Der Verwalter-Brief 2/2016 - page 11

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Deckert kompakt
neuem die Beschlussfähigkeit prüfen. Vorzei-
tig den Saal verlassende Eigentümer sollten
allerdings aufgefordert werden, vor Weggang
noch Vollmachten mit oder ohne Weisungen
an Anwesende zu erteilen, um die Beschluss-
fähigkeit zu erhalten. Bestätigen sich Zweifel
hinsichtlich noch bestehender Beschlussfä-
higkeit, sollten keine weiteren Beschlüsse
mehr gefasst werden. Vielmehr wäre dann
hinsichtlich noch unerledigter Entscheidungen
zu einer Zweitversammlung einzuladen. So
kann vielleicht auch nur zu einem einzelnen
Abstimmungspunkt Zwang zu einer Wieder-
holungsversammlung bestehen. Eine Ausnah-
me hiervon wäre nur dann vertretbar, wenn
etwa ein stets „majorisierender Eigentümer“
die Versammlung verließe, was dann auch das
Gebot einer Zweitversammlung zu reiner För-
melei degradieren könnte.
e) Eine Zweitversammlung ohne einzuhal-
tende Beschlussfähigkeitserfordernisse kann
m. E. (entgegen bisheriger Meinung des LG
München I) auch mit weiteren Tagesordnungs-
punkten im Sinne einer außerordentlichen
Erstversammlung verbunden werden. Die
Wiederholungsversammlung nach bisheriger
Tagesordnung muss allerdings eindeutig schon
in der Einladung von der weiteren Tagesord-
nung einer solchen Erstversammlung getrennt
werden (etwa in Gliederung I. und II.). Bezüg-
lich der neuen Punkte müsste Beschlussfähig-
keit gegeben sein. Andernfalls wäre zu diesen
Beschlussgegenständen zu erneuter Zweitver-
sammlung zu laden.
!
Weiterführende Informationen:
Berechnung der Beschlussfähigkeit (Tool)
1316991
Durchführung der Eigentümerversammlung
2659769
WEG-Rechtsprechung
kompakt
Bauträger-Verwalter kann für den
Verband gegen sich selbst klagen
(OLG Stuttgart, Urteil v. 31.3.2015, 10 U 46/14)
Es liegt kein unzulässiger In-sich-Prozess vor,
wenn eine Verwalterin als gewillkürte Vertre-
terin namens der Wohnungseigentümerge-
meinschaft gegen sich selbst klagt.
!
Weiterführende Informationen:
Prozessführungsbefugnis/Prozessstandschaft
des Verwalters
636985
Verursachungsbezogene Kostenverteilung
von Verwaltersondergebühren nur bei
entsprechender Beschlussfassung
(LG Frankfurt/Main, Urteil v. 23.7.2015,
2-13 S 172/14)
Fallen Kosten der Hausverwaltung für eine
Hausgeldklage gegen einen Wohnungsei-
gentümer an, handelt es sich um Kosten der
Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 WEG. Diese
können nur dann nach dem Verursacherprinzip
umgelegt werden, wenn ein entsprechender
Beschluss über eine derartige Kostenvertei-
lung gefasst wurde.
!
Weiterführende Informationen:
Verwaltervertrag
637468
Auch Leinenzwang für Katzen entspricht
ordnungsmäßiger Verwaltung
(LG Frankfurt/Main, Urteil v. 14.7.2015,
2-09 S 11/15)
Die Hausordnung kann grundsätzlich Rege-
lungen über einen Leinenzwang von Hunden
und Katzen enthalten. Auch ein nachträglich
beschlussweise angeordneter Leinenzwang
für diese Tiere entspricht den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Verwaltung.
!
Weiterführende Informationen:
Tierhaltung (WEG)
637225
Fachliche und praktische Qualifikation
des Verwalters
(LG Stuttgart, Urteil v. 29.7.2015, 10 S 68/14)
Eine Person ist nicht allein deshalb als Verwal-
terkandidatin ungeeignet, weil sie bisher kei-
ne branchenspezifische Ausbildung und keine
selbstständigen Erfahrungen als WEG-Verwal-
terin gesammelt hat. Eine Verwalterbestellung
kann also auch dann ordnungsmäßig sein,
wenn der Verwalter weder über eine betriebs-
wirtschaftliche noch über eine rechtliche Aus-
bildung verfügt (hier: Bestellung einer Polizis-
tin aus dem Eigentümerkreis zur Verwalterin).
!
Weiterführende Informationen:
Verwalter
637461
Keine Unterlassungspflicht durch
Beschluss
(AG Heidelberg, Urteil v. 13.5.2015, 45 C 5/15)
Es besteht keine Beschlusskompetenz für die
Begründung einer Unterlassungspflicht durch
Beschluss. Dies gilt auch dann, wenn es nach
Gesetz oder Vereinbarung bereits einen An-
spruch auf Unterlassung der Nutzung gibt, die
durch den Beschluss bereits konstitutiv unter-
sagt wird.
!
Weiterführende Informationen:
Unterlassungsansprüche
637307
Weites Ermessen für
Nutzungsmöglichkeiten aufgrund
Öffnungsklausel
(LG Köln, Urteil v. 15.4.2015, 29 S 121/14)
Enthält die Teilungserklärung bzw. Gemein-
schaftsordnung hinsichtlich der Nutzungs-
möglichkeiten der Wohnungen eine Öffnungs-
klausel dergestalt, dass die Zustimmung des
Verwalters nur aus wichtigem Grund nicht er-
teilt werden dürfe, wenn die gewerbliche Nut-
zung zu unzumutbaren Beeinträchtigungen
der übrigen Wohnungseigentümer führt und
grundsätzlich einfachmehrheitliche Beschluss-
fassung der Wohnungseigentümer erlaubt, so
unterliegt die gerichtliche Überprüfung eines
entsprechenden Genehmigungsbeschlusses
nur dem Willkürverbot und nicht den zu § 14
Nr. 1 WEG entwickelten Grundsätzen.
!
Weiterführende Informationen:
Nutzungsarten der Wohnung
636933
Nutzungsbeschränkungen
636934
Streitwert bei Veräußerungszustimmung
bemisst sich nach dem Kaufpreis
(OLG Hamm, Beschluss v. 14.4.2015,
I-15 Wx 112/15)
Das Interesse des klagenden Wohnungseigen-
tümers an der Veräußerung seiner Wohnung
entspricht ihrem Kaufpreis. Die beklagten übri-
gen Wohnungseigentümer verfolgen das Inte-
resse, dass die Veräußerung unterbleibt. Damit
deckt sich ihr Interesse mit dem Verkaufsin-
teresse, sodass maßgebend das Einzelinteres-
se des klagenden Wohnungseigentümers ist
– also der Kaufpreis der Wohnung.
!
Weiterführende Informationen:
Veräußerungszustimmung
637319
Streitwert
1717910
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10 12
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