CONTROLLER Magazin 1/2019 - page 101

Impressum
BdRA-Geschäftsstelle:
Bundesverband der Ratinganalysten e.V.
Kurfürstendamm 136 – 10711 Berlin
Tel.: +49 (0)30 2000425 69
Fax: +49 (0)30 2000425 9969
E-Mail:
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Geschäftsführer:
Holger Becker |
99
CM Januar / Februar 2019
Liebe Leserinnen und Leser,
Der Bundesverband der Ratinganalysten
(BdRA) und die Risk Management Association
(RMA) arbeiten daran, die Kooperation der Ver-
bände erheblich auszuweiten. Dies ist aus
fachlicher Hinsicht sehr begrüßenswert, weil
das Thema Rating auch für Risikomanager von
grundsätzlicher Bedeutung ist (und übrigens
auch für Controller). Die wichtigsten Gründe
sind die folgenden:
1. Die durch eine Ratingnote ausdrückbare In-
solvenzwahrscheinlichkeit erfasst den „Grad
der Bestandsgefährdung“ eines Unterneh-
mens (siehe die entsprechenden gesetzli-
chen Anforderungen in §91 Abs. 2 AktG und
die Erläuterung bei Gleißner: „Insolvenzrisiko:
Top-Kennzahl für Controlling, Balanced
Scorecard und Risikomanagement“, in: Con-
troller Magazin, Heft 4/2018, S. 10-15).
2. Eine planungs- und risikokonsistente Prog-
nose des zukünftigen Ratings ist erforder-
lich, um die zukünftig zu erwartenden
Fremdkapitalkosten adäquat einzuschätzen
(wie es auch die Grundsätze ordnungsge-
mäßer Planung, GoP, fordern).
3. Das „Ratingänderungsrisiko“, das selbst
wieder von den unsicheren zukünftigen
Cashflows des Unternehmens abhängt, ist
im Rahmen der Risikoanalyse durch das
Risikomanagement zu betrachten (und be-
einflusst seinerseits die zukünftigen Finan-
zierungskosten und damit letztlich das Er-
tragsrisiko).
4. Aus Risikoanalyse und Risikoaggregation
(Monte-Carlo-Simulation) lässt sich die
Wahrscheinlichkeit ableiten, dass Mindest-
anforderungen an das Rating verletzt wer-
den und es so zu einer „bestandsgefährden-
den Entwicklung“ (im Sinne §91 Abs. 2 AktG)
kommt, was jedes Risikomanagement­
system analysieren muss.
5. Die durch das Rating ausgedrückte Insol-
venzwahrscheinlichkeit ist ein wesentlicher
aber oft übersehener (und risikoabhängiger)
Werttreiber, der langfristig quasi wie eine
„negative Wachstumsrate“ wirkt (und damit
in einem wertorientierten Controlling Be-
rücksichtigung finden sollte).
Um alle hier angesprochenen Sachverhalte ad-
äquat zu berücksichtigen, benötigt man ganz
offensichtlich als Risikomanager oder Control-
ler Rating-Know-how, d. h. man muss in der
Lage sein, ein Unternehmen aus Perspektive
eines Gläubigers zu beurteilen, um z. B. die In-
solvenzwahrscheinlichkeit abzuleiten (unter
Nutzung hierfür geeigneter Methoden). Rating
und Risiko sind, wie obige Erläuterungen zei-
gen, dabei interdependent. Es ist noch immer
ein großes Problem, dass die „Disziplinen“
Controlling/Unternehmensplanung, Rating,
Risikomanagement und Unternehmensbewer-
tung (wertorientierte Steuerung) weitgehend
unabhängig voneinander agieren. Ein Blick
über den Tellerrand ist notwendig, um ein Un-
ternehmen insgesamt adäquat einschätzen
und unternehmerische Entscheidungen vorbe-
reiten zu können. Ein tieferes Verständnis von
Rating und Insolvenzwahrscheinlichkeit bei
Risikomanagern, Controllern (und Unterneh-
mensbewertern) ist notwendig – und hier kann
die Zusammenarbeit der genannten Verbände
weiterhelfen. Wie zentral das Thema Rating
auch aus der Sicht der Praxis von Unterneh-
men ist, zeigt ein einfaches Beispiel: Gerade
mittelständische Unternehmen sehen die Exis-
tenzsicherung als ihr wesentliches Ziel. Und die
Kennzahl Insolvenzwahrscheinlichkeit (Rating)
drückt genau aus, inwieweit dieses Ziel zum
jetzigen Zeitpunkt erreichbar erscheint. Eine
betriebswirtschaftliche Unternehmenssteue-
rung ist nur unter Beachtung von Rating und In-
solvenzwahrscheinlichkeit sinnvoll möglich
(wobei z. B. schon bei der Vorbereitung unter-
nehmerischer Entscheidungen deren Implikati-
onen für das zukünftige Rating mit zu betrach-
ten sind).
Ihr Prof. Dr. Werner Gleißner
Prof. Dr. Werner Gleißner,
Mitglied des BdRA-Präsidiums
Was Risikomanager und Controller
über Rating wissen müssen
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