Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 88

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IMMOBILIENMANAGEMENT
I
RECHT
Fall unabdingbar ist. Nach überwie-
gender Auffassung ist jedoch das in der
Gemeinschaftsordnung vorgesehene all-
gemeine Stimmprinzip auch für diese
Entscheidung maßgeblich. Dem hat sich
das Gericht angeschlossen. Zwar ist ein
sachlicher Grund für die Aufhebung der
Veräußerungsbeschränkung erforderlich.
Den Eigentümern kommt allerdings ein
weiter Beurteilungsspielraum zu. Der kla-
gende Eigentümer hat nachvollziehbare
Gründe darzulegen, warum eine Aufhe-
bung der Veräußerungszustimmung nicht
ordnungsmäßig sei.
FAZIT:
Zur Klärung der äußerst pra-
xisrelevanten Frage des maßgeblichen
Stimmprinzips bei einem Beschluss
FAKTEN:
In der Gemeinschaftsordnung ist
geregelt, dass für eine Veräußerung von
Wohnungen die Zustimmung des Verwal-
ters erforderlich ist. Die Wohnungseigen-
tümer hatten mehrheitlich beschlossen,
diese Veräußerungsbeschränkung nach
§ 12 Abs. 4 Satz 1 WEG aufzuheben. Die
Abstimmung über den entsprechenden
Beschlussantrag folgte entsprechend dem
in der Teilungserklärung festgelegten
Stimmrecht nach Objekten. Ein Eigentü-
mer hatte diesen Beschluss angefochten.
Er ist der Auffassung, die Abstimmung
hätte nach dem Kopfprinzip des § 25 Abs.
2 WEG erfolgen müssen. Diese Meinung
teilte das Gericht allerdings nicht.
Der BGH hat bislang die Frage offen
gelassen, ob das Kopfprinzip in diesem
Urteil des Monats:
Aufhebung von Veräußerungszustimmung nicht zwingend nach Kopfprinzip
Die Abstimmung im Rahmen der Beschlussfassung über die Aufhebung einer vereinbarten Veräußerungsbeschränkung
nach der Bestimmung des § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG hat nicht zwingend nach dem Kopfprinzip des § 25 Abs. 2 WEG zu
erfolgen. Vielmehr ist das vereinbarte Stimmprinzip auch für diese Entscheidung maßgeblich.
LG Frankfurt/Oder, Urteil v. 13.04.2015, 16 S 133/14, Revisionszulassung
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Wohnungseigentümer hatten über eine bauliche Veränderung abzustim-
men, die im Hinblick auf die Bestimmung des § 14 Nr. 1 WEG der Zustimmung aller
Eigentümer bedurfte. Zwei Eigentümer stimmten dagegen. Der Verwalter verkündete
dennoch einen Positivbeschluss. Ein Eigentümer hatte den Beschluss erfolgreich ange-
fochten. Das Gericht hatte dem Verwalter zu einem Drittel die Verfahrenskosten aufer-
legt. Hiergegen wehrte dieser sich imWege der sofortigen Beschwerde. Diese war jedoch
nicht erfolgreich. Der Verwalter darf einen positiven Beschluss nur verkünden, wenn
die für den Beschluss erforderliche Stimmenmehrheit erreicht ist.
FAZIT:
Für den Verwalter kann es teuer werden, wenn er sich unrechtmäßig dem
Mehrheitswillen beugt. Vom Verwalter wird verlangt, dass er das Gesetz kennt. Ver-
kündet er trotz fehlender Allstimmigkeit einen positiven Beschluss, ist jedenfalls eine
Verfahrenskostenbelastung auf Grundlage der Bestimmung des § 49 Abs. 2 WEG
möglich. Eine solche in Höhe eines Drittels – wie vorliegend – ist dabei noch äußerst
maßvoll.
FALSCHE BESCHLUSSVERKÜNDUNG
Trägt Verwalter
die Verfahrenskosten?
Der Verwalter als Versammlungslei-
ter darf einen positiven Beschluss
nur verkünden, wenn die für den
Beschluss erforderliche Stimmenmehr-
heit erreicht ist. Die Verkündung eines
positiven Beschlusses trotz Fehlens
der erforderlichen Mehrheit kann
ohne Weiteres die Kostenfolge des
§ 49 Abs. 2 WEG auslösen.
LG Bamberg, Beschluss v. 16.4.2015, 11 T 8/15 WEG
über die Aufhebung einer vereinbarten
Veräußerungsbeschränkung bleibt zu
hoffen, dass gegen die Entscheidung des
Landgerichts Revision eingelegt wurde.
Dann würde nämlich auch Klarheit für
eine Beschlussfassung über die Änderung
des Kostenverteilungsschlüssels hinsicht-
lich der Betriebs- und Verwaltungskosten
nach § 16 Abs. 3 WEG geschaffen. Für
beide Fälle ordnet das Gesetz jedenfalls
an, dass die Befugnisse durch Vereinba-
rung der Eigentümer nicht eingeschränkt
oder ausgeschlossen werden können.
Der BGH (v. 28.10.2011, V ZR 253/10)
hat die Frage ausdrücklich offen gelassen,
scheint aber wohl dazu zu tendieren, das
gesetzliche Kopfprinzip sei nicht zwin-
gend.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
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