Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 107

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Der zweite wichtige Punkt zeigt sich in
dem Anliegen, den digitalen Wandel ge-
meinsam mit den Kollegen zu gestalten.
Anstatt Pflichten- und Lastenhefte zu er-
stellen, werden die jeweiligen Ideen mit
den betroffenenMitarbeitern verfolgt und
Schritt für Schritt ausgearbeitet. Sei es bei
der Einführung neuer Software oder bei
Pilotprojekten zur Erprobung neuer Tech-
nologien – der Ansatz ist einheitlich, die
Zusammensetzung der Projektteams von
Idee zu Idee verschieden. Um alle Mitar-
beiter – etwa auch in denNiederlassungen
– einzubinden, ist es wichtig, ein gemein-
sames Verständnis für übergreifende Pro-
zesse und Systeme zu entwickeln. Eine
der wichtigsten Aufgaben eines CDO ist
es daher, im Spannungsfeld zwischen den
autarkenGeschäftseinheiten und den zen-
tralen Funktionen Standards zu etablie-
ren. So kann sichergestellt werden, dass
die einzelnen Projekte zur übergeordneten
Digitalstrategie passen und technischmit-
einander kompatibel sind.
PROZESSE VÖLLIG NEU DENKEN
BeimThe-
ma Digitalisierung geht es jedoch nicht
ausschließlich darum, bestehende Pro-
zesse zu digitalisieren – manches muss
völlig neu gedacht werden. Kennen Sie
noch die selbstschnürenden Schuhe aus
dem Film „Zurück in die Zukunft“? Nicht
jeder analoge Prozess braucht ein digitales
Pendant – das gilt auch für die Immobi-
lienbranche.
Stattdessen arbeitet die Beos AG bei-
spielsweise an konkreten Projekten in Be-
reichen wie dem Internet of Things (IoT)
mit entsprechender Sensortechnik, die
selbstständig Gebäudedaten erhebt, so-
wie mit Blockchain-Lösungen, die diese
Daten verarbeiten. Aktuell sind die gro
ßen Schlagwörter Big Data, Business In-
telligence undWissensmanagement. Eine
Besonderheit des Unternehmens ist die
geschäftliche Fokussierung auf Unterneh-
mensimmobilien. Das Portfolio besteht
aus unterschiedlichsten Nutzungsarten
von Labors über Rechenzentren bis hin zu
klassischen Büros. Entsprechend indivi-
duell sind die Flächenanforderungen. Der
bevorzugte Ansatz ist deshalb, Probleme
generisch zu lösen. Das bedeutet, sie zu-
nächst zu klassifizieren und daraufhin eine
Lösung zu entwickeln, die einen ganzen
Problembereich abdeckt. Das wird in der
IT-Branche bereits häufig praktiziert, die
Immobilienwelt kann dort noch einiges
dazulernen.
Eines dieser nutzungsübergreifenden
Projekte besteht darin, eine Vermietungs-
plattform für ein Parkplatzportfolio zu
entwickeln. Die Plattform wird modular
aufgebaut und skalierbar sein, weshalb sie,
da generisch, auch für andere Nutzungs-
arten eingesetzt werden kann. Dabei soll
IoT-gestützte Sensortechnik eingesetzt
und Teile der Mietbuchhaltung in Form
von Smart Contracts mit Hilfe einer
Blockchain realisiert werden. Der Vermie-
tungsprozess und die daran anknüpfenden
Vorgänge werden dadurch weitestgehend
automatisiert, sodass die Asset und Pro-
perty Manager zeitlich spürbar entlastet
werden. Die Nutzungsintensität der Park-
flächen soll erhöht und dieWertschöpfung
optimiert werden, wovon letztlich auch
die Investoren profitieren sollen.
TRANSPARENZ BEIM REPORTING
In den
vergangenen Jahren haben neue Regula-
rien dazu geführt, dass die Anforderungen
an das Investorenreporting gestiegen sind.
Neben konsolidierten Auswertungen und
Kennzahlen werden zunehmend Roh-
daten angefordert. Auf diese Herausfor-
derungen reagiert die Beos AG, indem sie
ihre Berichtsinfrastruktur immer weiter
ausbaut. Neben der Möglichkeit, automa-
tisiert dynamische Reports stichtagsgenau
ausgeben zu können, wird hiermit auch
die Voraussetzung für detailliertere Pla-
nungslösungen geschaffen.Weiterhin soll,
ausgehend von einem Data-Warehouse-
Ansatz ‒ also einer modernen zentralen
Datenbank –, eine Big-Data-Lösung ent-
wickelt werden. In dieser werden künftig
auch externe Daten bereitgestellt und
automatisiert mit internen Daten ver-
knüpft. Daraus lassen sich Handlungs-
empfehlungen für die Bereiche Asset und
Portfolio-Management ableiten.
DEN BLICK IN DIE ZUKUNFT WAGEN
Im-
mobilienunternehmen, die heutzutage
Geld und Kapazitäten für eine digitale
Strategie auch abseits vom Kerngeschäft
aufwenden, werden langfristig gegen den
wachsenden disruptiven Druck amMarkt
bestehen. Nur so ist sichergestellt, dass es
der Immobilienbranche nicht wie einigen
Zweigen des stationären Handels ergeht,
die infolge des sprunghaften Umsatz
anstiegs im E-Commerce regelrecht aus-
gedörrt sind.
Zwar sind Immobilien an sich nach
wie vor analog. Allerdings ist es nicht
ausgeschlossen, dass das Prinzip, Immo-
bilien zu kaufen, zu optimieren und zu
veräußern, durch neue digitale Geschäfts-
modelle auf den Kopf gestellt wird. Der
CDO kann entscheidend dazu beitragen,
ein Unternehmen auf diese Herausforde-
rungen vorzubereiten und sie anschlie-
ßend zu bewältigen.
SUMMARY
»
Immobilienunternehmen, die heutzutage
Geld und Kapazitäten für eine digitale Strategie
auch abseits vom Kerngeschäft
aufwenden, werden langfristig gegen den wachsenden disruptiven Druck bestehen.
»
Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Prinzip, Immobilien zu
kaufen, zu optimieren und zu veräußern, durch
neue digitale Geschäftsmodelle
auf den Kopf gestellt wird.
»
Der Chief Data Officer (CDO)
kann entscheidend dazu beitragen,
ein Unternehmen auf diese Herausforderungen vorzubereiten und sie anschließend zu bewältigen.
«
Daniel Seifert-Ziehe, Stuttgart
Daniel
Seifert-Ziehe,
Leiter Digitale
Transformation,
Beos AG
AUTOR
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