IMMOBILIENWIRTSCHAFT 6/2017 - page 66

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PERSONAL & KARRIERE
I
MITARBEITERGESPRÄCHE
Durch die Steuerung der jährlichen Mit-
arbeitergespräche von Seiten der Per-
sonalabteilung, die Verankerung der
Mitarbeitergespräche im Jahreszyklus
und die Verzahnung mit anderen PE-In-
strumenten wie Personalklausuren oder
Personalentwicklungsrunden entsteht ein
fester Rahmen für den Dialog zwischen
Mitarbeiter und Führungskraft, ebenso
für die Mitarbeiterentwicklung und die
Nachfolgeplanung.
VERÄNDERUNGSDRUCK IN UNTERNEHMEN
Dass dennoch heuteMitarbeitergespräche
kritisch gesehen werden, ist vor demHin-
tergrund des starkenVeränderungsdrucks
zu sehen, dem heute viele Unternehmen
und Mitarbeiter ausgesetzt sind. Digitali-
sierung und Globalisierung haben in vie-
len Branchen zu einer Veränderung der
Wettbewerbssituation geführt. Wir ken-
nen alle die Beispiele von Apple, Amazon,
Uber oder Airbnb, die ganze Branchen
durcheinandergewirbelt haben. Etablierte
Unternehmen wie Kodak, Nokia oder der
Buchladen um die Ecke sind im Rahmen
dieser zum Teil disruptiven Verände-
rungen untergegangen.
Begleitet und unterstützt wird dieser
Trend durch Veränderungen im Kunden-
verhalten (Nutzung von Vergleichs- und
Bewertungsportalen wie zum Beispiel
Check 24 vor der Kaufentscheidung,
gestiegene Anforderungen an das Kom-
munikationsverhalten, die Reaktionsge-
schwindigkeit der Unternehmen und die
Veränderungen in der Arbeitswelt 4.0
(New Work)).
AGILERE METHODEN WERDEN GEFORDERT
All diese Entwicklungen und Verände-
rungen führen dazu, dass die heutige
Umweltsituation, in der sich Führungs-
kräfte und Mitarbeiter wiederfinden, als
„Vuca“-Welt bezeichnet wird. Das Akro-
nym „Vuca“ steht für dynamische Ver-
änderungen (Volatility), Unsicherheit
D
as jährliche Mitarbeitergespräch ist
ein wesentliches Element einer sys
tematischen Personalentwicklung
– und seit vielen Jahren insbesondere in
größeren Unternehmen geübte Praxis.
Vor dem Hintergrund einer zunehmend
dynamischen und komplexen Arbeitswelt
werden Mitarbeitergespräche mittlerwei-
le jedoch als statisch und damit obsolet
angesehen. So bekam der Psychologe und
Buchautor Prof. Dr. Armin Trost viel Auf-
merksamkeit mit seinemBuch „Unter den
Erwartungen – Warum das jährliche Mit-
arbeitergespräch in modernen Arbeits-
welten versagt“, in dem er sich unter ande-
rem zu derThese verstieg, dass „Mitarbei-
tergespräche krampfhafte Konversationen
sind, bei denen Chefs ihre Untergebenen
aushorchen“. Der Wirtschaftspsycholo-
ge Dr. Rüdiger Hossiep von der Ruhr-
Universität in Bochum sieht laut einem
„Zeit“-Artikel in Mitarbeitergesprächen
„den Tod jeder Vertrauenskultur“.
Was steckt hinter dieser Kritik an dem
Instrument und wie ist dies aus Sicht einer
eher kleinteiligen Immobilienwirtschaft
mit ihren vielen KMUs zu bewerten? Mit
jährlichen Mitarbeitergesprächen verbin-
den Unternehmen in der Regel folgende
Zielsetzungen:
Regelmäßiges, individuelles Feedback an
alle direkten Mitarbeiter
Gelebte Wertschätzung
Abgleich von Anforderungen und Er-
wartungen zur Verbesserung der Zu-
sammenarbeit und Leistungssteigerung
Pragmatische und strukturierte Unter-
stützung der Führungskräfte für die kon-
tinuierlicheWeiterentwicklung undVer-
besserung eigener direkter Mitarbeiter
Identifikation von Entwicklungszielen
sowie Vereinbarung von Entwicklungs-
maßnahmen/Weiterbildungen zur lang-
fristigen Orientierung
Aufdecken kritischer Positionen und
gezielte Nachfolgeplanung (Risikoma-
nagement)
Machen Mitarbeitergespräche
in der Immobilienbranche noch Sinn?
Kein Instrument ist in der
Vergangenheit wohl so in die
Kritik geraten wie Mitarbei-
tergespräche. Doch warum
eigentlich? Welche Kritik an
diesem Instrument gibt es,
aus welchem Kontext heraus
sind sie in Verruf geraten,
und wie kann die Diskussion
aus Sicht der Wohnungs- und
Immobilienwirtschaft reflek-
tiert werden?
AUTOREN
Rüdiger Grebe,
Leiter der EBZ
Akademie in
Bochum
Elke Nippold-
Rothes,
EBZ
Beraterin und
Führungskräfte-
trainerin
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