSBESEITIGUNG UND
-UNTERLASSUNG
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