Immobilienwirtschaft 7/2017 - page 9

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-8.2017
HÄUSERSCHWEMME AUF DEM LAND
In ländlichen Regionen übersteigt die Zahl der Neubauten den Bedarf an Eigenheimen um bis zu 2.800 Prozent.
In vielen ländlichen
Kreisen ist nach einem Gutachten des IW Köln deutlich mehr gebaut worden, als angesichts schrumpfender Einwohnerzahlen und bestehender
Leerstände nötig gewesen wäre. Im Landkreis Emsland sind etwa zwischen 2011 und 2015 mehr als 1.060 Wohnungen mehr entstanden, als auf
Basis der demographischen Entwicklung und der Leerstände zu erwarten gewesen wäre. Die Entwicklung ist aber nicht auf Norddeutschland begrenzt:
In weiten Teilen des wirtschaftsstarken Bayerns wird laut IW ebenso zu viel gebaut wie im Schwarzwald, in der Eifel oder in Nordhessen.
Eine große Schlagzeile erschütterte die Welt und eine kleine ging fast unter. Donald
Trump kündigte an, aus dem Klimaschutzabkommen von Paris auszusteigen. Er
sei seinen Wählern aus Pittsburgh verpflichtet. Deren Bürgermeister kritisierte die
präsidiale Entscheidung, die ehemalige Erz- und Kohlestadt wolle an den Klimazielen
festhalten. Die künftigen Koalitionspartner in NRW, CDU und FDP, hätten sich of-
fenbar auf eine weitmöglichste Lockerung der Energieeinsparverordnung (EnEV) auf
Landesebene verständigt und wollten im Bund eine Aussetzung erreichen, meldete
die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. So solle das Bauen wieder preiswerter werden.
Das riecht gewaltig nach Trump’scher Schnapsidee. Da könnte man ja gleich beim
Auto auf den Katalysator verzichten, damit das Pendeln wieder bezahlbarer wird.
Laut EU-Kommission haben es unter den 14 Staaten mit dem größten Kohlendioxid-
ausstoß nur Deutschland und Russland geschafft, ihren CO
2
-Ausstoß zu senken. Wir
im Vergleich 2015 zu 1990 immerhin um 24 Prozent – und das, obwohl seitdem die
Wirtschaftsleistung gesteigert wurde, noch mehr Autos auf den Straßen fahren und
zumindest in den vergangenen Jahren auch rege gebaut wurde.
Richtig könnte sein, eine weitere Verschärfung der EnEV erst einmal auszusetzen.
Richtig wäre definitiv, Zwangsvorschriften wie die Schaffung von Auto- und über-
dachten Fahrradabstellplätzen in Kann-Vorschriften umzuwandeln. Aber es wäre
falsch, den CO
2
-Ausstoß wieder zu erhöhen. Erinnern wir uns: Als der Kat eingeführt
wurde, sahen viele den Untergang des (Auto-)Abendlands voraus. Geschehen ist das
Gegenteil. Die deutschen Ingenieure haben getüftelt und wir bauen Autos, die so
gut sind, dass sie – zum Ärger Trumps – auch millionenfach in die Staaten verkauft
werden.
Richtig wäre, die Forschung und Entwicklung von energieeffizienten Materialien und
Plusenergiehäusern massiv zu fördern und zu bündeln. Bis eine Lösung gefunden ist,
was nur eine Frage der Zeit sein dürfte, könnte der deutsche Staat die Grunderwerb-
steuer aussetzen. Für die Energiewende zahlt der Bürger anderweitig schon genug.
Ist das Ziel erreicht, profitiert auch der Fiskus dank einer an Stärke gewonnenen
deutschen Wirtschaft. Aber den Trump, nein, den machen wir hier nicht.
KOLUMNE
Nein, wir machen
nicht den Trump!
Frank Peter Unterreiner
„Richtig wäre, die For-
schung nach energie-
effizienten Materialien
und Plusenergiehäusern
massiv zu bündeln. Bis
eine Lösung gefunden
ist, könnte der Staat
die Grunderwerbsteuer
aussetzen.“
9. WOHNUNGSBAUTAG IN BERLIN
Wohnungspolitik: Martin Schulz bleibt allgemein
Knapp 100 Tage vor der nächsten Bundestagswahl hatte der SPD-
VorsitzendeMartin Schulz einenGastauftritt beim9. Wohnungs-
bautag. Begleitet von großer Entourage stellte der Kanzlerkandi-
dat seiner Partei einige Grundsätze seiner Wohnungspolitik vor.
Allerdings blieb er in seinen Aussagen durchweg allgemein. Er
stand auch nachher nicht für Fragen zur Verfügung. Schulz un-
terstrich vehement den „sozialen Anteil in der Wohnungsfrage“.
„30 Milliarden Euro“ rief er als „Summe für Investitionen in den
nächsten Jahren“ auf – ohne dabei konkret zu sagen, wie viel da-
von er zur Ankurbelung des Wohnungsmarkts vorsehe. „Selbst
Verfassungsänderungen zur Erreichung dieses Zieles“ wolle er
notfalls durchsetzen. Mit nicht näher spezifizierten „steuerlichen
Anreizen, Regeln und Investitionszuschüssen“ solle die Eigen-
heimquote in Deutschland ansteigen. (sei)
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