Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 86

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IMMOBILIENMANAGEMENT
I
BESTELLERPRINZIP
Verwalter gefragte Ansprechpartner zu
allen Fragen der Neuvermietung. In der
Regel sehen Verwalterverträge die reine
Vermittlungsleistung selten vor. Hier gilt
es nachzubessern. Verschiedene Modelle
bieten sich an:
1) Abrechnung des Vermietungsauf-
wandes nach Zeitaufwand und Ausla-
generstattung. Dabei gilt: Ein professi-
onell begleiteter Vermietungsvorgang
wird in der Regel zwischen 15 und 20
Stunden Zeitaufwand beanspruchen.
2) Erhöhung der Verwaltergebühr durch
Ermittlung der durchschnittlichen
Mietdauer je Wohnungsgröße: Unter-
stellt man für eine Zwei-Zimmer-Woh-
nung, dass diese alle sechs Jahre einen
Mieterwechsel erfährt, so könnte man
den anfallenden Aufwand in die beste-
hende Verwaltervergütung einpreisen.
Beispiel: Aufwand Vermietung 900
Euro brutto geteilt durch 72 Monate
entspricht brutto 12,50 Euromonatlich.
3) Anpassung des Prozentsatzes Verwal-
tervergütung im Verhältnis zum Miet-
ertrag: Die Berechnungsgrundlage ist
auch hier der tatsächliche Aufwand
eines Vermietungsvorganges in Relati-
on zur Häufigkeit des Mieterwechsels.
Bei den Modellen 2) und 3) besteht das
– wohl überschaubare – Risiko, dass
die Folgen des Bestellerprinzips für den
Markt so kurz nach seiner Einführung
noch nicht abzusehen sind. Bisher kann
aber festgestellt werden: Die statistischen
Zahlen zur Wechselhäufigkeit bleiben
stabil. Es kommt entgegenmancherlei Be-
fürchtungen nicht zumAnstieg vonWoh-
nungskündigungen. Ungeachtet dessen ist
es von Vorteil, wenn die verhältnismäßig
moderate Gebühr bei Mieterwechsel im
Rahmen einer Mieterhöhung eingepreist
werden kann. Eine spürbare Mehrbelas-
tung des Vermieters ist in diesem Fall
nicht vorhanden. In jedem Fall sind für
bestehende Verwalterverträge Nachträge
D
ie Veränderungen am Immobili-
enmarkt seit der Einführung des
Bestellerprinzips sind deutlich: Das
Internetangebot freierWohnungen in Bal-
lungsgebieten hat sich seit dem01.06.2015
um die Hälfte reduziert. Die Immobili-
enportale verzeichnen einen spürbaren
Auftragsrückgang. Die Mieterreaktionen
schwanken zwischen Überraschung und
Frust. Die Absicht des Gesetzgebers, sozi-
ale Ausgeglichenheit auf demWohnungs-
markt zu schaffen, wurde nicht erreicht.
FOLGEN FÜR DIE MIETER
Vor dem
01.06.2015 war in Ballungsgebieten re-
gelmäßig der Mieter provisionspflichtig.
Dies führte dazu, dass sich der Makler
auch dem Mieter gegenüber verpflichtet
fühlte. Er durfte eine gute und zuvorkom-
mendeDienstleistung erwarten. DerMak-
ler vermittelte zwischen den Vertragspar-
teien. Nicht selten kam es vor, dass Mieter
mehrfach beim Makler ihres Vertrauens
zum Vertragsabschluss kamen. Das Be-
stellerprinzip sieht, mit Ausnahmen, nur
noch einenAuftraggeber vor. In jedemFall
werden die Mehrkosten für den Vermitt-
lungsaufwand in die Miete eingepreist.
Waren Vermieter bisher noch offen für
Verhandlungen etwa über die Miethöhe,
wird sich hier ein Paradigmenwechsel
vollziehen. Die Mietpreisbremse löst das
Problem – wenn überhaupt – auch nur
zeitlich befristet. Ganz klar: Wer bestellt,
der zahlt. Wer aber zahlt, der bestimmt.
Vor allem die Bedingungen. Neutrale
Beratung ist damit passé. Die Mieter ha-
ben bei der Wohnungssuche keine Lobby
mehr.
CHANCEN FÜR IMMOBILIENVERWALTER
Hausverwaltungen, die Vermittlungs-
leistung im Rahmen einer Sondereigen-
tums- oder Mietverwaltung anbieten,
sind die Gewinner der Gesetzesänderung.
Aufgrund ihres Spezialwissens, auch im
Bereich der Mietpreisbremse, werden
Bestellerprinzip – Chance für Verwalter
Seit dem 1. Juni 2015 greift
die neue gesetzliche Rege-
lung zur Maklerprovision
bei der Vermittlung von
Mietwohnungen. Das Be-
stellerprinzip wurde im Zuge
des Mietrechtsnovellierungs-
gesetzes umgesetzt. Immo-
bilienverbände wie der BVI
hinterfragen die ersten Ge-
setzesauswirkungen kritisch,
sehen aber auch Chancen
für die Branche.
310
Für Wohnungsvermittler wird
das Gesetz voraussichtlich zu
Umsatzrückgängen von etwa
310 Millionen Euro führen. Eine
Summe, die dem Wegfall von
circa 5.000 Arbeitsplätzen in der
Wohnungsvermittlungsbranche
entspricht.
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