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spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2017
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KANZLEIEN
_BIS ZU 20 ARBEITSRECHTLER
Ihre Kanzlei hat keine Büros im Ausland.
Wie wichtig ist Internationalität im Arbeits-
recht? Wie decken Sie diesen Bereich ab?
Ralf-Dietrich Tiesler:
Menold Bezler ist
Deutschlands größte Wirtschaftskanzlei, die
ihre Kräfte an einem Standort bündelt. Zu un-
serem Full Service gehört selbstverständlich
auch die arbeitsrechtliche Beratung bei grenz-
überschreitenden Fragen, insbesondere bei
Transaktionen und Mitarbeiterentsendungen.
Menold Bezler unterhält feste Kooperationen
mit den Kanzleien Valoris Avocats in Frank-
reich, Hi.lex in Italien und Stevens & Bolton
in UK sowie langjährig erprobte Beziehungen
zu weiteren Kanzleien in den USA, Indien,
China, Skandinavien, Spanien, Osteuropa und
Australien. Dabei legen wir großen Wert auf
hervorragende Beratungsleistungen, ähnliche
Wertvorstellungen und Firmenkulturen sowie
angemessene Honorarmodelle.
Ein Schwerpunkt Ihrer Tätigkeit liegt in der
Beratung der Daseinsvorsorge. Was sind
hier wichtige Beratungsthemen?
Tiesler:
Das Arbeitsrechtsteam von Menold
Bezler berät in den zentralen Bereichen der
Daseinsvorsorge: Gesundheit, Versorgung,
Entsorgung, Verkehr/Mobilität, Wohnungs-
bau, IT-Infrastruktur. Diese Bereiche sind ei-
nem raschen Wandel unterworfen. Organi-
sationsstrukturen ändern sich, Einrichtungen
werden zusammengefasst oder auf andere
Rechtsträger übertragen, neue Formen der
Daseinsvorsorge entwickeln sich. Diese Ver-
änderungen haben erhebliche Bedeutung für
das Personal und die Gestaltung der Arbeits-
bedingungen. Dabei stehen die Folgen von
Betriebsübergängen, Tarifbindungen, Wechsel
zwischen Personalvertretungs- und Betriebs-
verfassungsrecht, Auswirkungen auf die Zu-
satzversorgung und Beteiligungsrechte der
Personalvertretungen anlässlich struktureller
Veränderungen im Vordergrund. Die aktuelle
Reform des AÜG hat starken Einfluss auf Per-
sonalgestellungsmodelle. Die nunmehr auch
in Baden-Württemberg zugelassene Grün-
dung von Kommunalanstalten eröffnet der
öffentlichen Hand zusätzliche Optionen. Auf
dem Feld der Mobilität entwickeln sich völlig
neue Dienstleistungsangebote, zum Beispiel
Shuttle-Verkehre, die einen sehr flexiblen Per-
sonaleinsatz und innovative Rahmenbedin-
gungen erfordern.
Die Digitalisierung wirkt sich auf verschie-
dene Arbeitsbereiche in Unternehmen aus.
Welche arbeitsrechtlichen Fragen stellen
sich dabei nach Ihrer Erfahrung?
Tiesler:
Die rasant fortschreitende Digitalisie-
rung der Arbeitswelt rückt den Beschäftigten-
datenschutz in den Mittelpunkt. Die Unter-
nehmen benötigen klare und praxistaugliche
– eben „benutzerfreundliche“ – Rahmenbedin-
gungen. Davon sind wir in Deutschland noch
ein ganzes Stück entfernt. Die bisherige Rege-
lung in § 32 BDSG ist rudimentär und unklar
formuliert. Die EU-Datenschutzgrundverord-
nung zwingt den deutschen Gesetzgeber, das
nationale Datenschutzrecht bis Mai 2018 an-
zupassen. Darin liegt eine Chance. Der von der
Bundesregierung Anfang Februar 2017 vorge-
legte Entwurf für ein Umsetzungsgesetz nährt
jedoch die Befürchtung, dass die Praxisfreund-
lichkeit weiter auf der Strecke bleibt. Insbe-
sondere für die Datenverarbeitung aufgrund
von Tarifverträgen, Betriebs- und Dienstver-
Interview
mit Ralf-Dietrich Tiesler, Partner, Stuttgart
Ralf-Dietrich Tiesler
einbarungen sowie Einwilligungen wünscht
man sich ein rechtssicheres Fundament. Der
Gesetzgeber sollte sich auch dazu durchrin-
gen, die Datenverarbeitung zur Aufklärung ei-
nes Verdachts gravierender arbeitsrechtlicher
Pflichtverletzungen ausdrücklich zu erlauben.
Handlungsbedarf besteht weiter im Arbeits-
zeitrecht. Die Informations- und Kommunika-
tionstechnologie eröffnet den Arbeitnehmern
neue Möglichkeiten, ihre berufliche Tätigkeit
auf private Belange abzustimmen. Das ArbZG
in seiner geltenden Fassung erweist sich hier,
zum Beispiel bei den Ruhezeiten, als zu starr.
Eine Reform mit Augenmaß, die individuelle
Gestaltungsfreiheit stärkt, ohne den Gesund-
heitsschutz zu vernachlässigen, ist angezeigt.
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