personalmagazin 01/17
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PRAXISRATGEBER
_WERKVERTRAG
der Tätigkeit des Auftragnehmers heraus
zwingend ein bestimmter Arbeitsplatz
ergibt. Der Auftragnehmer sollte daher
– abgestimmt mit dem Unternehmen
– seinen Arbeitsplatz flexibel und auf-
gabengerecht frei wählen. Er sollte zum
Beispiel möglichst weitgehend in eige-
nen Räumlichkeiten arbeiten, soweit dies
dem Projekt gerecht wird. Unbedingt
vermieden werden sollte dagegen jede
einseitige Festlegung der Arbeitsplät-
ze des Personals des Auftragnehmers
durch Mitarbeiter des Auftraggebers.
Voraussetzung 3: Die Arbeitsteilung
Als selbstständiger Unternehmer wird
der Auftragnehmer zur Erfüllung eines
abgegrenzten Auftrags tätig. Zwar ist
eine aufeinander aufbauende, zeitlich
aber nacheinander stattfindende Tätig-
keit an derselben Sache zusammen mit
Mitarbeitern des Auftraggebers oder an-
deren Dienstleistern möglich. Der Leis-
tungsbeitrag des Auftragnehmers muss
jedoch jederzeit eigenständig identifi-
zierbar und von den Leistungen Dritter
unterscheidbar sein. Hieraus resultiert
vor allem eine auch räumlich-organisa-
torisch zweifelsfrei erkennbare Unter-
scheidung zwischen den Arbeitsberei-
chen des Auftraggebers oder anderen
Fremdpersonals einerseits und des je-
weiligen Auftragnehmers andererseits.
Voraussetzung 4: Die Betriebsmittel
Die Selbstständigkeit des Auftragneh-
mers wird auch durch eine eigenstän-
dige Betriebsorganisation erkennbar. Es
sollten daher die eigenen Werkzeuge,
Flurfahrzeuge oder sonstige Hardware
des Auftragnehmers Verwendung fin-
den; auch wenn die Tätigkeit im fremden
Betrieb erbracht wird. Der Auftragneh-
mer sollte überdies seine eigene E-Mail-
Adresse oder sonstige Betriebsmittel
nutzen. All dies dokumentiert dessen
Eigenständigkeit im Verhältnis zum Un-
ternehmen. Zwar kann eine kundensei-
tig gestellte Hard- und Software genutzt
werden; dies gefährdet den Werkver-
tragsstatus jedoch nur dann nicht, wenn
dies aus technischen-, datenschutz- oder
urheberrechtlichen (zum Beispiel Lizen-
zen) Gründen zwingend erforderlich ist.
Voraussetzung 5: Der Außenauftritt
Der Auftragnehmer sollte gegenüber
Dritten (zum Beispiel dem Betriebsrat)
erkennbar als selbstständiger Dienst-
leister auftreten – gerade vor Ort im
Unternehmen. Dringend zu vermeiden
ist die Aufnahme in Telefonregister, Or-
ganigramme oder sonstige Mitarbeiter-
übersichten, soweit darin nicht zugleich
sehr deutlich wird, dass es sich um
einen externen Dienstleister handelt.
Ebenso muss eine etwaig von dem Auf-
tragnehmer innerhalb des Unterneh-
mens genutzte E-Mail-Signatur den Ex-
ternenstatus deutlich erkennen lassen.
Gleiches gilt für Türschilder, Visitenkar-
ten oder sonstige „Handouts“ an Dritte.
Voraussetzung 6: Keine Gleichstellung
Als eigenständiger Unternehmer mit
eigener Betriebsidentität ist der Auf-
tragnehmer in Bezug auf die Mitar-
beiterschaft beim Auftraggeber ein
Externer. Dem widerspricht jegliche
Einbindung des Auftragnehmerperso-
nals in kundenseitige Sozialleistungen,
zum Beispiel durch bezuschusstes Kan-
tinenessen oder die Teilnahme an des-
sen Weihnachtsfeiern. Auch sollte der
Auftragnehmer keine Krankheits- oder
Urlaubsvertretung für Mitarbeiter des
Unternehmens übernehmen. Ebenso ge-
währt nicht der Auftraggeber dem Per-
sonal des Auftragnehmers Urlaub oder
freie Brückentage. Dies regelt der Auf-
tragnehmer für seine Mitarbeiter selbst.
Selbstverständlich ist es aber unschäd-
lich, wenn er hierbei etwaige Projekter-
fordernisse berücksichtigt und seinen
Ansprechpartner beim Auftraggeber
frühzeitig über einen Urlaub informiert.
Merkmal 2: Selbstständig am Markt
Auch in der Person des Auftragnehmers
sollten unabhängig von der konkreten
Projektgestaltung die anerkannten Sta-
tusmerkmale eines selbstständigen Un-
ternehmers erfüllt sein, auch wenn der
Auftraggeber hierauf naturgemäß wenig
Einfluss hat. Der auch wirtschaftlich
nicht abhängige Dienstleister zeichnet
sich dadurch aus, dass er parallel inner-
halb eines Zeitraums von zwölf bis 24
Monaten zumindest für einen zweiten
Auftraggeber tätig geworden ist. Dies
sollte der (erste) Auftraggeber entspre-
chend ermöglichen. Daneben sollte der
Auftragnehmer aber auch werbend am
Markt auftreten, über eigene Büro- oder
Produktionsräume verfügen und eine
eigene Infrastruktur unterhalten.
Werden all diese Merkmale beachtet,
kann ein Werkvertrag eine Alternative
zur Arbeitnehmerüberlassung sein. Es
wird aber deutlich: Bei Einhaltung der
Merkmale ist ein Werkvertrag nicht we-
niger komplex, als Arbeitnehmerüber-
lassung; dafür aber weniger flexibel.
Fehler in der Gestaltung oder bei der praktischen Durchführung von Werkverträgen
können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, wie folgende Aufzählung zeigt.
•
Ungewolltes Arbeitsverhältnis zwischen vermeintlichem Auftraggeber und eingesetz-
tem Mitarbeiter des vermeintlichen Auftragnehmers.
•
Eventuell: Nachvergütungsansprüche des Mitarbeiters auf Equal-Pay-Basis
•
Verpflichtung des vermeintlichen Auftraggebers, Sozialversicherungsbeiträge für die-
sen Mitarbeiter abzuführen (ab Beginn des Einsatzes)
•
Eventuell Strafverfolgung nach § 266a Strafgesetzbuch
•
Ordnungswidrigkeit: Bußgeld bis zu 30.000 Euro
Das Risiko Scheinwerkvertrag
ÜBERSICHT
DR. OLIVER BERTRAM
ist
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für Arbeitsrecht bei Taylor
Wessing in Düsseldorf.
Eine Sonderveröffentlichung von Personalmagazin und Unique Personalservice.