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CM Januar / Februar 2019
rungspartnern für die Unternehmen erhöhen,
andererseits damit aber auch zu einer höheren
Komplexität der Finanzierungslandschaft füh-
ren. Darüber hinaus treten Fremdkapitalanbie-
ter wie Debt Funds neu bzw. mit geänderten
Geschäftsmodellen auf den Markt, die zuneh-
mend auch im Corporate Bereich bilaterale Fi-
nanzierungen anbieten. Institutionelle Investo-
ren wie Versicherungen, Stiftungen, Family-Of-
fices und Pensionskassen engagieren sich auf
der Suche nach risikoadäquaten Anlagemög-
lichkeiten auf dem Fremdfinanzierungsmarkt
mit Unternehmen guter Bonität im Investment-
grade- und Cross-over-Bereich, wobei sie so-
wohl in Schuldscheindarlehen als auch Corpo-
rate Bonds und Debt Funds investieren und über
Plattformen im Direct Lending aktiv werden.
Investitionen in Digitalisierung
verändern Bilanzstruktur von
Unternehmen
Aus der strukturellen Änderung auf Seiten der
Finanzierungsanbieter ergeben sich deutlich
gestiegene Anforderungen an die Finanzkom-
munikation der Unternehmen. Doch auch die
geänderten Finanzierungsbedarfe der Unter-
nehmen selbst erfordern einen Wandel zur pro-
aktiven Finanzkommunikation. Durch deutlich
steigende Investitionen in immaterielle Wirt-
schaftsgüter wie F&E, Digitalisierung und Ro-
botic, Anpassungen an internationale Rech-
nungslegungsstandards, IT-Investitionen mit
hohem, auch langfristigem Finanzierungsbe-
darf kommt wegen der schwierigen Bewertbar-
keit dieser immateriellen Assets dem klassi-
schen Asset-Based-Lending eine zunehmend
geringere Rolle zu, während die Cash-flow-ba-
sierte Finanzierung mit einem deutlicheren Fo-
kus auf die langfristige Unternehmensbonität in
den Vordergrund tritt. In Folge sind tendenziell
schlechtere Bankenratings bei innovativen und
Unternehmen in der Transformation zu erwar-
ten, da der vergangenheitsbezogene Ansatz der
Bankenratings die bereits erfolgswirksamen
Effekte der F&E-Aufwendungen stärker ge-
wichtet als deren positives Potential für die zu-
künftige Unternehmensentwicklung.
Steigende Transparenzanforde-
rungen an Unternehmen
Für Fremdkapitalgeber stellt die Bonität eines
Unternehmens das zentrale Kriterium für die Fi-
nanzierungsbereitschaft und die Finanzierungs-
konditionen dar. Während die Finanzkommuni-
kation der Unternehmen mit klassischen Haus-
bankfinanzierungen in der Vergangenheit eher
von Passivität geprägt war, stellen die zuneh-
menden Transparenzanforderungen durch die
Regulatorik sowie ein durch neue Finanzie-
rungsanbieter und -instrumente komplexeres
Finanzierungsumfeld die Unternehmen vor
deutlich höhere Anforderungen.
Hinzu kommt, dass sich die Art und Weise der
Bonitätsanalyse der einzelnen Fremdkapitalan-
bieter signifikant unterscheidet. Neben den in-
ternen Bankratings und eigenem Research fin-
den zunehmend auch algorithmusbasierte und
mit künstlicher Intelligenz gestützte Big-Data-
Analytics-Systeme Anwendung, deren Parame-
ter für den fremdkapital-suchenden Unterneh-
mer nicht transparent sind. In einer zunehmend
digitalen Unternehmensumwelt drohen Reputa-
tionsschäden für Unternehmen, wenn fehler-
hafte Bonitätseinschätzungen über Auskunftei-
en und Internetplattformen in Umlauf kommen
und eine Eigendynamik entwickeln.
Eigenes Kreditrisiko steuern
und neue Finanzierungschancen
nutzen
Vor dem Hintergrund der hohen Verände-
rungsdynamik auf den Finanzmärkten sind Un-
ternehmen daher jetzt gut beraten, ihre Fi-
nanzkommunikation zu professionalisieren und
gegenüber ihren Finanzierungspartnern pro-
aktiv zu agieren. Wichtig ist dabei, dass die
Unternehmen die Ratingparameter ihrer
Fremdkapitalgeber kennen und ein vollständi-
ges, den tatsächlichen Unternehmensverhält-
nissen entsprechendes Bild vermitteln. Das
Rating sollte sich nicht nur auf die Vergangen-
heit beziehen, sondern auch die zukünftige
Unternehmensentwicklung nachvollziehbar
berücksichtigen. Gerade bei der Würdigung
getätigter und geplanter Zukunfts- bzw. Digi-
talisierungsinvestitionen ergibt sich bei der
Bewertung der Zukunftsfähigkeit des Ge-
schäftsmodells im Transformationsprozess
meist ein deutlich positiveres Bild, als die sta-
tisch ermittelten Finanzkennzahlen der bank
internen Ratingsysteme ergeben.
Damit Unternehmen von den Veränderungen in
ihrer Finanzierungsumwelt durch eine zukunfts-
gerichtete Analyse profitieren können, entwi-
ckelt Euler Hermes Rating in Zusammenarbeit
mit Moody’s Investors Service Lösungen, die
sich an den Bedürfnissen der mittelständischen
Unternehmen und Investoren orientieren. Dabei
wurde unter anderem eine transparente Rating-
methode speziell für mittelständische Unter-
nehmen konzipert, welche die Bonitätsein-
schätzung nach internationalem Standard ver-
gleichbar macht. Damit setzt Euler Hermes im
Mittelstandsrating neue Maßstäbe, da erstmals
die Asset-Klasse „Mittelstand“ trotz ihrer ho-
hen Granularität im Rating-Benchmark zu den
internationalen Ratingagenturen vergleichbar
und damit als Anlageklasse für internationale
und institutionelle Investoren attraktiv wird. Ne-
ben dem Vorteil der Erschließung neuer Finan-
zierungsquellen können mittelständische Un-
ternehmen den Ratingbericht zudem zur pro-
fessionellen Finanzkommunikation nutzen, um
in Zeiten der Digitalisierung und Transformation
bei ihren traditionellen Geschäfts- und Finan-
zierungspartnern nachhaltiges Vertrauen zu
stärken.
Andreas Beitzen