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Eine Sonderveröffentlichung von Personalmagazin und Unique Personalservice.
von Zeitarbeitnehmern möglich sein, so
ist hierfür immer Grundvoraussetzung
ein entsprechender Tarifvertrag in der
Einsatzbranche (siehe Grafik).
Sieht dieser eine von 18 Monaten ab­
weichende Überlassungshöchstdauer
vor, so können die entsprechenden Rege­
lungen sogar von nicht tarifgebundenen
Unternehmen per Betriebsvereinbarung
übernommen werden. Enthält der Ta­
rifvertrag – ohne eine Obergrenze zu
nennen – eine Öffnungsklausel, können
tarifgebundene und nicht tarifgebun­
dene Unternehmen lokale Lösungen
mit dem Betriebsrat vereinbaren. Die
Einschränkung: Für nicht tarifgebun­
dene Unternehmen führt der Gesetzge­
ber erneut eine Obergrenze – in diesem
Fall von 24 Monaten – ein. Es bleibt ab­
zuwarten, ob die Gerichte diese unter­
schiedliche Behandlung hinsichtlich des
Gestaltungsspielraums von Arbeitgeber
und Betriebsrat letztlich dulden werden.
Bei der dritten Variante des Tarifvertrags
– Öffnungsklausel mit tarifvertraglicher
Obergrenze – sind die kollektivrecht­
lichen Grenzen bei der Gestaltung der
Betriebsvereinbarung zu beachten. In
diesem Fall – soweit dies der Tarifver­
trag vorsieht – kann sogar für nicht
tarifgebundene Unternehmen eine Über­
lassungshöchstdauer von mehr als 24
Monaten möglich sein.
Vorsicht: Auch weniger ist möglich
Diese teils komplexen Ausnahmerege­
lungen zeigen jedoch: Sind Unterneh­
men nicht tarifgebunden und gibt es
keinen Betriebsrat, bleibt es starr bei
der Grenze von 18 Monaten. Die ande­
ren Unternehmen haben es dagegen –
zumindest zum Teil – in der Hand, eine
abweichende Obergrenze zu vereinba­
ren beziehungsweise von den für sie
zuständigen Verbänden vereinbaren zu
lassen. Wobei Vorsicht geboten ist: Denn
„Abweichen“ bedeutet auch, dass eine
geringere Überlassungshöchstdauer im
Seit mehr als 20 Jahren verbindet uns im
Kaliwerk Werra eine erfolgreiche und sehr
wertschätzende Zusammenarbeit mit dem
Personaldienstleister USG People (Tech­
nicum). In der Reform des Arbeitnehmer­
überlassungsgesetzes und der darin ent­
haltenen Überlassungshöchstdauer von 18
Monaten sehen wir jedoch große Risiken,
diese gute Zusammenarbeit in Zukunft aus­
zugestalten. Mit der Reform geht uns große
Flexibilität verloren, die unsere Zusam­
menarbeit bisher ausgemacht und es uns
ermöglicht hat, schnell auf Auftragsschwan­
kungen und Personalausfälle zu reagieren.
Wir haben in der Vergangenheit auch
regelmäßig Mitarbeiter von USG People
übernommen – wenn Stammarbeitsplätze
bei uns frei wurden. Dass dies aber zwangs­
läufig nach 18 Monaten Zugehörigkeit ge­
schieht, können wir natürlich nicht gewähr­
leisten. Denn wir bilden bedarfsgerecht aus
und haben eine Übernahmequote von über
90 Prozent. Die Fluktuation insbesondere
bei ausgebildeten Bergleuten – und bei die­
ser Gruppe ist unser Bedarf an Zeitarbeit­
nehmern besonders ausgeprägt – ist sehr
gering, noch dazu in einer strukturschwa­
chen Region und bei einer starken Bindung
an die Heimat. Daher sind die Mitarbeiter
sehr lange bei uns im Unternehmen.
Sind künftig nach 18 Monaten keine
Stammarbeitsplätze frei, müssten wir uns
von dem Zeitarbeitnehmer trennen – wie
gut er auch seine Arbeit verrichtet hat. Der
Zeitarbeitnehmer ist also weniger auf seine
Leistung und das Talent für den Beruf ange„Mit der Reform geht Flexibilität verloren“
Die neue Überlassungshöchstdauer stellt eine neue Herausforderung für Einsatzunter-
nehmen dar. Weshalb die Obergrenze zu kurz gewählt ist und dadurch sogar Flexibilität
verloren geht, erklärt Christoph Wehner vom Kaliwerk Wera.
wiesen, sondern darauf, dass eine Stelle frei
wird. Das bedeutet große Unsicherheit.
Hinzukommt, dass Bergbaufremde relativ
lange brauchen, um „anzukommen“. Die
Ausbildung zum Bergbautechnologen
inklusive der Schulung an den Großgeräten
dauert drei Jahre, also doppelt so lange
wie die Überlassungshöchstdauer. Insofern
ist nicht gewährleistet, dass der neue Mitar­
beiter in derart kurzer Zeit für die Stelle
entsprechend qualifiziert ist.
Zudem dürften die Folgen für den Personal­
dienstleister ebenfalls kritisch sein: Aktuell
beschäftigen wir im Schnitt 200 Zeitarbeit­
nehmer von USG People in unserem Werk.
Welche Konsequenzen hätte das für die
Firma, wenn wir mit einem Schlag alle nach
18 Monaten übernähmen?
CHRISTOPH WEHNER
ist Werksleiter im Ver­
bundwerk Werra der
K+S Kali GmbH.
PRAXIS
Tarifvertrag oder in der Betriebsverein­
barung vereinbart werden kann.
Enger Informationsaustausch nötig
Abschließend bleibt daher die Fest­
stellung, dass Personaldienstleister
und Einsatzunternehmen künftig en­
ger zusammenarbeiten müssen. Denn
wie beim Thema „Equal Pay“ sind die
Dienstleister auch bei der Bestimmung
der Überlassungshöchstdauer auf den
Informationsaustausch mit dem Ein­
satzunternehmen angewiesen. Nur so
lassen sich die Konsequenzen eines
Verstoßes (Arbeitsverhältnis mit dem
Einsatzunternehmen und Bußgeld) für
beide Parteien abwenden. Daher ist da­
von auszugehen, dass entsprechende
Auskunftspflichten des Unternehmens
zu Beginn, Ende und Inhalt der jewei­
ligen Tarifverträge oder Betriebsver­
einbarungen sowie mögliche Folgen bei
Falschinformationen in den Überlas­
sungsvertrag einbezogen werden.
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