Immobilienwirtschaft 10/2015 - page 94

94
TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
DIGITAL REAL ESTATE
DIE NEUERUNGEN
Verändern soll sich ins-
besondere die Geschwindigkeit, Qualität
und Informationstiefe der übertragenen
Daten. Normierte Informationsströme
bilden die Grundlage, Daten in hoher
Qualität und in kürzeren Intervallen
auszutauschen. Diese Entwicklung wirkt
sich auf den gesamten Lebenszyklus der
Immobilie sowie die damit verbundenen
Dienstleisterketten aus. Eine Vorreiter-
rolle hat derzeit das Facility Management
inne. Die Teilbranche nimmt heute schon
unter dem Schlagwort des „Building In-
formation Modeling“ (BIM) die künftige
technische Abbildung eines Gebäudes vor.
An vielen anderen Stellen besteht hin-
gegen noch erheblicher Verbesserungsbe-
darf: Dies betrifft beispielsweise den Da-
tenaustausch in Echtzeit – etwa zur An-
kaufsprüfung oder im Berichtswesen. Für
Echtzeitauswertungen sind oft hohe Inves-
titionskosten notwendig. Allerdings sind
auch die Potenziale, die eine einheitliche
Dateninfrastruktur bietet, enorm. Die gif
hat diese erkannt und zur Umsetzung ih-
rer Richtlinie ein Datenaustauschmodell
erarbeitet. Dieses beruht imWesentlichen
auf zwei Prinzipien: Das erste Prinzip sieht
vor, dass sich die Datenlieferung an Pro-
zessen statt an einzelnen Anlässen orien-
tiert. Die Prozesse sind den Lebenszyklus-
phasen gemäß GEFMA (German Facility
Management Association) zugeordnet.
Nach Möglichkeit wurden bereits in der
Praxis bewährte Definitionen sowie exis-
tierende Standards beibehalten.
Das zweite Prinzip, das der Richtlinie
und damit dem Modell zu Grunde liegt,
ist die Unabhängigkeit von einem be-
stimmtenAnlass. Allen Prozessen liegt ein
einheitliches architektonisches sowie ver-
tragliches Datenstrukturmodell zu Grun-
de. Auf diese Weise können identische
Sachverhalte zu ganz unterschiedlichen
Prozessen auf gemeinsame, eindeutige
Definitionen zugreifen. Das erhöht die
Stabilität des Datenaustausches. Zugleich
D
eutschland fehlen Standards für den
Datenaustausch zwischenUnterneh-
men in der Immobilienwirtschaft. Je-
der, der schon mal versucht hat, sich etwa
monatlich Daten vom Hausverwalter an-
liefern zu lassen, kann ein Lied davon sin-
gen. Die einzelnen Marktteilnehmer ope-
rieren jeder mit individuellen Formaten
und Vorgaben. Diesen Missstand will
die gif e.V. nun mit ihrer Richtlinie zum
Immobilien-Daten-Austausch (gif-IDA)
beheben. Mittel- und langfristig wird
eine Standardisierung weitreichende Fol-
gen haben. Die höhereDatenverfügbarkeit
und -geschwindigkeit wird zu einer gänz-
lich neuen digitalen Infrastruktur imLan-
de führen. Diese Infrastruktur ermöglicht
neue Dienstleistungen und Geschäftsmo-
delle und wird so letztlich zu nichts Ge-
ringerem als einer Basis für eine radikale
Erneuerung der Immobilienbranche.
DIE PROBLEME
Aktuell ist die deutsche
Immobilienbranche davon allerdings
noch Lichtjahre entfernt. Das häufigste
Dateiformat beim Datenaustausch ist im-
mer noch MS Excel. Ein Austausch mit
anderen Formaten oder einemdrittenUn-
ternehmen ist mit diesenMitteln nur sehr
eingeschränkt möglich. Die Branche ächzt
unter umständlichen operativen Prozes-
sen. Beispielsweise müssen die monatlich
erhaltenen Daten jedes Mal konsolidiert
werden. Hinzu kommen die stets wie-
derkehrenden Tests beim Wechsel eines
Dienstleisters.
Nationale und internationale Organi-
sationen sowie der Gesetzgeber, unter an-
derem der BVI, OSCRE, FIDJI, GRI, BIIS,
ZIA, ESMA, versuchen zwar, die Defini-
tionslücke jeweils für Teilprozesse (etwa
Ankaufs-Due-Diligence, operatives Re-
porting, Bewertung) zu lösen. Was fehlt,
sind allerdings normierte Inhalte für alle
wesentlichen Geschäftsprozesse und die
durchgängige, einheitliche Nutzung mo-
derner Datenaustauschtechnologien.
Eine neue Dateninfrastruktur muss her!
Die deutsche Immobilien-
branche krankt an man-
gelnder Effizienz beim
immobilienbezogenen Da-
tenaustausch. Es gibt zu viele
Formate, Teillösungen und
Eigenentwicklungen. Die
Gesellschaft für Immobilien-
wirtschaftliche Forschung e.V.
(gif) will diesen Missstand
mit einer Norm zur Daten-
übertragung beheben.
Ein Prinzip der Richtlinie
ist die Unabhängigkeit
von einem bestimmten
Anlass. Allen Prozessen
liegt ein einheitliches
architektonisches sowie
vertragliches Datenstruk-
turmodell zu Grunde.
1...,84,85,86,87,88,89,90,91,92,93 95,96,97,98,99,100,101,102,103,104,...116
Powered by FlippingBook