Immobilienwirtschaft 12-1/2016 - page 20

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MARKT & POLITIK
I
WOHNUNGSBAU
den, um dessen Praktikabilität fundiert
beurteilen zu können, räumt Bosch ein.
In Köln gilt seit Längerem die Rege-
lung, dass bei der Veräußerung städtischer
Grundstücke 30 Prozent öffentlich geför-
derte Wohnungen entstehen müssen. Im
Februar 2014 trat in der Domstadt darüber
hinaus das Kooperative Baulandmodell in
Kraft, das die 30-Prozent-Quote für alle
mit einem Bebauungsplan verbundenen
Wohnungsbauvorhaben festschreibt. Zum
Tragen kommt die Vorschrift jedoch erst,
wenn das Projekt mindestens 25 Wohn-
einheiten umfasst. Wenn der Vorhaben-
träger nachweisen kann, dass die Forde-
rungen der Stadt nicht erfüllbar sind, kann
von den Vorgaben abgewichen werden.
Für Grundstücke, die zwischen 2007 und
2014 erworben wurden, gilt von vornhe-
rein die niedrigere Quote von 20 Prozent.
DIFFERENZEN AUCH IN NRW
Diese Kon-
ditionen sind nach Einschätzung von
Elisabeth Gendziorra für die Immobi-
lienbranche akzeptabel. Hart ins Ge-
richt geht die Geschäftsführerin des
Landesverbandes Nordrhein-Westfalen
des Bundesverbandes Freier Immobili-
en- und Wohnungsunternehmen (BFW)
hingegen mit dem Düsseldorfer Modell.
„Dieses erschwert die Situation“, sagt Gen-
dziorra, da es im Unterschied zur Kölner
Lösung keine Übergangszeit und keine
Unzumutbarkeitsklausel kenne. Darüber
hinaus hat Düsseldorf in seinem „Hand-
lungskonzept Zukunft Wohnen“ eine Be-
sonderheit festgeschrieben, nämlich eine
20/20/60-Quote: 20 Prozent der Woh-
nungen müssen öffentlich gefördert und
20 Prozent preisgedämpft sein, während
für die restlichen 60 Prozent keine Vorga-
ben gelten. Als preisgedämpft versteht die
Stadt dabeiWohnungen, die für höchstens
zehn Euro jeQuadratmeter vermietet oder
für höchstens 2.500 Euro je Quadratmeter
an Eigennutzer verkauft werden. Förder-
mittel gibt es für diese preisgedämpften
Wohnungen nicht.
Primär auf das Prinzip Freiwilligkeit
setzt hingegen Hamburg: Im Bündnis für
das Wohnen haben sich die Wohnungs-
verbände verpflichtet, auf ihre Mitglieds-
unternehmen einzuwirken, bei Neubauten
einen Anteil von 30 Prozent geförderter
Wohnungen zu realisieren. Eine verbind-
liche Quote gilt lediglich bei der Konzept-
ausschreibung von städtischen Grundstü-
cken: Dann muss mindestens ein Drittel
der auf dem Grundstück entstehenden
Wohnungen öffentlich gefördert sein. Im
Ergebnis entstanden so 2014 gut 2.000
Sozialwohnungen, was einem Drittel des
gesamten Neubauvolumens entspricht.
Berlin wiederum kannte lange keine
Sozialwohnungsquote – was nur logisch
war, da die Stadt gar keine Fördermittel für
den Wohnungsbau zur Verfügung stellte.
Das hat sich erst in jüngster Zeit geändert.
2014 beschloss der Senat das (erkennbar
anMünchen angelehnte) „BerlinerModell
der kooperativen Baulandentwicklung“,
das zunächst eine von der jeweiligen Si-
tuation abhängige Quote von zehn bis 33
Prozent geförderter Mietwohnungen vor-
sah. Im Frühjahr 2015 wurde diese Quote
einheitlich auf 25 Prozent festgelegt. Der
Senat verspricht den Investoren nun dank
„berlinweit einheitlicher, transparenter
Maßstäbe“ mehr Planungssicherheit.
GRUNDSTÜCKE BLEIBEN TEUER
Bei all die-
sen Modellen treten aber zwei Grund-
probleme zutage, wie BFW-Bundesge-
schäftsführer Christian Bruch feststellt.
Zum einen sei die von den Befürwortern
dieser Konzepte erhoffte preisdämpfende
Wirkung auf die Grundstückspreise nicht
festzustellen. Tatsächlich können die Bau-
landmodelle nur dann funktionieren,
wennGrundstückseigentümer diemit den
Sozialwohnungen verbundenen verrin-
gerten Renditemöglichkeiten einpreisen.
„Das Baulandmodell wird sich erst über
einen längeren Zeitraum preisdämpfend
auf den Grundstücksmarkt auswirken“,
räumt Anne Luise Müller ein, die Leiterin
des Stadtplanungsamts Köln.
Zweiter Kritikpunkt von BFW-Ver-
treter Bruch: „Weil sich Sozialwohnungen
nicht rechnen, müssen sie quersubventi-
oniert werden. Damit fällt das mittlere
Segment weg.“ Genauso argumentiert
auch das Beratungsinstitut bulwienge-
sa in einer im Auftrag von zehn großen
Bauträgern erarbeiteten Untersuchung:
Von den Wohnungsbaufördermodellen
würden „vor allem die Bedürftigsten und
– um das Projekt letztlich betriebswirt-
schaftlich zu halten – die Gutverdiener
profitieren. Das bedeutet aber, dass die
Bezieher kleinerer und mittlerer Einkom-
men, die gerade eben nicht in den Genuss
vonWohnungsbauförderung kommen, im
Wohnungsneubau der nächsten Jahre leer
ausgehen.“ Entlastung kommt aber im-
merhin vomBund: Bauministerin Barbara
Hendricks kündigte im September an, der
Bund werde für die Jahre 2016 bis 2019
den Ländern und Kommunen zusätzliche
Mittel von zwei Milliarden Euro für die
Schaffung von Sozialwohnungen zur Ver-
fügung stellen. Diese Mittel müssen die
Länder (was bei den bisherigen Kompen-
sationszahlungen des Bundes nicht der
Fall war) zweckgebunden für den sozialen
Wohnungsbau einsetzen.
«
Christian Hunziker, Berlin
„Ich halte es für richtig,
dass es im Wohnungs-
bau eine soziale Durch-
mischung gibt.“
Uwe Schmitz,
Vorstandsvorsitzender
des Lenbachgärten-Entwicklers
Frankonia Eurobau AG
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