spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2017
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KANZLEIEN
_BIS ZU 20 ARBEITSRECHTLER
Gibt es besondere Branchenschwerpunkte
bei Ihnen? Ist eine Spezialisierung auf die
unterschiedlichen Branchen im Arbeits-
recht überhaupt sinnvoll?
Dr. Martin Greßlin:
Bei SKW Schwarz haben
wir durchaus Branchenschwerpunkte, die
auch in unserer arbeitsrechtlichen Beratung
eine Rolle spielen. Nehmen Sie zum Beispiel
unsere besondere Expertise in der Medien-
und IT-Branche oder in den Branchen Handel
und Logistik, Werbeagenturen. Auch im Be-
reich des öffentlichen Dienstes haben wir viel
Erfahrung. Ein Grundverständnis für das Ge-
schäft des Mandanten, seine wirtschaftlichen
Interessen und die Marktentwicklungen ist
definitiv wichtig für eine passgenaue arbeits-
rechtliche Beratung. Gleichzeitig sehen wir
Branchenschwerpunkte aber nicht absolut. Es
ist für uns selbstverständlich, arbeitsrechtliche
Themen und Entwicklungen auch branchen-
übergreifend im Blick zu behalten und aktiv zu
begleiten. Der Digitalisierung und den Folgen
für das Arbeitsrecht kann sich keine Branche
entziehen. Wenn es also um Themen wie
künftige Gestaltungsformen der Zusammenar-
beit mit Personal, Arbeitszeit und Datenschutz
oder die Auswirkungen auf Betriebsstrukturen
und betriebliche Mitbestimmung geht, dann
verfolgen wir dabei einen branchenübergrei-
fenden Beratungsansatz und sind nicht auf
bestimmte Sektoren beschränkt.
Einer Ihrer Schwerpunkte liegt in der Be-
gleitung von Outsourcing-Projekten. Was
sind hier wesentliche Fragen?
Greßlin:
Typischerweise geht es beim Out-
sourcing um die Voraussetzungen und die Fol-
gen eines Betriebsübergangs einschließlich
der entsprechenden Gestaltungsmöglichkei-
ten sowie den Umgang mit den Mitbestim-
mungsrechten des Betriebsrats in wirtschaft-
lichen Angelegenheiten. Aus Erwerbersicht
geht es auch um die Integration eines outge-
sourcten Bereichs in die bereits vorhandenen
betrieblichen Strukturen und den oftmals vor-
handenen Wunsch nach der Vereinheitlichung
von Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus ge-
winnen neue Themen an Bedeutung. So be-
obachten wir etwa eine deutlich gesteigerte
Sensibilität der Beteiligten, welche Beschäf-
tigtendaten welchem Beteiligten wann über-
haupt zur Verfügung gestellt werden dürfen.
Was waren im vergangenen Jahr wichtige
arbeitsrechtliche Fragen in der Beratung?
Welche arbeitsrechtlichen Herausforderun-
gen kommen 2017 auf Unternehmen zu?
Greßlin:
Im vergangenen Jahr war eine der
zentralen Fragen die strategische Gestaltung
des Fremdpersonaleinsatzes mit Blick auf die
Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgeset-
zes, die am 1. April 2017 in Kraft tritt. Künftig
kann eine vorsorglich beantragte Erlaubnis
zur Arbeitnehmerüberlassung die erheblichen
Folgen einer unerlaubten Arbeitnehmerü-
berlassung nicht mehr vermeiden, wenn ein
Werk- oder Dienstvertrag im Nachhinein als
Scheinwerk- oder Scheindienstvertrag gewer-
tet wird. Daneben hat die Datenschutzgrund-
verordnung ihre ersten arbeitsrechtlichen
Schatten voraus geworfen. Hier haben sich
insbesondere Fragen zum künftigen Umgang
mit Beschäftigtendaten und zur Zusammenar-
beit mit dem Betriebsrat im Rahmen der Um-
setzungsprojekte für die Datenschutzgrund-
verordnung in den Unternehmen gestellt.
Interview
mit Dr. Martin Greßlin, Leiter der Practice Group Arbeitsrecht, München
Dr. Martin Greßlin
Für 2017 erwarten wir unter anderem, dass
das Thema der Datenschutzgrundverordnung
weiter an Bedeutung gewinnen wird. Weiter
zunehmen werden auch die Fragen zu den
Konsequenzen der schon erwähnten voran-
schreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt
für das vorhandene Arbeitsrecht – Schlagwort
„Arbeitsrecht 4.0“. Hier gilt es, auf Basis des
vorhandenen Rechts gangbare Lösungen für
die betriebliche Praxis zu finden.