DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2016 - page 32

ENERGIE UND TECHNIK
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2|2016
Nahwärme bzw. über veraltete Kesselanlagen-
technik erbrachten Versorgung umgesetzt. Die ab-
schnittsweise Umrüstung der bewohnten Gebäude
auf Fernwärme durch Anschluss an ein Primärnetz
war eine operative und logistische Leistung. Mit
dem Wegfall der Gasetagenheizungen erfolgte
ein Anschluss der zu versorgenden Wohnungen
an ein Nahwärme führendes, von der Primärtrasse
abgezweigtes Sekundärnetz. Abschließendwurde
in den Häusern eine Hausanschlussstation (HAST)
in den Kellern installiert. Die Versorgung kombi-
niert Solarthermie und Kraft-Wärme-Kopplung,
Nahwärme und Fernwärme.
Eine optimale inhaltliche Vorbereitung und die
Bereitschaft zur permanenten und frühzeitigen
Abstimmung aller Akteure waren dabei die Ga-
ranten, das Projekt ohne Komplikationen und
Zeitverzug stemmen zu können. Bereits vor dem
ersten Spatenstich wurden deshalb z. B. auch
die betroffenen Anwohner über die anstehenden
Baumaßnahmen informiert und über das damit
verbundene Ziel aufgeklärt. Eigens bereitgestellte
„Wohnungsstationen“ dienten dazu, die Mieter
von den Vorteilen der energetischen Umstellung
im CO
2
-minimierten Quartier zu überzeugen
und eine breite Akzeptanz zu schaffen. Dies war
auch notwendig, entstanden doch z. B. bei den
Tiefbauarbeiten zur Verlegung der Hauptleitung
verkehrliche und kommunikative Herausforde-
rungen, wie der Wegfall von Parkplätzen oder
Straßensperrungen.
Kongruenz von Ökonomie und Ökologie
Grundlage für Planung und schrittweise Realisie-
rung dieses Pilotprojektes war zum einen die vom
Land Sachsen-Anhalt gefördertewissenschaftliche
Studie des ISW. Erstmals lieferten unabhängige
Prüfungen verschiedener Energieoptionen in Form
valider Modellrechnungen realistische, wirtschaft-
lich überzeugende und nachhaltige Lösungen für
die geplante Quartierssanierung. Zum anderen
bot das Modellprojekt die Chance, aus den in der
Umsetzung gewonnenen empirischen Erfahrun-
gen eine anwendungsreife Übertragbarkeit auf
andere Bestandsquartiere zu schaffen. Denn vor
allem betriebswirtschaftliche Anreize waren für
das Zustandekommen dieser strategischen Allianz
ausschlaggebend, denn angesichts der zu tätigen-
den Investitionen standen Aspekte derWirtschaft-
lichkeit im Fokus der Überlegungen.
Die energetische Modernisierung bestehender
Quartiere trägt zur Steigerung der Energieeffizi-
enz bei, leistet Klimaschutz vor Ort, steigert die
Wohn- und Lebensqualität und stimuliert die re-
gionale Wertschöpfung, z. B. durch die Schaffung
von Arbeitsplätzen. Dieses auch ökonomische Po-
tenzial des Modellprojekts ist für die beteiligten
Wohnungsunternehmen vor demHintergrund ihrer
starken regionalen Verankerung sehr bedeutsam.
Energetische Erfolgsbilanz mit
Empfehlungswert
Den bestmöglichen Energieeffizienzquotienten
biete die Fernwärme als bevorzugte Energie-
quelle im Mix mit der aus einem Nahwärmenetz
eingespeisten Solarthermie. KWK auf Basis von
Erdgas als „Überbrückungsfunktion“ gewähr-
leiste Versorgungssicherheit, die mit Wind- und
Solarenergie bislang nicht gegeben sei, so die
Ausgangsannahmen des Projekts u. a. imHinblick
auf die Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsge-
setzes (KWKG 2016). Aus diesem Grund wurde
vom Energieversorger auch eine hohe Investiti-
on in leistungsfähige Gasturbinen getätigt. Mit
dem Modellprojekt wurde dementsprechend
der Perspektive Rechnung getragen, zentral er-
zeugte Energie mit erneuerbaren Energien sinn-
voll optimieren zu können. Mittels vorhandener
Technologien wie Power-To-Heat könnte künftig
Quelle: Caparol
Quelle: EVH
SZENARIENTRICHTER
Bestandsbau der WG „Freiheit“ in der Paul-Suhr-Str. 85-85c
Die Gebäude enstanden Ende der 1950er und Anfang der 1960er Jahre
Quelle: ISW
Möglichkeitsraum zwischen den Entwicklungspfaden „Stand der Technik“
und „energetische Idealstruktur“
CO
2
in t/a
787
2013
0
100
400
200
500
700
300
600
800
725
88
Entwicklungspfad „Stand der Technik“
Entwicklungspfad „energetische Idealstruktur“
1
Modellierung einer CO
2
-Startbilanz für das Testgebiet
1
Modellierung einer „energetischen Idealstruktur“
3
3
Modellierung möglicher Maßnahmen der WU nach Stand der Technik
2
2
1...,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31 33,34,35,36,37,38,39,40,41,42,...68
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