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PRAXISRATGEBER
_WERKVERTRAG
der Tätigkeit des Auftragnehmers heraus
zwingend ein bestimmter Arbeitsplatz
ergibt. Der Auftragnehmer sollte daher
– abgestimmt mit dem Unternehmen
– seinen Arbeitsplatz flexibel und auf-
gabengerecht frei wählen. Er sollte zum
Beispiel möglichst weitgehend in eige-
nen Räumlichkeiten arbeiten, soweit dies
dem Projekt gerecht wird. Unbedingt
vermieden werden sollte dagegen jede
einseitige Festlegung der Arbeitsplät-
ze des Personals des Auftragnehmers
durch Mitarbeiter des Auftraggebers.
Voraussetzung 3: Die Arbeitsteilung
Als selbstständiger Unternehmer wird
der Auftragnehmer zur Erfüllung eines
abgegrenzten Auftrags tätig. Zwar ist
eine aufeinander aufbauende, zeitlich
aber nacheinander stattfindende Tätig-
keit an derselben Sache zusammen mit
Mitarbeitern des Auftraggebers oder an-
deren Dienstleistern möglich. Der Leis-
tungsbeitrag des Auftragnehmers muss
jedoch jederzeit eigenständig identifi-
zierbar und von den Leistungen Dritter
unterscheidbar sein. Hieraus resultiert
vor allem eine auch räumlich-organisa-
torisch zweifelsfrei erkennbare Unter-
scheidung zwischen den Arbeitsberei-
chen des Auftraggebers oder anderen
Fremdpersonals einerseits und des je-
weiligen Auftragnehmers andererseits.
Voraussetzung 4: Die Betriebsmittel
Die Selbstständigkeit des Auftragneh-
mers wird auch durch eine eigenstän-
dige Betriebsorganisation erkennbar. Es
sollten daher die eigenen Werkzeuge,
Flurfahrzeuge oder sonstige Hardware
des Auftragnehmers Verwendung fin-
den; auch wenn die Tätigkeit im fremden
Betrieb erbracht wird. Der Auftragneh-
mer sollte überdies seine eigene E-Mail-
Adresse oder sonstige Betriebsmittel
nutzen. All dies dokumentiert dessen
Eigenständigkeit im Verhältnis zum Un-
ternehmen. Zwar kann eine kundensei-
tig gestellte Hard- und Software genutzt
werden; dies gefährdet den Werkver-
tragsstatus jedoch nur dann nicht, wenn
dies aus technischen-, datenschutz- oder
urheberrechtlichen (zum Beispiel Lizen-
zen) Gründen zwingend erforderlich ist.
Voraussetzung 5: Der Außenauftritt
Der Auftragnehmer sollte gegenüber
Dritten (zum Beispiel dem Betriebsrat)
erkennbar als selbstständiger Dienst-
leister auftreten – gerade vor Ort im
Unternehmen. Dringend zu vermeiden
ist die Aufnahme in Telefonregister, Or-
ganigramme oder sonstige Mitarbeiter-
übersichten, soweit darin nicht zugleich
sehr deutlich wird, dass es sich um
einen externen Dienstleister handelt.
Ebenso muss eine etwaig von dem Auf-
tragnehmer innerhalb des Unterneh-
mens genutzte E-Mail-Signatur den Ex-
ternenstatus deutlich erkennen lassen.
Gleiches gilt für Türschilder, Visitenkar-
ten oder sonstige „Handouts“ an Dritte.
Voraussetzung 6: Keine Gleichstellung
Als eigenständiger Unternehmer mit
eigener Betriebsidentität ist der Auf-
tragnehmer in Bezug auf die Mitar-
beiterschaft beim Auftraggeber ein
Externer. Dem widerspricht jegliche
Einbindung des Auftragnehmerperso-
nals in kundenseitige Sozialleistungen,
zum Beispiel durch bezuschusstes Kan-
tinenessen oder die Teilnahme an des-
sen Weihnachtsfeiern. Auch sollte der
Auftragnehmer keine Krankheits- oder
Urlaubsvertretung für Mitarbeiter des
Unternehmens übernehmen. Ebenso ge-
währt nicht der Auftraggeber dem Per-
sonal des Auftragnehmers Urlaub oder
freie Brückentage. Dies regelt der Auf-
tragnehmer für seine Mitarbeiter selbst.
Selbstverständlich ist es aber unschäd-
lich, wenn er hierbei etwaige Projekter-
fordernisse berücksichtigt und seinen
Ansprechpartner beim Auftraggeber
frühzeitig über einen Urlaub informiert.
Merkmal 2: Selbstständig am Markt
Auch in der Person des Auftragnehmers
sollten unabhängig von der konkreten
Projektgestaltung die anerkannten Sta-
tusmerkmale eines selbstständigen Un-
ternehmers erfüllt sein, auch wenn der
Auftraggeber hierauf naturgemäß wenig
Einfluss hat. Der auch wirtschaftlich
nicht abhängige Dienstleister zeichnet
sich dadurch aus, dass er parallel inner-
halb eines Zeitraums von zwölf bis 24
Monaten zumindest für einen zweiten
Auftraggeber tätig geworden ist. Dies
sollte der (erste) Auftraggeber entspre-
chend ermöglichen. Daneben sollte der
Auftragnehmer aber auch werbend am
Markt auftreten, über eigene Büro- oder
Produktionsräume verfügen und eine
eigene Infrastruktur unterhalten.
Werden all diese Merkmale beachtet,
kann ein Werkvertrag eine Alternative
zur Arbeitnehmerüberlassung sein. Es
wird aber deutlich: Bei Einhaltung der
Merkmale ist ein Werkvertrag nicht we-
niger komplex, als Arbeitnehmerüber-
lassung; dafür aber weniger flexibel.
Fehler in der Gestaltung oder bei der praktischen Durchführung von Werkverträgen
können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie folgende Aufzählung zeigt.
Ungewolltes Arbeitsverhältnis zwischen vermeintlichem Auftraggeber und eingesetz-
tem Mitarbeiter des vermeintlichen Auftragnehmers.
Eventuell: Nachvergütungsansprüche des Mitarbeiters auf Equal-Pay-Basis
Verpflichtung des vermeintlichen Auftraggebers, Sozialversicherungsbeiträge für die-
sen Mitarbeiter abzuführen (ab Beginn des Einsatzes)
Eventuell Strafverfolgung nach § 266a Strafgesetzbuch
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis zu 30.000 Euro
Das Risiko Scheinwerkvertrag
ÜBERSICHT
DR. OLIVER BERTRAM
ist
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht bei Taylor
Wessing in Düsseldorf.
Eine Sonderveröffentlichung von Personalmagazin und Unique Personalservice.
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