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06/16 spezial Recruiting
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an
gend“, zehn Prozent bewerten sie als
„ausreichend“ oder „mangelhaft“. Da
gibt es für viele Unternehmen Luft nach
oben. Stark ausbaufähig sind vor allem
die Kriterien „Transparenz“ (Mittelwert
2,4) und „Service“ (ebenfalls im Mittel-
wert 2,4).
Da das Kriterium „Transparenz“ von
der Mehrheit der Teilnehmer als „sehr
wichtig“ für die Qualität von Bewer-
bungsverfahren erachtet wird, besteht
hier ein besonders deutlicher Ansatz,
das Kandidatenerlebnis zu verbessern.
Mit 15 Prozent „sehr gut“ erzielt der
Punkt „Service“, also die Orientierung
der Verfahren am Bewerberinteresse,
den geringsten Anteil an Höchstbewer-
tungen unter den Kriterien zur Bewer-
bung von Bewerbungsverfahren. Hier
können Unternehmen viel tun, um das
Kandidatenerlebnis zu verbessern.
„Der Kandidat als Kunde“ stellt aktuell
vermutlich in den meisten Fällen eine
Forderung, aber keine Beschreibung der
tatsächlichen Verhältnisse dar.
Schnelligkeit erwartet
Ein wichtiger Punkt für das Kandidaten­
erlebnis ist die Schnelligkeit im Verfah-
ren. 60 Prozent der Teilnehmer finden,
dass der Gesamtprozess von der schrift-
lichen Bewerbung bis zur finalen Ent-
scheidung (Zu- oder Absage) nicht län-
ger als einen Monat dauern sollte. Der
grundsätzliche Wunsch nach schnellen
Verfahren schlägt sich im Blick auf die
schriftliche Bewerbung nieder (siehe un-
tere Grafik auf Seite 8).
Hier zeigt sich, dass Kandidaten als
Kunden gelernt haben, wie schnell On-
line-Bestellsysteme funktionieren, und
dass diese Schnelligkeit ihre Erwartungs-
haltung gegenüber Bewerbungsverfah-
ren geprägt hat. Zwei Wochen sind aus
der Sicht von 63 Prozent der Teilnehmer
von der Rückmeldung auf die schriftliche
Bewerbung bis zum ersten Vorstellungs-
gespräch drin. 37 Prozent der Bewerber
wollen eine Woche nach dem ersten Vor-
stellungsgespräch wissen, woran sie sind
und ob es weitergeht, 54 Prozent geben
den Unternehmen zwei Wochen Zeit.
Nach dem letzten Auswahlschritt erwar-
ten 55 Prozent der Teilnehmer innerhalb
von einer Woche die finale Entscheidung.
Stau bei den Vorstellungsgesprächen, weil
die Recruitingabteilung dünn besetzt ist?
Die Bewerbung gerät ins Stocken, weil die
Führungskraft gerade auf einer längeren
Dienstreise ist? Für diese häufigen Verzö-
gerungen im Prozess haben Kandidaten
offensichtlich kein Verständnis mehr.
Die Praxis der Personaler
Und wie sieht die Praxis in den HR-
Abteilungen aus? Ebenfalls im März hat
das Personalmagazin 123 HR-Verant-
wortliche online befragt. Im Ergebnis
zeigen sich deutliche Unterschiede zwi-
schen der Kandidatenerwartung und
der Unternehmenspraxis. Während zum
Beispiel 60 Prozent der Kandidaten eine
Gesamtdauer des Prozesses von maxi-
mal einem Monat für angemessen hal-
ten, entsprechen nur 28 Prozent der be-
fragten Unternehmen dieser Erwartung.
Auch in den Detailschritten der Bewer-
bung gibt es Abweichungen zwischen
Kandidatenerwartung und HR-Praxis.
Dem Resultat der Personalerumfrage
zufolge gelingt es den Unternehmen
noch, in relativ kurzer Zeit eine forma-
le Eingangsbestätigung zu schicken. 90
Prozent tun dies nach eigener Auskunft,
„sofort“, „am ersten Tag des Eingangs“
oder „innerhalb einer Woche“.
Deutliche Abweichungen zwischen
Kandidatenanspruch und Rekrutierungs-
praxis treten aber bei der ersten verbind-
lichen Rückmeldung auf die schriftliche
Bewerbung auf. Während 64 Prozent der
Bewerber innerhalb einer Woche oder
zwei Wochen erfahren möchten, ob es in
den nächsten Auswahlschritt geht oder
ihre Bewerbung gescheitert ist, kommu-
nizieren nur 45 Prozent der Unterneh-
men diese Nachricht in diesem Zeitraum.
Hier muss man sich zudem vor Augen
führen, dass 17 Prozent der befragten
Unternehmen drei Wochen oder länger
für die Einladung zum ersten Auswahl-
schritt oder Absage benötigen, aber
nur zehn Prozent der Kandidaten diese
Geduld mitbringen. Nach Angaben der
Recruiter sind sie bei denweiteren Schrit-
ten im Vorstellungsgespräch schneller:
68 Prozent gelingt es, innerhalb von
zwei Wochen nach der ersten positiven
Nachricht ein Vorstellungsgespräch zu
organisieren, was recht gut dem Anteil
der Kandidaten entspricht, die sich zu
63 Prozent eine solche Nähe zum ersten
Zwischenbescheid wünschen.
Wenig Feedback eingeholt
Auf den ersten Blick scheint die Befra-
gung der Personaler bei vielen Aspek-
ten keine dramatischen Abweichungen
zwischen Kandidatenwunsch und Re-
krutierungspraxis aufzuzeigen. Aller-
dings stimmen einige Ergebnisse nach-
denklich: Zu bedenken ist etwa, dass 47
Prozent der Unternehmen angegeben
haben, kein Online-Formular zu nutzen.
Der Anteil an Unternehmen, die kein
Bewerbermanagement-System nutzen,
dürfte dementsprechend ziemlich hoch
sein. In rekrutierenden Unternehmen
mit händischen Verfahren wiederum ist
der Anteil an „vergessenen Bewerbern“
besonders hoch, Brüche im Standardver-
fahren kommen häufig vor. Das heißt,
dass das Bewusstsein, innerhalb einer
bestimmten Frist zeitnah zu antworten,
nicht unbedingt Auskunft darüber gibt,
wie viele Bewerber durchs Standardras-
ter in händischen Prozessen fallen.
Als Kunden haben sie
gelernt, wie schnell
Online-Bestellsysteme
funktionieren, als
Bewerber erwarten sie
deshalb auch schnelle
Verfahren.
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