Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
DIE DRITTE INDUSTRIELLE REVOLUTION
erfüllen. An 56 Standorten weltweit funk-
tioniert das Konzept aus Arbeit, Spaß und
Service bereits, für das die Youngster be-
reitwillig ein Vielfaches der ortsüblichen
Miete zahlen. Schlappe 650 Euro pro
Monat kostet ein „Dedicated Desk“ in
London. Dafür hält WeWork ein Rund-
um-sorglos-Paket vom Sekretariat bis
zum Partyservice bereit – gegen Aufpreis,
versteht sich. Nur eine Mode, oder ist die
Digitalökonomie ein Game Changer?
LÖSUNGEN FÜR DIE TEKKIES
Die Zahlen
deuten auf Letzteres hin, denn für Berlin
sind die Neugründer zu einem wichtigen
Wirtschaftsfaktor geworden, wie die JLL-
Studie „Berliner Start-ups als Büronutzer“
zeigt. Rund 2.500 digitale Kreativschmie-
den sorgen dort für eine steigende Nach-
frage nach Büroflächen, Mitarbeitern und
Risikokapital. Etwa ein Viertel (136.000
Quadratmeter) der bis September 2015
neu vermieteten Flächen geht auf ihr Kon-
to. Und wenn die von BulwienGesa vor-
hergesagte Beschäftigtenzahl von 80.000
Personen bis zum Jahr 2020 in diesem
Sektor zutrifft, dann ist es höchste Zeit,
sich attraktive Immobilienlösungen für
die „Tekkies“ zu überlegen.
Dass die Transformation der Büroim-
mobilie auf die Agenda in den Topetagen
gehört, zeigt sich daran, dass es nicht nur
Start-ups sind, die die Veränderungen vo-
rantreiben,wieThaddäusZajac,Geschäfts-
führer von aurelis Real Estate, berichtet:
„Junge, kreative undmutige Firmen sowie
internationale Konzerne suchen verstärkt
nach Immobilienangeboten, diemit ihnen
wachsen und schrumpfen können. Und
auch wenn nicht alle Nutzer gleich die
Revolution fordern: Investoren und Pro-
jektentwickler sollten die Anforderungen
der Zukunft kennen, ihre Mieter dazu be-
raten und spätere Möglichkeiten zur Fle-
xibilisierung bei den Planungsentwürfen
für die Immobilie berücksichtigen.“ Auch
Dr. RomanWagner, der sich seit 15 Jahren
S
o viel steht fest: In der digitalen Ar-
beitswelt hat der TV-Fiesling Strom-
bergmit seinen Sprüchen keine Chan-
ce mehr. Entweder ist niemand zum Trie-
zen da oder die Kollegen sind mit ihrem
Laptop zum ungestörten Arbeiten in die
Lounge ausgeflogen. Bleibt ihm nur der
Rückzug ins Einzelbüro, vorausgesetzt er
hat ein solches Séparée. Denn der Kosten-
druck zwingt Unternehmen dazu, Büro-
flächen einzusparen.
Hierarchisch, bürokratisch, gut? Die-
ser teure Arbeitsalltag war einmal, stellt
Dr. Thomas Beyerle, Chef-Researcher der
Catella Group, in seinem Market Tracker
„Paradigmenwechsel auf dem Büroim-
mobilienmarkt“ fest. Bis auf Berlin, das
Mekka der Start-up-Szene, kämpfen alle
untersuchten europäischen Metropolen
mit einem konstanten Sockel von leerste-
henden Bürogebäuden. Und kleiner wird
er nicht. Denn im Gegensatz zur durch-
strukturierten Dienstleistungsgesellschaft
benötigt eine auf Informationen basieren-
de Gemeinschaft situative Arbeitswelten.
Die Zukunft sieht Beyerle deshalb in
gemischt genutzten Bürokonzepten, ko-
operativen Arbeitslandschaften und tem-
porären Lösungen wie Coworking- und
Shared-Space-Modellen.
US- COWORKING- GIGANT EXPANDIERT
Knapp 300 Coworking-Spaces gibt es
laut Global Coworking Survey 2014 in
Deutschland. Bis ins münsterländische
Dorsten haben sich die Vorteile vernetzten
Arbeitens herumgesprochen, woman sich
vom„Quarzhaus“ neue Impulse für die lo-
kale Wirtschaft erhofft.
Eine Nachricht, die aufhorchen lässt,
ist die Ankündigung von US-Coworking-
Gigant WeWork, im Frühjahr 2016 nach
Berlin zu expandieren. Gleich drei Loca-
tions will das mit zehn Milliarden Dollar
bewertete Unternehmen in Szenelagen an
der Spree eröffnen und damit denWunsch
vonGründern nach „coolifizierten“ Büros
Flexi statt fix: Die Büroimmobilie
in der digitalen Arbeitswelt
Serie –
Teil 10
Telearbeit und Cloud-Com-
puting: Studien gehen davon
aus, dass sich der Bedarf an
festen Büroräumen bis 2050
deutlich verringern wird. Be-
reits heute halten sieben von
zehn Studenten die tägliche
Präsenz im Büro für überflüs-
sig. Im Vergleich zu 2010 ist
die Nachfrage nach Co-Wor-
king-Spaces um 300 Prozent
gestiegen. Wie wirken sich
diese Veränderungen aus?
„Junge, kreative Firmen,
aber auch internationale
Konzerne suchen ver-
stärkt nach Flächen, die
mit ihnen wachsen und
schrumpfen können.“
Thaddäus Zajac,
Geschäftsführer
von aurelis Real Estate
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