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KANZLEIEN
_SPEZIALISIERTE KANZLEIEN
spezial Kanzleien im Arbeitsrecht 2017
Die Kanzlei zählt weltweit gesehen zu den
größten Arbeitsrechtskanzleien. Welche
Rolle spielt Ihr internationaler Ansatz?
Hendrik Muschal:
In einer zunehmend glo-
balisierten Welt und vor dem Hintergrund,
dass inzwischen eine große Anzahl mittel-
ständischer Unternehmen global aufgestellt
ist, spielt unser internationaler Ansatz eine
erhebliche Rolle. Die Kanzlei verfügt in vielen
Ländern über eigene Büros mit spezialisierten
Rechtsanwälten, die im Wesentlichen lokale
Mandanten gemäß nationalem Recht beraten.
Dieses Spezialwissen im nationalen Markt,
kombiniert mit der Fähigkeit, durch unsere
weltweite Präsenz auch den globalen Ansatz
vieler Unternehmen unter Einbeziehung des
jeweiligen nationalen Marktes zu unterstüt-
zen, macht die große Stärke von Ogletree De-
akins aus. Die so genannte „Referral Quote“
zwischen unseren Büros weltweit beläuft sich
auf 45 bis 55 Prozent.
Was macht Ihren ganzheitlichen und struk-
turierten Beratungsansatz aus?
Muschal:
Arbeitsrechtliche Fragestellungen
können in den unterschiedlichen Branchen
nicht ohne den Blick über den Tellerrand er-
folgreich bearbeitet werden. Dahinter steckt
vielmehr eine intensive Recherche zum Indus-
triesektor, dem nationalen und internationalen
Auftritt des Mandanten, zu seinen Produkten,
der betriebswirtschaftlichen Lage und der Un-
ternehmenskultur. Insbesondere bei der inter-
nationalen Beratung ist es häufig nicht leicht,
die geeignete Kommunikationsstrategie für
alle das jeweilige Projekt betreffenden Län-
der zu finden. Kulturelle Unterschiede sind im
Bereich Human Resources und bei der Mitar-
beiterführung zu beachten. Dieses, sowie er-
forderliche Basiskenntnisse im lokalen Recht,
müssen einem ausländischen Mandanten
häufig erst vermittelt werden. Dabei ist es uns
im Hinblick auf die Erzielung sinnvoller und
praxisorientierter Lösungen immer ein Anlie-
gen, Vorbehalte gegenüber einzelnen Ländern
zu beseitigen, die – wie etwa Deutschland und
Frankreich – im Ausland aus arbeitsrechtlicher
Perspektive für Unternehmen als besonders
schwierig gelten. Auch dort sind nämlich un-
ter Berücksichtigung der geltenden Rechtsla-
ge sinnvolle und in das globale HR-Konzept
eines internationalen Konzerns eingebettete
Lösungsansätze sehr wohl möglich.
Welche arbeitsrechtlichen Fragen stellen
sich im Zuge der Digitalisierung?
Muschal:
Durch die Digitalisierung nimmt
gerade in Deutschland die Anzahl arbeits-
rechtlicher Fragen insbesondere auf der kol-
lektivrechtlichen Ebene zu. Die in diesem Zu-
sammenhang auftretenden Fragestellungen
betreffen die Beteiligung der Arbeitnehmer-
vertretungen im Betriebsverfassungs- oder im
Personalvertretungsrecht. Neben den Beteili-
gungsrechten der Arbeitnehmervertretungen
stellen sich auch datenschutzrechtliche Fra-
gen, die sich im Schnittstellenbereich dann
wieder kollektivrechtlich auswirken. Eine be-
sondere Schwierigkeit ergibt sich hierbei aus
dem internationalen Verkehr von personen-
bezogenen Arbeitnehmer- oder Kundendaten.
Wo besteht im Arbeitsrecht derzeit Hand-
lungsbedarf seitens des Gesetzgebers?
Muschal:
Gerade beim Datentransfer von der
EU in die USA stehen Unternehmen vor da-
Interview
mit Hendrik Muschal, Office Managing Partner, Berlin
tenschutzrechtlich großen Herausforderungen.
Das hängt einerseits damit zusammen, dass
immer wieder Instrumente des internatio-
nalen Datenverkehrs vor dem Europäischen
Gerichtshof angegriffen werden. Andererseits
ist durch die unklare Datenschutzsituation in
den USA derzeit nicht absehbar, ob und inwie-
weit die derzeit bestehenden Lösungsansätze
wie „Privacy Shield“ am Ende Bestand haben.
Schließlich müssen – einhergehend mit der
im Mai 2018 in Kraft tretenden Datenschutz-
Grundverordnung – praxisnahe Problemlösun-
gen mit den Unternehmen erarbeitet werden.
Eine weitere Herausforderung für den Gesetz-
geber wird sein, einen möglichst flexiblen
Personaleinsatz zu ermöglichen – sonst droht
der Verlust von Arbeitsplätzen. Betroffen sind
hier insbesondere die Themen Leiharbeit, Ar-
beitszeit und Befristung.
Hendrik Muschal
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