Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 9

9
1
2-01.2016
177 KOMMUNEN FEHLT MIETSPIEGEL FÜR MIETPREISBREMSE
Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ haben 75 Prozent der Städte, die bisher die Mietpreisbremse eingeführt haben,
keinen Mietspiegel. Damit fehle 177 Kommunen die Grundlage, um das Gesetz umzusetzen.
Nur 62 Gemeinden in Deutschland haben
der Zeitung zufolge auch einen entsprechenden Mietspiegel. Für Mieter und Vermieter ist es ohne Mietspiegel mit viel Aufwand verbunden, die
ortsübliche Vergleichsmiete herauszufinden. Der Immobilien-Ökonom Steffen Sebastian von der Universität Regensburg sagte der „Süddeutschen“:
„De facto läuft die Mietpreisbremse ohne Mietspiegel ins Leere“ (siehe zu diesem Thema auch Seite 38).
PREISWERTE WOHNUNGEN
Steueranreize geplant
Finanzminister Wolfgang
Schäuble plant Steueranreize zur
Förderung von preiswertem Neu-
bau, um die Wohnungsknappheit
schnell zu beseitigen. Die Son-
derabschreibung von bis zu zehn
Prozent soll befristet sein von
2016 bis 2018. Mit den Ländern
soll vereinbart werden, dass sie
im Zeitraum der Begünstigung
von Erhöhungen der Grunder-
werbsteuer absehen. Konkret
schlägt Schäuble vor, den Bau
neuer Gebäude ausschließlich
in Gebieten mit angespannten
Wohnungsmärkten zu fördern
und nur dann, wenn sie zum
Wohnen genutzt werden.
Frank Peter Unterreiner
Für unglaubliche 1,86 Prozent Magerrendite verkaufte jüngst Blackstone die Lon-
doner Immobilie 9 Clifford Street an einen europäischen Privatinvestor. Zur nach
unseren Informationen stolzen 21,3-fachen Jahresmiete erwarb Patrizia von TAG
Immobilien das Südtor in Stuttgart. Bei manchen Geschäftshäusern in München steht
schon eine Zwei vor dem Komma. Und vor allem angelsächsische Investoren bieten
wieder Preise, als gäbe es kein Morgen. Ist das noch gesund? Hat hier jemand (zu)
viel Phantasie? Müssen wir uns auf eine lange Phase niedriger Zinsen und mangels
Alternativen steigender Immobilienpreise einstellen? Oder blasen wir schon wieder
fröhlich einen Ballon auf, dessen Fetzen uns früher oder später um die Ohren fliegen?
Es gibt deutliche Unterschiede zur Situation 2008, als Lehman pleiteging und einst
stolze Investoren wie Morgan Stanley kleinlaut die Schlüssel bei ebenfalls bedröp-
pelten Banken wie der Royal Bank of Scotland abgaben, beteuern interessierte Kreise.
Stimmt. Damals wurden die Risiken gebündelt, verbrieft, mehrfach umgeschichtet
und auf Triple-A hochgeratet. Eigenkapital wurde maximal bei der Champagner- und
Kaviarsause nach der Beurkundung des Kaufvertrags eingesetzt.
Heute ist der Anteil des eingesetzten Eigenkapitals hoch, unter anderem Versiche-
rungen und Pensionskassen fluten damit Projektentwickler. Doch die Renditen sind
heute zumindest in Deutschland in der Regel niedriger – und die Preise damit höher
– als 2008. Kommt die nächste Krise, dann sind es dieses Mal nicht die Banken, die
gerettet werden müssen, sondern vielleicht die Versicherungen und Pensionskassen,
die das Geld der so genannten kleinen Leute verwalten. Treuhänderisch! Die Frage
heißt schlicht: Sind wir an einer Zeitenwende mit dauerhaft oder zumindest sehr
langfristig niedrigen Zinsen und hohen Immobilienpreisen oder nähren wir die näch-
ste Blase? Das Problem dürfte sein, dass die Antwort nur die Zukunft kennt. Aber
allein das sollte zur Vorsicht mahnen.
KOLUMNE
Kommt die
nächste Krise?
Noch gesund? Das Südtor in Stuttgart wurde angeblich zur 21,3-fachen Jahresmiete erworben.
Foto: PATRIZIA Stuttgart Suedtor
MODERNISIERUNGSUMLAGE
Maas peilt Acht-
Prozent-Marke an
Bundesjustizminister Heiko Maas
will die Umlage von Modernisie-
rungskosten auf die Miete stärker
einschränken als bisher bekannt.
Das führt zu Kritik bei der Oppo-
sition und Branchenverbänden.
Aktuell darf der Vermieter nach
einer Modernisierung elf Prozent
der Kosten auf die Miete umlegen.
ImKoalitionsvertrag habenUnion
und SPD eine Senkung auf zehn
Prozent vereinbart. Heiko Maas
will nun noch weiter gehen und
peilt eine Grenze von acht Pro-
zent an. Zudem soll für Mieterhö-
hungen nach Modernisierungen
eine Kappungsgrenze eingeführt
werden. Demnach soll nach der
Modernisierung die Miete in
einem Zeitraum von acht Jahren
umhöchstens 50 Prozent undma-
ximal vier Euro pro Quadratmeter
steigen können (Stand: 1.12.)
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...76
Powered by FlippingBook