CONTROLLER Magazin 3/2016 - page 89

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renzwerte auf Basis einer idealtypischen
Betrachtung
, die nie dem späteren Bestands-
verlauf entspricht. Aus den beschriebenen
Gründen ist es mit der Aussagekraft der Refe-
renzwerte beim klassischen Bestandsmanage-
ment nicht weit her.
Auch bei noch so guten Regelwerken weichen
praktische Bestandsverläufe von den idealtypi-
schen Bestandsverläufen ab. Wer deshalb aus
idealtypischen Zielbestandsverläufen Referenz-
werte für die Artikelbestände ermittelt, ver-
gleicht die Äpfel der idealen Welt mit den Bir-
nen der Realität. Den Disponenten werden auf
diese Weise Bestandsabweichungen gegen-
über der „Ideallinie“ vorgehalten, die in der Pra-
xis unvermeidbar sind.
Mittels Simulation
zu belastbaren Zielbeständen
Das gesamte
Zielbestandsmanagement
steht und fällt mit der Berechnung der ma-
terialnummernspezifischen Zielbestände
und Zielbestandskorridore.
Realistische Re-
ferenzwerte für Zielbestände und Bestandskor-
ridore lassen sich nur mittels einer
artikelspe-
zifischen Simulation
auf Basis des vorgege-
benen Dispositionsregelwerkes ermitteln. Bei
einer solchen Simulation wird das Dispositions-
verhalten des Artikels entsprechend den Vorga-
ben des Dispo-Regelwerks über einen be-
stimmten Zeitraum der Vergangenheit, unter
Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfssi-
tuation während des betrachteten Vergangen-
heitszeitraums, durchgespielt. Auf diese Weise
wird ermittelt, wie sich die artikelspezifischen
Dispositionseinstellungen und -parameter in
der Vergangenheit gegenüber der tatsächlichen
täglichen Bedarfssituation verhalten hätten.
Erst daraus lässt sich ein realistischer Ziel-
(durchschnitts-)bestand berechnen. Auf diese
Weise werden in dem ERP-Optimierungssys-
tem DISKOVER SCO der SCT GmbH beispiels-
weise die Zieldurchschnittsbestände Material-
nummer für Materialnummer simulativ ermittelt
(vgl. Abbildung 3).
Der zentrale Kennwert dieser Art des Zielbe-
standsmanagements ist der Zieldurchschnitts-
bestand. Aus der Simulation ließen sich zwar
auch ein Maximalbestand und ein Minimalbe-
stand ermitteln, wobei letzterer in vielen Fällen
Null beträgt. Diese beiden Werte haben jedoch
einen geringen Steuerungseffekt, da die beiden
Werte evtl. über den Simulationszeitraum nur
einmalig erreicht worden und somit als zu ext-
reme generelle Grenzen zu betrachten sind.
Wirkungsvoller ist es, aus dem simulierten
Zieldurchschnittsbestand im Vergleich mit dem
aktuellen Bestandswert und dem Ist-Durch-
schnittsbestand je Artikel ein aktuelles und ein
generelles Bestandssenkungspotenzial – oder
einen entsprechenden Bestandserhöhungsbe-
darf – abzuleiten. Der Ist-Durchschnittsbestand
eines Artikels wird dabei über dieselbe Zeit-
spanne berechnet, über die auch der simulierte
Durchschnittsbestand ermittelt worden ist. Mit
dem
Bestandsreduzierungspotenzial als
Kennzahl
lässt sich nun ein sehr effektives Be-
standscontrolling aufbauen. Das Bestandsre-
duzierungspotenzial lässt sich für einen einzel-
nen Artikel genauso wie für eine beliebige
Gruppe von Artikeln ausweisen.
Eine Addition von Beständen oder Zielbestän-
den über eine Gruppe von Artikeln kann zumeist
nicht auf Basis physischer Einheiten wie Stück,
Tonnen, Beutel oder m² durchgeführt werden.
Es macht wenig Sinn, fünf Haarnadeln zu 8 Lap-
tops zu addieren; die Betrachtung der Summen-
werte muss in Geldeinheiten erfolgen. An dem
Beispiel der 5 Haarnadeln zu je 0,5 ct und den 8
Laptops zu je 560 € wird deutlich, dass bei die-
ser Betrachtung der Wert eines Artikel automa-
tisch in die Zielbestandsbetrachtung einfließt.
Wird der Zieldurchschnittsbestand der 5 Haar-
nadeln um 500% überschritten, liegen 5 x 2,5 ct
zu viel auf Lager. Wird der Zielbestand der
Laptops um 12,5% überschritten, liegen 560 €
zu viel auf Lager.
Zielbestandsabweichungen
Abb. 2: Bestandsgrenzen in realer Planungssituation
Abb. 3: Simulierter Bestandsverlauf für einen Artikel in DISKOVER
CM Mai / Juni 2016
1...,79,80,81,82,83,84,85,86,87,88 90,91,92,93,94,95,96,97,98,99,...116
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