Immobilienwirtschaft 09/2016 - page 9

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9.2016
HOCHTIEF TRITT AUS DEM HAUPTVERBAND DER DEUTSCHEN BAUINDUSTRIE AUS
Der Essener Baukonzern Hochtief will zum Jahresende aus dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) austreten.
Die Gewerkschaft IG Bau hat die Entscheidung scharf kritisiert.
Hochtief wolle seine Interessen „künftig eigenständig vertreten“, begründete
ein Firmensprecher den Schritt. Der Essener Konzern war 2011 vom spanischen ACS-Konzern übernommen worden. Der Industrieverband HDB
vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 2.000 mittelständischen und großen Bauunternehmen. Für die IG Bau rügte der stellvertretende
Bundesvorsitzende der IG Bauen Agrar Umwelt, Dietmar Schäfers: „Der Hochtief-Vorstand begibt sich damit ins gesellschaftliche Abseits.“
Frank Peter Unterreiner
Die Deutschen können sich immer mehr Wohnfläche leisten, da
das Einkommen stärker steigt als die Mieten, ermittelte jüngst das
Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW). Und dies sogar in
einigen Metropolen wie München und Frankfurt. Nur in wenigen
Städten, beispielsweise in Berlin und Stuttgart, ist die Entwicklung
gegenläufig.
Für die Menschen ist es ohne Frage schön, wenn sie sich eine
größere Wohnung leisten können, für den Umweltschutz und die
wachstumsstarken Städte selbst ist es hingegen ein Desaster. Das
Ziel muss ganz klar sein, den Flächenverbrauch zu reduzieren und
kompakter zu wohnen. Der durchschnittliche Haushalt kann sich
in München 70 Quadratmeter leisten und muss für die Warmmiete
nur 25 Prozent seines Einkommens ausgeben, was vergleichswei-
se wenig ist. In Berlin kann er sich 68 Quadratmeter gönnen, in
Frankfurt 70 und in Stuttgart 73 Quadratmeter. In Dingolfing-
Landau sind es bundesweit mit 126 Quadratmetern am meisten, in
Trier mit 59 Quadratmetern am wenigsten.
Nachdem Wohnimmobilien angeblich für den Großteil des
CO
2
-Ausstoßes in Deutschland verantwortlich sind, ist ein Flä-
chenwachstum pro Haushalt die falsche Antwort. Eine kleinere
Wohnung bedeutet schließlich weniger Heizbedarf und damit
weniger CO
2
-Ausstoß. Auch wissen die wachstumsstarken Städte
nicht mehr, wie sie den Zustrom an Menschen managen sollen und
woher das benötigte Bauland kommen soll. Weitere Baugebiete
auf der grünen Wiese sind oft aus ökologischen Gründen nicht
gewünscht. Auch hier heißt die Lösung: Weniger Wohnfläche pro
Haushalt. Dann bekommen wir eine kompakte Stadt mit kurzen
Wegen und können eher auf eine weitere Zersiedelung und das
eigene Auto verzichten.
Eine Wohnung ist ein Konsumgut. Der Verbraucher leistet sich die
Größe entsprechend seinem Budget. Also müsste Wohnen teurer
werden, nicht preiswerter. Und auch auf 70 Quadratmetern lassen
sich Kinder großziehen, eine Familie aus Tokio wäre über so viel
Luxus begeistert. Wenn Wohnen in den wachstumsstarken Städten
teurer wäre (was die widersinnige Mietpreisbremse zu verhindern
sucht), dann hätte dies einen weiteren Effekt: Das flache Land,
welches unter Abwanderung leidet, würde gestärkt werden. Denn
sein Asset sind günstige Mieten und Preise.
KOLUMNE
Die Mieten
müssen steigen,
nicht fallen
MARKTFORSCHUNG
Wirtschaftsforscher warnen erneut
vor einer Immobilienblase
Führende Wirtschaftsforscher und Banken warnen
vermehrt vor einer Überhitzung am Häusermarkt.
Droht in Deutschland eine Immobilienblase? In
Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leip-
zig, Stuttgart und München lag der Preisanstieg bei
Mietwohnungen nach Berechnungen des Immobili-
enunternehmens JLL in der ersten Jahreshälfte 2016
gegenüber dem Vorjahr bei sechs Prozent, so hoch
wie seit Beginn der Datenerhebung 2004 nicht mehr.
Die saftigenMieterhöhungen gehen auf ebenso kräftig
steigende Immobilienpreise zurück. Einige Beobach-
ter sehen das mit Sorge. „In immer mehr Regionen
deutet der Anstieg der Preise für Wohnhäuser auf
übersteigerte Preiserwartungen und damit die Gefahr
einer Immobilienblase hin“, sagt auch Roland Döhrn,
Ökonom beim Rheinisch-Westfälischen Institut für
Wirtschaftsforschung in Essen.
WOHNUNGSNOT
Hendricks bringt Grundgesetz-
änderung ins Spiel
BarbaraHendricks erwägt eine Änderung des Grund-
gesetzes, um als Bundesregierung „wirksam dort hel-
fen zu können, wo die Wohnungsnot am größten ist“,
sagte die Bundesbauministerin den Zeitungen der
Funke Mediengruppe. Denn ab 2020 fallen so ge-
nannte Kompensationsmittel für den sozialen Woh-
nungsbau von 1,5 Milliarden Euro für das Jahr 2018
und das für 860.000 Haushalte erhöhte Wohngeld in
Millionenhöhe wieder weg. Der Spitzenverband der
WohnungswirtschaftGdWbegrüßte denVorstoß, das
Grundgesetz ändern zu wollen. Man werde unter den
Mitgliedern „Mehrheiten ausloten und für das Vor-
haben werben“, sagte ein Sprecher.
Barbara Hendricks,
Bundesministerin
für Umwelt, Na-
turschutz, Bau und
Reaktorsicherheit
Foto: BMUB
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