CONTROLLER Magazin 6/2017 - page 106

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Internationaler Controller Verein eV
Seit zehn Jahren ist Siegfried Gänßlen
ICV-Vorstandsvorsitzender. Wir lassen ihn
zurückblicken – und natürlich auch vor-
aus: Wo steht der ICV in zehn Jahren? Und
was braucht ein moderner Controller in
Zeiten des stetigen Wandels? Der Ex-CEO
von Hansgrohe, Schiltach, zeichnet ein
neues Bild vom reinen Zahlenmenschen.
Blicken wir zehn Jahre zurück: Sie sind
CFO der Hansgrohe SE in Schiltach im
Schwarzwald, ein Jahr schon später CEO
– und übernehmen bzw. behalten trotz-
dem den Vorstandsvorsitz des Internatio-
nalen Controller Vereins. Ein Ehrenamt,
verbunden mit vielen Terminen, Reisen,
Auftritten, Diskussionen, Entscheidungen
– bis hin zu Anfeindungen. Warum tut
man sich so etwas an?
Siegfried Gänßlen:
Wenn mir etwas wichtig
ist und am Herzen liegt, mache ich es. Und
zwar so lange und so intensiv, wie ich es
eben leisten kann. So ist das auch mit dem
ICV. Ich bin überzeugt davon, dass wir im und
mit diesem Verein wertvolle Arbeit leisten und
deshalb trage ich voller Überzeugung sehr
gerne meinen Teil dazu bei.
Was hat denn Ihre Frau zu Ihrem Rund-
um-die-Uhr-Engagement gesagt?
Siegfried Gänßlen:
Sie hat mich von Anfang
an unterstützt. Sie weiß, dass mir das wichtig
ist und ich meine Erfahrung einbringen kann,
das findet sie auch gut so. Ohne ihre Unter-
stützung ginge das alles aber natürlich nicht.
Sie waren bereits vor Ihrer Zeit als
Vorstandsvorsitzender im ICV aktiv.
Wann, wie und warum sind Sie zum
ICV gekommen?
Ganz klassisch über das 5-Stufen-Programm
der Controller Akademie. Dort habe ich schon
leidenschaftliche, teils auch harte Diskussio-
nen mit Dr. Albrecht Deyhle geführt. Ich habe
den Controller nicht nur als Begleiter des
Managements gesehen, sondern in einer
aktiveren Rolle. Für mich, geprägt von meiner
Ausbildung in den Bereichen IT und Personal-
wesen, war zum Beispiel damals schon klar:
Der Controller braucht für seine Entscheidun-
gen umfassende Berichte. Dr. Deyhle fand,
dass ich durchaus interessante Punkte ver-
trat. Deshalb hat er mich gebeten, doch mal
in einen ICV-Arbeitskreis zu gehen. So bin ich
im Arbeitskreis Südwest gelandet, zuerst nur
als Mitglied, später als Arbeitskreisleiter.
Vom Geschäftsführer Controlling, Finan-
zen und Personal zum CFO und weiter
zum CEO – Sie haben bei Hansgrohe eine
tolle Karriere geschafft. Trotz oder auch
wegen des ICVs?
Ich habe dem Verein viel zu verdanken. Durch
die Kontakte, das Wissen, das Netzwerk und
den Austausch in den Arbeitskreisen waren
wir den anderen Firmen immer ein Stück
voraus. Ich würde sagen, dass der ICV ein
Karrierehelfer ist. Deshalb ist es mir auch so
wichtig, dem Verein etwas zurückzugeben.
Mit welchen Vorsätzen sind Sie vor zehn
Jahren in das neue Amt im ICV gegangen,
was davon konnten Sie realisieren, was
nicht – und was hat sich im Lauf der Zeit
ganz einfach erübrigt?
Als ich vor zehn Jahren den Vorstandsvorsitz
übernommen habe, war der ICV noch relativ
unbekannt. Es war also wichtig, den Bekannt-
heitsgrad zu steigern, auch, um neue Mitglie-
der zu gewinnen. Wir haben damals viel mit
Analysen und Befragungen gearbeitet, um
herauszufinden, was die Controller von uns
halten und was sie von uns erwarten. Er-
gebnis: Uns wurde gutes Praktikerwissen
bescheinigt. Was uns aber fehlte, war die
Bestätigung unserer Arbeit von Seiten der
Wissenschaft. Deshalb war ein wichtiges Ziel,
renommierte Hochschulen für den Verein zu
gewinnen. Das haben wir geschafft.
Natürlich gehören zum Bekanntheitsgrad und
zum Image auch das Branding des Vereins,
die Etablierung als Marke. Wir wollen, dass
klar ist: Der ICV ist die Kompetenzadresse im
Controlling. Auch hier hat sich in den vergan-
genen Jahren viel getan, auch dank Internet
und Social Media.
Ein weiteres wichtiges Ziel war außerdem die
Internationalisierung. Hier sind wir sicherlich
auch weiter als vor zehn Jahren. Die meisten
Mitglieder haben wir aber im DACH-Bereich.
Aufgrund der Statuten und der Sprachen
stößt die Vereinsarbeit im internationalen
Bereich leider oft an ihre Grenzen. Deshalb
wollen wir im Lauf der Zeit Englisch als un-
sere Standardsprache etablieren, um eine
dieser Barrieren zu beseitigen.
Das Berufsbild des Controllers befindet
sich aufgrund der Digitalisierung der
Unternehmensprozesse in einem unum-
stößlichen, rasanten Wandel. Wie groß ist
die Herausforderung für die Controller?
Das Berufsbild des Controllers unterliegt
schon immer einem Wandel. Als ich bei
Hansgrohe angefangen habe, wurde ich
gefragt: „Haben Sie eigentlich auch noch
andere Hobbies als Zahlen?“. Mein Glück
war, dass ich davor schon bei einem US-
amerikanischen Unternehmen Berufserfah-
rungen sammeln konnte. Da habe ich diese
Weltoffenheit erlebt und für mich übernom-
men, dass der Controller kein Zahlenmensch
ist, sondern ein Unternehmer. Nicht immer
nur Abwarten und Reagieren, sondern viel-
mehr vorausschauende Aufmerksamkeit und
aktives Agieren sind in unserem Beruf
gefragt. So habe ich das bei Hansgrohe auch
immer gehandhabt und damit dafür gesorgt,
Zehn Jahre Vorstandsvorsitzender: Im Verein hat er Demut gelernt
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