Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 62

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
HAUSTECHNIK
I
CYBERRISIKEN
Mit so vielen verkauften Spei-
chersystemen rechnet Iris Meyer
von IBC Solar für 2016.
20.000
Experten
„Wichtig ist, dass die
selbst erzeugte und ge-
speicherte Kilowattstunde
günstiger ist als die Kilo-
wattstunde aus dem Netz.
Dann entscheiden sich die
Kunden für Hausspeicher.“
Carsten Welge,
Produktmana-
ger RWE Batteriespeicher, RWE
Effizienz GmbH
„Bei einem großen Dach
braucht man einen großen
Speicher.“
Wolfram Walter,
Geschäftsführer
ASD Sonnenspeicher
Netz bezogenen kWh, also derzeit fünf bis
zehn Eurocent, unterschreiten“, schätzt
Werner Posch, Geschäftsführer des öster-
reichischen Speicherherstellers neovoltaic
und peilt dafür eine Spanne von 2017 bis
2021an. Pilgramhingegen erwartet bereits
für 2016 ein deutliches Marktwachstum.
Dies sei zum einen dem EEG geschuldet,
das die Einspeisevergütung immer weiter
zurückfahre, zum anderen den bereits
angekündigten Strompreiserhöhungen.
(siehe Tabelle 2, Seite 61: Ab wann lohnt
sich die Speicherung von Strom?).
„Daraus ergibt sich, dass sich derzeit
der Eigenverbrauch selbst erzeugten und
gespeicherten Stroms noch nicht rechnet,
mit Ausnahme von Gegenden mit hohen
Netzentgelten jenseits der 30 Eurocent je
kWh,“ so Pilgram. Dort würden derzeit
auch die meisten Stromspeicher verkauft.
Die Branche ist dennoch optimistisch.
Und die Absatzzahlen geben ihr recht.
Nach Meinung von Iris Meyer von IBC
Solar hat der Durchbruch längst stattge-
funden und zwar wirtschaftlichwie gesell-
schaftlich. 2014 wurden in Deutschland
bereits 10.000 Speicher verkauft. Für die
ersten sieben Monate dieses Jahres regis-
trierte die Förderbank KfW eine Steige-
rung um satte 35 Prozent. Der Trend weist
weiter nach oben. „2015 wurden so viele
Speicher wie niemals zuvor abgesetzt und
die Preise sind seitdem deutlich gefallen“,
kommentiert Meyer diese Entwicklung.
Imkommenden Jahr rechnet sie sogar mit
20.000 Speichersystemen.
GEFAHR ROHSTOFFPREISE
Ob diese Rech-
nung aufgeht, bezweifelt allerdingsWalter.
Er sieht aktuell die Gefahr, dass steigende
Rohstoffkosten sowohl für Blei als auch
für Lithiumdie Speicher kaum verbilligen
würden. Allein bis Ende 2017 wird eine
Preissteigerung um fünf Prozent erwartet.
Noch dramatischer sieht die Preisentwick-
lung bei Lithium aus. Die steigende Spei-
chernachfrage der nächsten Jahre könnte
dennoch zu einem Sinken der Preise füh-
ren. „Denn dann werden immer mehr
Anlagen, deren EEG-Förderung nach 20
Jahren ausläuft, aus der Förderung heraus-
fallen. Diese stellt man dann sinnvoller-
weise auf Eigenverbrauch mit Speicher
um, da die Leute den Strom nicht zum
Marktwert von wenigen Cent verkaufen
wollen,“ so Meyer.
Doch auch bei jüngeren Anlagen
könnte sich die Umrüstung lohnen. „Wir
halten eine Nachrüstung für alle PV-
Anlagen sinnvoll, die ab 2009 ans Netz
gegangen sind. Zwischen 2009 und 2012
wurde der Eigenverbrauch ja vergütet“, so
Bloch. Besitzer könnten ihre Anlage im
Nachhinein einmalig auf Eigenverbrauch
ummelden und so noch in denGenuss der
Förderung kommen. Aber auch für PV-
Anlagen, die nach der Eigenverbrauchs-
vergütung installiert wurden, sei nach
Einzelfallprüfung die Nachrüstung mit
einem Speicher sinnvoll. „Nur bei Mini-
anlagen“, so Walter, „die etwa nur ein kW
Leistung als Spitze erbringen, oder bei
einem Jahresverbrauch unter 2.000 kWh
lohnt sich ein Speicher nicht.“
ZENTRAL ODER DEZENTRAL?
Bei höherem
Verbrauch lohnt sich ein Speicher also
eher. Am Markt gibt es dementsprechend
auch Lösungen, die nicht auf einzelne
Häuser, sondern auf ganze Ortsteile set-
zen. Müssten diese nicht auch effektiver
sein? „Sicher ist: Eine dezentrale Energie-
versorgung erfordert sowohl Großspei-
cher im Nieder- und Mittelspannungs-
netz, Speicher in Privathaushalten und
Unternehmen sowie vernetzte Schwarm-
speicher“, so Meyer. Zwar seien Ortsnetz-
speicher grundsätzlich effektiver, erklärt
Posch. Doch komme es auf den Verwen-
dungszweck an. „Wenn es darum geht, die
Verteilnetze zu entlasten, sind Hausbatte-
rien besser, etwa bei großen PV-Anlagen
auf landwirtschaftlichen Gebäuden, die
häufig abseits liegen und gerade am Mit-
tag eine hohe Belastung für das Ortsnetz
darstellen“, hat Bloch noch ein Beispiel pa-
rat. Die zentral gelegenen Ortsnetztrafos
hingegen könnten die Spannungsspitzen
nicht direkt dort kompensieren, wo sie
auch auftreten – eben an denHäusern.
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Frank Urbansky, Leipzig
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