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Wichtig ist, dass der geänderte Betrachtungs-
zeitraum nur für (unmittelbare und mittelbare)
Altersvorsorgeverpflichtungen, nicht jedoch für
mit diesen vergleichbare langfristig fällige Ver-
pflichtungen gilt. Rückstellungen für Altersteil-
zeitverpflichtungen oder sonstige langfristige
Verbindlichkeitsrückstellungen sind demzufolge
weiterhin mit dem durchschnittlichen Zinssatz
von sieben Jahren zu bewerten.
Aber auch für die Bilanzierung von Altersvorsor-
geverpflichtungen bleibt der 7-jährige Betrach-
tungszeitraumvon Bedeutung: Die Unternehmen
sind zu jedemAbschlussstichtag verpflichtet, den
Unterschiedsbetrag zwischen den auf 10-jähriger
Basis ermittelten Altersvorsorgeverpflichtungen
und den auf 7-jähriger Basis ermittelten Alters-
vorsorgeverpflichtungen zu ermitteln. Gewinne
dürfen nur ausgeschüttet werden, soweit die frei
verfügbaren Rücklagen zuzüglich eines Gewinn-
vortrags und abzüglich eines Verlustvortrags
mindestens diesem Unterschiedsbetrag entspre-
chen. Darüber hinaus ist der Unterschiedsbetrag
in jedemGeschäftsjahr entweder imAnhang oder
unter der Bilanz darzustellen. Ersichtlich ist, dass
sich der zeitliche und finanzielle Aufwand für die
Bilanzierung insoweit erheblich erhöhen wird,
denn anders als bisher sind damit für handels-
rechtliche Zwecke zwei Werte zu ermitteln und
in den Jahresabschluss zu integrieren.
Welche Auswirkungen ergeben sich auf die
Steuerbilanz?
Steuerlich wurden die geänderten handelsrecht-
lichen Bilanzierungsvorgaben für Altersvorsor-
geverpflichtungen nicht übernommen, sodass
für steuerbilanzielle Zwecke weiterhin ein Ab-
zinsungssatz von pauschal 6% anzusetzen ist.
Sich hieraus ergebende Bewertungsunterschiede
führen in der Handelsbilanz in der Regel zu aktiven
latenten Steuern, für die aber ein Ansatzwahlrecht
besteht.
Ab wann sind die neuen Regelungen
anzuwenden?
Die neuen Regelungen gelten verpflichtend für
Geschäftsjahre, die nach dem31.Dezember 2015
enden. Entspricht das Geschäftsjahr dem Kalen-
derjahr, sind die neuen Regelungen damit erstmals
verpflichtend für den Jahresabschluss zum31.De-
zember 2016 anzuwenden. Ein Wahlrecht zwi-
schen der bisherigen 7-jährigen und der nunmehr
geltenden 10-jährigen Berechnungsweise besteht
nicht, d. h. die Altersvorsorgeverpflichtungen sind
dann zwingend auf Basis der 10-jährigen Markt-
zinsbetrachtung zu bewerten.
Möglich ist hingegen, die neuen Bewertungsvor-
schriften bereits vorzeitig auf den 31.Dezember
2015 anzuwenden (Wahlrecht). Hinsichtlich der
Wahlrechtsausübung können sich Auswirkungen
auf die Jahresabschlussprüfung bzw. den Bestä-
tigungsvermerk ergeben:
• Entscheidet sich ein Unternehmen dazu, im Jah-
resabschluss zum31.Dezember 2015 die „alten“
Bewertungsvorschriften anzuwenden, ergeben
sich keine besonderen Auswirkungen auf die Bi-
lanzierung oder Prüfung. Vielmehr sind die Al-
tersvorsorgeverpflichtungenwie bisher auf Basis
einer 7-jährigen Zinsbetrachtung zu ermitteln.
• Entscheidet sich ein Unternehmen dazu, frei-
willig rückwirkend im Jahresabschluss zum
31.Dezember 2015 bereits die neuen Bewer-
tungsvorschriften anzuwenden, ist ein bereits
aufgestellter Abschluss zu ändern und – sofern
die Jahresabschlussprüfung mit Anwendung
der „alten“ Bewertungsvorschriften bereits
abgeschlossen ist – einer Nachtragsprüfung
zu unterwerfen. Ist der Abschluss (unter An-
wendung der alten Bewertungsvorschriften)
bereits festgestellt, darf er nach den einschlä-
gigen Verlautbarungen des IDW nachträglich
nur noch geändert werden, wenn gewichtige
Gründe vorliegen. Derartige Gründe könnten
zum Beispiel sein, wenn sich infolge der mit der
Neubewertung ergebenden Verstärkung des
Eigenkapitals Auswirkungen auf die Erfüllung
von Nebenabreden eines Unternehmens (sog.
financial covenants) ergeben.
Fazit
Zukünftig sind zu jedemBilanzstichtag drei Werte
für die Bewertung der Altersvorsorgeverpflichtun-
gen zu ermitteln:
1. Für die handelsrechtliche Bilanzierung zunächst
der Barwert der Altersvorsorgeverpflichtungen
unter Zugrundelegung des Zinssatzes bei zehn-
jähriger Durchschnittsbetrachtung (Bilanzan-
satz).
2. Für die Ermittlung der Ausschüttungssperre
der Unterschiedsbetrag der Altersvorsorgever-
pflichtungen unter Zugrundelegung des Zins-
satzes bei 7-jähriger Durchschnittsbetrachtung
(Anhangangabe).
3. Für die steuerliche Bilanzierung der Barwert der
Altersvorsorgeverpflichtungen auf Basis eines
Abzinsungssatzes von 6% (Steuerbilanz).
Für Auskünfte und bei Fragen stehen Ihnen die
genossenschaftlichen Prüfungsverbände der
Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und ihre
nahestehenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaf-
ten gerne zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Quelle: GdW
Ziel
• Abmilderung der bilanziellen Belastung resultierend aus der Niedrigzinsphase
Folge
• Geringere Zuführung bzw. Rückstellungsauflösung
• In späteren Jahren je nach Zinsentwicklung u. U. höhere Zuführungen erforderlich
Neuformulierung
§ 253 Abs. 2 HGB
• Betrifft nur Altersversorgungsverpflichtungen
• 10-Jahres- statt 7-Jahres-Durchschnitt
Einfügung eines neuen
§ 253 Abs. 6 HGB
• Ausschüttungssperre und Darstellung des Unterschiedsbetrages
im Anhang oder unter der Bilanz
Rückwirkende Anwendung
zum 31.12.2015 möglich
• Zinssatz: statt 3,89% jetzt 4,31%
ECKPUNKTE DER NEUREGELUNG ZUR ABZINSUNG VON ALTERSVERSORGUNGSVERPFLICHTUNGEN