DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2016 - page 66

MARKT UND MANAGEMENT
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5|2016
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Neues zur Bilanzierung und Bewertung
von Pensionsrückstellungen
Das Niedrigzinsumfeld stellt Unternehmen mit (hohen) Pensionsverpflichtungen vor erhebliche bilanzielle
Herausforderungen, denn je niedriger die für die Bewertung relevanten Abzinsungssätze sind, desto höher
sind die Pensionsverpflichtungen. Der Gesetzgeber hat nun die Vorschriften zur Bewertung von Pensions-
verpflichtungen geändert, um die bilanziellen Effekte der Niedrigzinsphase abzumildern.
Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz
(BilMoG) wurden imJahr 2009 die handelsrechtli-
chen Vorschriften zur Bilanzierung von Pensions-
verpflichtungen erheblich angepasst. Intention des
Gesetzgebers war es, bilanzpolitischeMöglichkei-
ten der Unternehmen durch objektivierte Bilanzie-
rungsvorgaben einzuschränken und die Akzeptanz
des handelsrechtlichen Jahresabschlusses auch im
internationalenUmfeld zu steigern. Hierbei sollten
die Pensionsrückstellungen die künftige Belastung
der Unternehmen im Jahresabschluss möglichst
realistisch abbilden.
Dabei wurde, anders als bei den International
Financial Reporting Standards (IFRS), bewusst
nicht auf einen Marktzinssatz zum Stichtag, son-
dern auf einen durchschnittlichen Marktzinssatz
abgestellt, um starke Bewertungsvolatilitäten zu
vermeiden. Der Gesetzgeber ging bei der Einfüh-
rung der Regelung davon aus, dass ein 7-jähriger
Betrachtungszeitraum für die Ermittlung des an-
wendbaren Zinssatzes eine ausreichend stabile
Durchschnittsbetrachtung sichert. Die Abzin-
sungssätze werden von der Deutschen Bundes-
bank ermittelt und veröffentlicht.
Annahmen aus 2009 bewahrheiten sich nicht
Zum 31. Dezember 2009 betrug dieser Zinssatz
für eine 15-jährige Restlaufzeit 5,25%. Durch das
BilMoG bzw. die geänderten Bewertungsregeln
ergaben sich in der Regel höhere Pensionsrück-
stellungen als in Zeiten vor BilMoG. Zur Vermei-
dung von Härten gestattete der Gesetzgeber,
den Unterschiedsbetrag ratierlich über einen
Zeitraum von 15 Jahren (also bis zum Jahr 2024)
aufwandswirksam zuzuführen. Zum 31. Dezem-
ber 2015 betrug der Zinssatz für die Bewertung
der Altersvorsorgeverpflichtungen mit 15-jäh-
riger Restlaufzeit 3,89% und lag damit um 136
Basispunkte unter dem Wert zum 31. Dezember
2009. Nach einer Faustregel erhöhen sich die Bar-
werte der Altersvorsorgeverpflichtungen mit je-
demProzentpunkt, mit demdie Abzinsungssätze
fallen, um rd. 15 bis 20%.
Die korrespondierende Erhöhung der Pensions-
verpflichtung ist letztlich ein Ergebnis des Nied-
rigzinsumfelds und führt zu erheblich steigen-
den bilanziellen Belastungen der Unternehmen,
welche die aus den geringeren Abzinsungssätzen
resultierenden (höheren) Barwerte der Pensions-
verpflichtungen bilanziell zurückstellen müssen.
Die zusätzlichen Belastungen der Unternehmen
infolge des Niedrigzinsumfelds veranlassten
wiederum den Gesetzgeber, geänderte han-
delsrechtliche Bewertungs- und Bilanzierungs-
vorgaben für Altersvorsorgeverpflichtungen zu
definieren.
Verlängerung des Betrachtungszeitraums
Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobili-
enkreditrichtlinie, das u. a. eine Anpassung des
§ 253 HGB zur Abzinsung von Altersversorgungs-
verpflichtungen enthält, ist am 17. März 2016
in Kraft getreten. Anders als bisher ist für die
Bewertung der Rückstellungen für Altersver-
sorgungsverpflichtungen nicht mehr auf den
durchschnittlichen Marktzinssatz der vergange-
nen sieben Jahre, sondern auf den durchschnitt-
lichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Jahre
abzustellen. In Phasen fallender Zinsen führt die
Verlängerung des Betrachtungszeitraums zur
Einbeziehung höherer (historischer) Zinsen und
daher insgesamt zu höheren Abzinsungssätzen
und folglich zu niedrigeren Pensionsverpflich-
tungen. Wie bisher ermittelt und veröffentlicht
die Deutsche Bundesbank entsprechende Zins-
sätze.
Kurzfristiger Effekt der Verlängerung des
Betrachtungszeitraums
Durch die Anpassung des Betrachtungszeitraums
sollen ausweislich der Gesetzesbegründung die
Effekte der Niedrigzinsphase abgemildert wer-
den. Zum 31. Dezember 2015 betrug der Zinssatz
für eine 15-jährige Restlaufzeit unter Zugrund-
legung eines 10-jährigen Betrachtungszeitraums
4,31% und lag damit um 42 Basispunkte über
dem Zins bei 7-jähriger Betrachtung. Folgt man
der oben dargestellten Faustregel betreffend
Zinssatz und Rückstellungshöhe, ergibt dies eine
Bewertungsentlastung bei den Altersvorsorge-
verpflichtungen in einer Bandbreite zwischen
6% und 8%.
WP/StB Martin Unterrainer
VdW Bayern
München
WP Christian Gebhardt
Referent Betriebswirtschaft/
Standardsetting, Rechnungs-
legung und Prüfung, GdW
Vorstand GdW Revision AG
Berlin
1...,56,57,58,59,60,61,62,63,64,65 67,68,69,70,71,72,73,74,75,76,...84
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