PERSONALquarterly 2/2016 - page 35

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02/16 PERSONALquarterly
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie können industrielle Dienstleistungsunternehmen das Commitment
ihrer direkt vor Ort beim Kunden eingesetzten Mitarbeiter gegenüber ihrem Arbeitgeber
erhöhen?
Methodik:
Leitfadengestützte Experteninterviews mit Geschäftsführern bzw. Personalver-
antwortlichen von industriellen Dienstleistungsunternehmen.
Praktische Implikationen:
Identifikation personalwirtschaftlicher Maßnahmen zur Erhö-
hung des normativen, affektiven und kalkulativen Commitments der Mitarbeiter gegen-
über ihrem Arbeitgeber.
ner und externer Entgeltgerechtigkeit agiert. Interne Entgeltge-
rechtigkeit erfordert eine unternehmensintern einheitliche und
konsistente, bspw. anforderungsabhängige, Entgeltgestaltung,
während die externe Entgeltgerechtigkeit eine Orientierung
an den Entgeltgegebenheiten des jeweiligen Kunden erfordert.
Neben der Gerechtigkeitsdimension ist hinsichtlich der Entgelt-
gestaltung zudem zu beachten, dass die eigenen Personalkosten
nicht eine Höhe erreichen dürfen, die dazu führt, dass eine
Beauftragung durch den Kunden am Preis scheitert.
Erachten die beim Kunden eingesetzten Mitarbeiter die
Arbeitsbedingungen (wie bspw. Entgelt, betriebliche Sozial-
leistungen, Fort- und Weiterbildung, Arbeitszeit etc.) des Kun-
denunternehmens jedoch als attraktiver als die vom eigenen
Arbeitgeber offerierten, werden mitarbeiterseitige Wechselab-
sichten wahrscheinlich. Daher bildet die Mitarbeiterbindung
eine weitere Herausforderung des Personalmanagements in-
dustrieller Dienstleistungsunternehmen und eine überdurch-
schnittliche Fluktuationsquote ist nicht selten. Verschärft wird
diese Problematik, wenn die Kunden auch deshalb industrielle
Dienstleister beauftragen, um sich von eigenen Rekrutierungs-
bemühungen nach Fachkräften zu entlasten, und somit indus-
trielle Dienstleister latent auch als Personalvermittler nutzen.
Der längerfristige kundenspezifische Einsatz der Mitarbeiter
bringt zudem besondere Herausforderungen für die Personal-
entwicklung mit sich. Zur Sicherung der längerfristigen Einsetz-
barkeit ist im Rahmen der Fort- und Weiterbildung primär die
Vermittlung von kundenspezifischem Know-how erforderlich,
was die Einsetzbarkeit des Mitarbeiters bei anderen Kunden je-
doch nicht erhöht und zugleich die Abhängigkeit vom Kunden
verstärkt. Das Dilemma im Rahmen der Personalentwicklung
besteht also darin, dass die industriellen Dienstleister einerseits
in die Mitarbeiter investieren und damit zugleich einseitig die
Bindung an das Kundenunternehmen verstärken. Durch das
kundenspezifische Know-how und die längerfristige kundenspe-
zifische Tätigkeit stößt auch die Mitarbeiterförderung (Talent Ma-
nagement) als weiteres Handlungsfeld der Personalentwicklung
alsbald an ihre Grenzen. Eine längerfristige Karriereplanung
kann unternehmensintern sicherlich nur sehr eingeschränkt
vorgenommen werden, da Entwicklungen innerhalb der Kunden-
organisation und der Fortgang der Geschäftsbeziehung zwischen
sondern zugleich eine doppelte „kulturelle Passung“ aufweisen
müssen: zur Unternehmenskultur des Arbeitgebers („Person-
Organisation-Fit“) und zugleich zur Unternehmenskultur des
Kunden („Person-Kunden-Fit“).
Da die Mitarbeiter in regelmäßiger Interaktion mit Mitarbei-
tern des Kundenunternehmens stehen und vor Ort beim Kun-
den eingesetzt sind, haben sie unweigerlich auch Einblick in
die Entgeltpolitik des Kundenunternehmens – hinsichtlich der
Höhe und Zusammensetzung des Entgelts wie auch hinsichtlich
der betrieblichen Sozialleistungen. Ein Vergleich der eigenen
Entgeltsituation mit der finanziellen Situation der Mitarbeiter
des Kundenunternehmens unter Gerechtigkeitsaspekten wird
daher unvermeidlich erfolgen (Huf, 2014). Dies stellt zweifellos
eine Herausforderung für die Entgeltpolitik des industriellen
Dienstleisters dar, die in einem Spannungsfeld zwischen inter-
Abb. 1:
Personalwirtschaftliche Spezifika des Personal-
managements industrieller Dienstleister
Quelle: Eigene Darstellung
Spezifika industrieller
Dienstleister
Kundenspezifische Personalbeschaf-
fung und Erbringung wissens­
intensiver Dienstleistungen
Mitarbeiter arbeiten jeweils für nur
einen Kunden längerfristig vor Ort
Einbindung der Mitarbeiterleistung
in den Wertschöpfungsprozess des
Kunden ohne Eingliederung der Mit-
arbeiter in die Kundenorganisation
Herausforderungen des
Personalmanagements
industrieller Dienstleister
Personalbeschaffung
Entgeltgestaltung
Mitarbeiterbindung
Personalentwicklung
Mitarbeiterführung
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