DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 6/2018 - page 80

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6|2018
RECHT
BGB § 550
Gesetzliche Schriftform
Der Schriftform des § 550 BGB ist genügt, wenn über den Vertrag
mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede
Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
BGH, Urteil vom 7.3.2018, XII ZR 129/16
Bedeutung für die Praxis
Die gesetzliche Schriftform kann nicht nur eingehalten werden, indem Ver-
tragsparteien dieselbe Urkunde unterzeichnen. Es reicht aus, wenn über den
Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen werden und jede
Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Der BGH
bestätigt seine Rechtsprechung, wonach die Einhaltung der bloßen Schrift-
lichkeit der Erklärungen (sog. äußere Form) zur Wahrung der Schriftform
genügt. Ein Mietvertrag entspricht also auch dann dem Formzwang, wenn
er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des § 126 BGB niedergelegten
Vertragsbedingungen nur mündlich oder konkludent abgeschlossen ist.
Die Auslegung von § 550 BGB führt unter Berücksichtigung seines Schutz-
zwecks und seiner Rechtsfolge zu dem Ergebnis, dass diese Vorschrift über
die Einhaltung der äußeren Form hinaus nicht das Zustandekommen des
Vertrags durch die schriftlich abgegebenen Erklärungen voraussetzt. Für die
Einhaltung der Schriftform genügt es, wenn die Vertragsparteien gleich-
lautende Vertragsurkunden unterzeichnen. Eines Zugangs dieser Urkunden
beim jeweiligen Vertragspartner bedarf es hingegen nicht. Da es also allein
auf die äußere Form ankommt, ist nur die Existenz der die vertraglichen Re-
gelungen dokumentierenden und unterzeichneten Urkunden entscheidend.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 242, 259, 556
Betriebskostenabrechnung und Belegeinsicht
Ein Mieter kann vom Vermieter auch die Einsichtnahme in die
von diesem erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines
gemeinsam versorgten Mietobjekts beanspruchen.
BGH, Urteil vom 7.2.2018, VIII ZR 189/17
Bedeutung für die Praxis
Eine vom Vermieter vorzunehmende Betriebskostenabrechnung dient
dazu, die hierzu anstehenden Kosten des jeweiligen Abrechnungsjahres
zu erfassen, zusammenzustellen und unter Abzug der jeweils geleisteten
Vorauszahlungen auf die einzelnen Mieter zu verteilen. Dazu muss die Ab-
rechnung eine aus sich heraus verständliche, geordnete Zusammenstellung
der zu den umzulegenden Betriebskosten im Abrechnungsjahr getätigten
Einnahmen und Ausgaben enthalten, um es dem Mieter zu ermöglichen, die
zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und den auf ihn
entfallenden Anteil der Kosten gedanklich und rechnerisch nachzuprüfen.
Darin erschöpft sich die zu erteilende Abrechnung indes nicht. Es gehört
auch noch zu der vom Vermieter vorzunehmenden ordnungsgemäßen
Abrechnung, dass er im Anschluss an die Mitteilung dem Mieter auf dessen
Verlangen zusätzlich die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen
durch deren Vorlage ermöglicht, soweit dies etwa zur sachgerechten
Überprüfung der Nebenkostenabrechnung oder zur Vorbereitung etwaiger
Einwendungen erforderlich ist. In diesem Zusammenhang kann ein Mieter
auch die Einsichtnahme in die vom Vermieter erhobenen Einzelverbrauchs-
daten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts hinsichtlich
der Heizkosten beanspruchen, um sich Klarheit zu verschaffen, ob bei einer
verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der
Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnung übereinstimmt, ob
deren Werte zutreffend sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit
der Kostenverteilung bestehen. Hierfür bedarf es keiner Darlegung eines
besonderen Interesses an einer Belegeinsicht in die Verbrauchswerte der
anderen im Haus befindlichen Mietwohnungen. Es ist gerade Zweck einer
Belegvorlagepflicht, die Ausführung der abzurechnenden Geschäfte umfas-
send nachprüfbar zu gestalten und es dem Einsichtsberechtigten zu ermög-
lichen, sich durch Nachfrage bei den in den Belegen genannten Dritten über
die Richtigkeit der daraus hervorgehenden Umstände zu vergewissern oder
weitere Aufklärung einzuholen. Es genügt das allgemeine Interesse des
Berechtigten, die Tätigkeit des Abrechnungspflichtigen zu kontrollieren.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
BGB §§ 823, 254
Wasserschaden bei längerer
Abwesenheit des Wohnungsinhabers
Eine Verpflichtung des Wohnungsinhabers, bei Abwesenheit für
wöchentlich mehrfache Kontrollen in der Wohnung zur Abwendung
eines Wasserschadens zu sorgen, besteht nicht.
BGH, Urteil vom 25.1.2018, VII ZR 74/15
Bedeutung für die Praxis
Welche Maßnahmen zur Verhinderung eines Wasserschadens ein Eigen-
tümer einer unbewohnten Wohnung bei einer längeren Abwesenheit zu
treffen hat, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, z.B. nach
dem Alter des Anwesens und seiner Versorgungsleitungen, nach der
Aufteilung der Wohneinheiten, nach der Umgebung des Hauses sowie
nach der jeweiligen jahreszeitlichen Witterung. In diesem Zusammen-
hang trat der BGH ausdrücklich der Auffassung der Vorinstanz entge-
gen, wonach in einer unbewohnten Wohnung wöchentlich mehrmalige
Kontrollen geboten und üblich seien. Diese Anforderung an die Schutz-
und Obhutspflichten eines Eigentümers hielt der BGH für überspannt.
Richtigerweise seien solche Maßnahmen weder üblich noch können sie
von einem vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Menschen nach Treu
und Glauben verlangt werden. Kontrollen im Hinblick auf die Abwendung
eines Wasserschadens in einer unbewohnten Wohnung können nur in
dem Maß verlangt werden, wie sie im Einzelfall dem Rechtsinhaber auch
zumutbar sind. Wöchentlich mehrmalige Kontrollen einer unbewohnten
Wohnung sind es jedenfalls nicht.
RA Heiko Ormanschick, Hamburg
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