Personalmagazin 6/2017 - page 53

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06/17 personalmagazin
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ORGANISATION
_KOLUMNE
Z
um Arbeitsantritt erfasst mich unsere Company-App
auf meinem Smartphone automatisch beim Durch-
schreiten der Eingangstür. Auf einer Plattform, über
die auch die Personalentwicklung meines Unterneh-
mens gesteuert wird, sind meine Arbeitsdaten erfasst. Als
Mitarbeiter habe ich einen persönlichen „Bildungs-Avatar“ –
quasi ein Spiegelbild meiner Fähigkeiten und Kenntnisse im
virtuellen Raum – der meine beruflichen Qualifikationen und
absolvierte Weiterbildungen dokumentiert.
Montag, 5. Mai 2025:
Heute meldet das System Schulungsbe-
darf und lädt meinen Avatar zu einer virtuellen Schulung ein.
Eine Maschine in meinem Tätigkeitsbereich wird in Kürze
ausgetauscht. Bevor die Transaktion durchgeführt wird, findet
die Einarbeitung an einem virtuellen Modell statt. Mit Arbeits-
kollegen an weiteren Standorten in Europa vernetzt, erhalte
ich am Nachmittag direkt vom Hersteller aus Übersee eine
erste Schulung. Per Datenbrille und Bewegungssensoren er-
fahren wir gemeinsam im virtuellen Raum alles über die neue
Technik und führen bereits erste virtuelle „Handgriffe“ durch
– über Kopfhörer kommen die in Landessprache übersetz-
ten Anweisungen zu uns. Weder Entwickler noch Anwender
müssen für eine solche Schulungsmaßnahme heute noch auf
Dienstreise gehen ...
Zurück in die Gegenwart:
Die technischen Voraussetzungen
aus meiner fiktiven Schilderung aus dem Arbeitstag eines
Industriemitarbeiters im Jahr 2025 stehen heute schon be-
reit – in spätestens zehn Jahren dürften sie zum Berufsalltag
gehören. Die Digitalisierung liefert der Personalentwicklung
bisher ungeahnte Möglichkeiten. Ich habe keine Zweifel da-
ran, dass die berufliche Bildung künftig zu großen Teilen in
virtuellen Räumen stattfindet. Vertriebstrainings in autonom
fahrenden High-Tec-Firmenwagen auf der Fahrt zum Kunden
sind keine Utopie. Durch adaptive Lernsysteme (Algo-gene-
rated Lessons) werden Lerninhalte individuell an das Lern-
und Aufmerksamkeitsniveau des Teilnehmers angepasst.
Geschult wird unter anderem durch Projektionen auf Daten-
brillen – praxisnah und direkt am Arbeitsplatz. Eine künst-
lich erweiterte Realität (Augmented Reality) ergänzt die reale
Welt unter anderem um Texte, Bilder oder Filme. Auf diese
Weise können zum Beispiel Monteure nicht nur im Training,
sondern auch bei ihrer Arbeit die nächsten Schritte direkt in
ihr Sichtfeld einblenden.
Ein Ausblick:
Das Tempo der Transformation hin zu virtuellen
Lernwelten wird einerseits durch den Nutzen für die Unter-
nehmen, die über den „Return on Education“ die Rentabilität
der Weiterbildung nachweisen müssen, bestimmt. Der zweite
Faktor ist die Innovationsbereitschaft und IT-Affinität des Per-
sonals. Da Effizienz und Individualität der neuen Lernformen
auf der Hand liegen und die „Digital Natives“ derzeit schon
den Arbeitsmarkt erobern, wird die digitale Bildungsrevo-
lution in den nächsten Jahren die Unternehmen weiter ver-
ändern. Ähnlich wie die Ansichtskarte aus dem Urlaub und
die Schallplatte wird die rasante Entwicklung technologischer
Möglichkeiten auch den Präsenzunterricht zurückdrängen.
Aber auch dieser wird als besonderes Incentive weiterleben.
Die ausgewogene, wertschätzende Kombination von Mensch
und Technologie wird auch in Zukunft die Wettbewerbsfähig-
keit der Unternehmen bestimmen.
Wie arbeiten wir 2025?
Weniger Raum für Weiterbildungsnostalgie: Virtual Reality statt Präsenzunterricht
THOMAS VOSS
ist Abteilungsleiter Personalentwicklung beim
Personaldienstleister Piening Personal und dort verantwortlich für
den Bereich Zeitarbeit.
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