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TITEL
_FREMDPERSONALEINSATZ
personalmagazin 06/17
vertrag und worin sich Arbeitnehmer
überlassung und Verträge, mit denen
ein Externer zum internen Arbeitneh-
mer wird, unterscheiden. „Gerade bei
Kopfarbeitern“, so Zumkeller, „ist die
Abgrenzung schwierig.“ Stunden- und
Tageshonorare oder die Integration in
Arbeitsteams seien Signale einer engen
Zusammenarbeit und damit von Arbeit-
nehmerüberlassung oder Scheinselbst-
ständigkeit – „egal, was oben auf dem
Vertrag draufsteht“, so der BVAU-Präsi-
dent.
Scrum könnte eine Lösung für den
Selbstständigkeitsbeleg sein
Eine Lösung bahnt sich möglicherwei-
se über den Einsatz der Scrum-Technik
an, wie sie im IT-Sektor genutzt wird:
Teams oder Einzelpersonen arbeiten
in einem festgelegten Zeitraum an ei-
ner klar gestellten Aufgabe. Dann wird
neu entschieden. Dienstleister können
in solch einem Rahmen für einen Zwi-
schenschritt bezahlt werden. Sie tragen
das unternehmerische Risiko. „Scrum
ist nicht dafür entwickelt worden, aber
mit der Methode sind Modelle denkbar,
die die Selbstständigkeit der Dienst-
leister belegen“, meint Arbeitsrechtler
Zumkeller.
Zumkeller warnt im Übrigen davor,
den Versprechen von Dienstleistungs-
anbietern zu glauben, sie seien AÜ-
gesetzeskonform. „Wenn einer von
Garantien spricht, sollte man immer
nach der Haftpflichtversicherung fra-
gen“, rät Alexander Zumkeller. „Denn
bei erwiesener Scheinselbstständigkeit
oder Arbeitnehmerüberlassung ohne Er-
laubnis und seit 1. April ohne das rich-
tige Etikett haben Firmen gleich einen
oder mehrere Arbeitnehmer mehr an
Bord.“ Außerdem drohen den Unterneh-
men bei Verstößen gegen das AÜG bis zu
30.000 Euro Bußgeld und der Eintrag ins
Gewerbezentralregister. „Dann erhalten
sie keine öffentlichen Aufträge mehr“, so
der Arbeitsjurist.
Solche Drohungen kommen bei den
Unternehmen an. Die Kontrollmechanis-
men werden enger gestrickt als noch vor
wenigen Jahren. Die Agentur für Arbeit
und die Sozialversicherungen prüfen
häufiger. Deshalb präzisieren Unter-
nehmen ihre Auftragsvergabepraxis.
Daimler zum Beispiel lässt beim Einsatz
von Zeitarbeitskräften wie auch bei der
Beauftragung von Werkvertragsfirmen
die Einhaltung der Standards von einem
Audit-Team kontrollieren und prüfen.
Zudem hat der Autokonzern in jeder Ab-
teilung Koordinatoren und Beauftragte
installiert, die zum Thema Fremdarbeits-
kräfte speziell geschult werden. So will
Daimler vor Ort in der täglichen Arbeit
sicherstellen, dass alle gesetzlichen, ta-
riflichen und sonstigen Regelungen ein-
gehalten werden.
Heidelberger Druck setzt eine Check-
liste in den Fachbereichen ein
Die Heidelberger Druckmaschinen AG
setzt schon bei der Personalanforde-
rung der Fachbereiche an. Die wird auf
Basis einer Checkliste geprüft. Anzahl,
Einsatzdauer, Vergütung und die Ver-
leiher sind Kriterien. Sind die Erfah-
rungen mit der avisierten Verleihfirma
gut? Kann die Firma neben der Ver-
leihgenehmigung auch Audits und die
Qualifikationen der Leiharbeitnehmer
nachweisen, etwa durch einen Stap-
lerführerschein? Ist die Einweisung in
Arbeitsschutz und Gefährdungsbeur-
teilung organisiert? Später wird in der
Fachabteilung eruiert, ob Einsatzdauer
und das versprochene Leistungsniveau
der AÜG-Kraft eingehalten ist. Profes-
sor Rupert Felder, Leiter Personal der
Heidelberg Gruppe, beschreibt: „Wir ha-
ben gute Erfahrungen mit der internen
Checkliste gemacht. So können wir das
Thema Arbeitnehmerüberlassung in
der gebotenen Erforderlichkeit, sachlich
und ohne politisches Getöse abwickeln.“
Das Unternehmen wählt zumeist das
AÜG als Basis. Werkverträge werden
zum Beispiel mit dem Werksarzt oder
mit Reinigungskräften und in der IT
geschlossen. Fachbereich und HR, Be-
triebsrat und Einkauf sprechen sich ab.
Trumpf schließt alle fünf Jahre ein
betriebliches Bündnis für Arbeit
Trumpf wiederum mit seinen über
11.000 Mitarbeitern in den Bereichen
Werkzeugmaschinenbau und Laser-
technik hat sich bereits 1996 auf einen
eigenen Weg gemacht, um Flexibilität
an den deutschen Standorten zu ge-
winnen. Alle fünf Jahre schließen Un-
ternehmensleitung und Betriebsrat
ein betriebliches Bündnis für Arbeit:
Bis 2021 stehen hundertprozentige Be-
schäftigungssicherung auf der einen,
mobiles Arbeiten, eine Qualifizierungs-
offensive und alternsgerechtes Arbeiten
auf der anderen Seite. 7,5 Prozent der
Stammbelegschaft dürfen befristete und
Zeitarbeitnehmer sein und dies kann
bis zu 30 Prozent ausgeweitet werden,
ohne darüber jedes Mal einzeln mit dem
Betriebsrat zu verhandeln. Momentan
schöpft der Technologiekonzern die
Quote nicht aus: Es werden 6,8 Prozent
befristete Mitarbeiter, Leasingkräfte,
Selbstständige aus Agenturen und Spe-
zialisten mit Werkverträgen beschäf-
tigt. Oliver Maassen, seit 1. April Leiter
Personal- und Sozialwesen der Trumpf-
„Wir fahren mit fest angestellten Mitar-
beitern besser als mit Externen – selbst
in unserem Betriebsrestaurant.“
Oliver Maassen, Leiter Personal- und Sozialwesen bei Trumpf
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