Immobilienwirtschaft 2/2019 - page 67

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Amazon und ebay ist auf dieser Grundlage
ebenfalls denkbar. Im Bankenbereich gibt
es nun die Möglichkeit, die Berechtigung,
Kontoauszüge auszulesen, auch an Dritte
zu erteilen. Vergleichsportale wie verivox
nutzen dies nun, um den Kunden gezielt
günstigere Angebote – etwa für den Gas-
bezug – zu machen.
Dr. Westphal, woran arbeiten Sie in die-
sem Kontext?
Dr. Westphal:
Ein extrem wichtiges The-
ma. Wir kooperieren auch hier mit Prop-
Techs, die Plattformen für das Datensam-
meln betreiben. Aber das ist ja auch nicht
mehr ganz so einfach wie früher. Deswe-
gen: Augen auf bei der Partnerwahl.
Schulmann:
Ich sehe uns ERP-Hersteller
nicht als die zukünftigen Datenhändler.
Denn wir haben über Jahrzehnte Ver-
trauen aufgebaut zu den Wohnungs­
unternehmen. Das gute Verhältnis zwi-
schen Vermieter und Mieter wollen wir
nicht verspielen. Plattformen kann man
leicht austauschen. ERP-Systeme dagegen
sind keine Wechselware!
Dr. Westphal:
Wir wollen auch keine Da-
tenhändler werden. Allerdings muss das
Geschäftsmodell Wohnungsverwaltung
erweitert werden. Zusätzliche Dienstleis­
tungen wie Umzugsservices oder Mobili-
tätsangebote sind durchaus denkbar. Doch
bitte keinen blinden Aktionismus, der
nicht mit dem Datenschutzbeauftragten
abgesprochen ist!
Steht der Datenschutz somit über allem
anderen?
Vieker:
Wir wollen andere Preismodelle
für Datenflüsse entwickeln, welche noch
fairer sind. Datenhändler zu werden, ist
der falsche Weg. Die DSGVO ist unseren
Kunden und auch uns sehr wichtig.
Schulmann:
Etwa imVermietungsprozess
sind die Leute ja heute schon von sich aus
bereit, viele persönliche Daten preiszuge-
ben. Darauf fußen schon erste Geschäfts-
modelle. Wir müssen höllisch aufpassen,
wen wir da groß machen.
Welche Themen sind aktuell die dring-
lichsten am Markt?
Vieker:
Automatisierung und mobiles
Arbeiten sind gerade ganz vorne. Und die
Auflösung des App-Wildwuchses. Mobiles
Arbeiten ist es schon länger, weil in der
Branche ja viel vor Ort gearbeitet wird.
Wohnungsübergabe und Ablesung von
Zählern bringen das mit sich. Und das
Nachdenken über eine eigene Digitalisie-
rungsstrategie bringt dasThema Automa-
tisierung aufs Tablett. Wie kann ich Kos­
ten sparen über automatisierte Prozesse?
Dr. Westphal:
Mit der Automatisierung
im Zuge der Digitalisierung befindet sich
die Immobilienbranche gerade gleichzei-
tig in der dritten und vierten industriellen
Revolution. Mobiles Arbeiten geht damit
einher. Echtzeit-Datenzugriff auf das ERP-
System bei der Wohnungsübergabe ist re-
lativ einfachmöglich. Und dieMitarbeiter
wollen auch mal von zu Hause arbeiten
können.
Was ist eigentlich derzeit genau mit KI?
Schulmann:
Für Künstliche Intelligenz
ist es in unserer Branche gefühlt noch zu
früh. Die Voraussetzung hierfür – näm-
lich das Thema Big Data – spielt aller-
dings derzeit schon eine wichtige Rolle.
Das liegt an Amazon, Facebook und Co.
Die haben erstmals dasThema greifbar ge-
macht, um Erkenntnisse zu erzielen, die
vorher so nicht möglich waren.
Dr. Westphal:
Das Wissen um die Mieter
wird in allernächster Zukunft eine über-
ragende Rolle spielen. Dieses konformder
Datenschutzgrundverordnung zu nutzen
ist ein großes Gut. Hier darf sich die Bran-
che vonGoogle &Co. nicht die Butter vom
Brot nehmen lassen.
Schulmann:
Das ist das Thema! Das dür-
fen wir nicht an uns vorbeiziehen lassen!
Haben Sie ein Geschäftsmodell auf
Grundlage von Mieterdaten in petto,
das datenschutzkonform ist?
Schulmann:
Damüssenwir wieder zu den
PropTechs schauen. Allthings mit ihrer
Mietercommunity ist dafür ein schönes
Beispiel. Eine Mischung aus regionalem
«
Jörg Seifert, Freiburg
immobilien „Top Thema“
Die Teilnehmer des Real Estate Talks in
vertiefenden Einzelinterviews.
EXTRA:
VIDEO
„Mit der Automatisie-
rung im Zuge der Digi-
talisierung befindet sich
die Immobilienbranche
gerade gleichzeitig in
der 3. und in der 4. In-
dustriellen Revolution.“
Dr.-Ing. Christian Westphal,
Crem Solutions GmbH & Co. KG
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