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Eine Sonderveröffentlichung von Personalmagazin und Unique Personalservice.
dienstleister eine saftige Geldbuße (bis
zu 30.000 Euro). Nicht zuletzt steht die
Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis
des Dienstleisters auf dem Spiel.
Unterbrechungszeit:
Nach drei Monaten zurück auf Null
Erst wenn zwischen zwei Einsätzen des-
selben Zeitarbeitnehmers im gleichen
Einsatzunternehmen mehr als drei Mo-
nate liegen, beginnt die Berechnung der
Höchstüberlassungsdauer wieder von
vorne. Bei weniger als drei Monaten wer-
den die Einsatzzeiten im selben Einsatz-
unternehmen zusammengezählt.
Bleibt die Frage, wann es sich um
dasselbe Einsatzunternehmen – das
Gesetz spricht von der Überlassung „an
denselben Entleiher“ – handelt. Wie ist
dies beispielsweise zu beurteilen, wenn
ein Zeitarbeitnehmer in einem Gesamt-
betrieb zweier Unternehmen am selben
Standort eingesetzt wird? Formalrecht-
lich mag er zunächst an das eine und im
Anschluss an das andere Unternehmen
überlassen worden sein. Tatsächlich
wird der Zeitarbeitnehmer jedoch für
beide Einsätze im selben Betrieb ein-
gesetzt. Insofern könnte man eventuell
die Zeiten in den beiden Unternehmen
addieren müssen. Anders dürfte sich
der Fall dagegen bei der Überlassung an
zwei Konzerntöchter darstellen, die je-
weils an verschiedenen Standorten tätig
sind – auch wenn die beiden selbststän-
digen Unternehmen über eine Konzern-
mutter miteinander verbunden sind.
Mehr Sicherheit bei der Berechnung
der Höchstüberlassungsdauer – und üb-
rigens auch der Neun-Monats-Frist für
Equal Pay – werden voraussichtlich erst
Gerichtsentscheidungen bringen.
Apropos Berechnung: Die Zeiten bis
zum Inkrafttreten des Gesetzes im April
werden nicht berücksichtigt. Alle Zeitar-
beitnehmer starten also im April bei null.
Festhaltenserklärung:
Die Arbeitsagentur als Notar
Ist aufgrund eines Verstoßes die Rechts-
folge vorgesehen, dass nach § 10 AÜG
ein Arbeitsverhältnis zwischen Zeitar-
beitnehmer und Einsatzunternehmen
anzunehmen ist, hat der Gesetzgeber
nun erstmals die Möglichkeit verankert,
dass dies der Zeitarbeitnehmer verhin-
dern kann. Er kann innerhalb eines Mo-
nats erklären, am Arbeitspapier mit dem
Personaldienstleister weiter festhalten zu
wollen, wobei das Prozedere selbst etwas
umständlich gestaltet ist. So muss
der Zeitarbeitnehmer die Festhaltens-
erklärung zunächst persönlich in einer
Agentur für Arbeit vorlegen,
die Agentur sodann das Datum ver-
merken sowie die Identität des Zeitar-
beitnehmers feststellen und
der Zeitarbeitnehmer muss schließlich
dafür sorgen, dass die Erklärung spä-
testens am dritten Tag nach der Vorlage
dem Personaldienstleister oder Einsatz-
unternehmen zugeht.
Es ist nicht erlaubt, die Festhaltenser-
klärung vorsorglich – also etwa zu Be-
ginn des Einsatzes – abzugeben. Auch
kann sie nur einmal abgegeben werden:
Wird die Überlassung danach dennoch
fortgeführt, kommt es zum Arbeitsver-
hältnis mit dem Einsatzunternehmen.
Sanktion:
Die Erklärung selbst zieht
keine direkte Sanktion nach sich, sie
verhindert lediglich ein Arbeitsverhält-
nis mit dem Einsatzunternehmen. Am
rechtswidrigen Verhalten im Vorfeld än-
dert sie jedoch nichts. Daher dokumen-
tiert sie den Verstoß und dürfte direkt ein
Bußgeldverfahren anstoßen. Auch die
Mithaftung des Einsatzunternehmens
für Sozialversicherungsbeiträge bleibt
bestehen (§ 28e Abs. 2 Satz 4 SGB IV).
Equal Pay:
Gleichstellung nach neun Monaten
Wie bislang, gilt auch künftig: Nach dem
AÜG müssen Zeitarbeitnehmer mit der
Stammbelegschaft hinsichtlich des Ent-
gelts gleichgestellt sein. Allerdings sind
– wie bislang auch – Ausnahmen von die-
sem Grundsatz per Tarifvertrag möglich.
Neu ist nun, dass diese Ausnahmen auf
maximal neun oder unter bestimmten Vo-
raussetzungen auf 15 Monate beschränkt
sind. Nach neun Monaten gilt also für
Zeitarbeitnehmer regelmäßig Equal Pay.
Längere Abweichungen (bis 15 Monate)
sind nur dann möglich, wenn Zuschlags­
tarifverträge sicherstellen, dass das Ent-
gelt der Zeitarbeitnehmer stufenweise an
eine vergleichbare Bezahlung im Einsatz-
betrieb herangeführt wird.
Für die Berechnung der maximalen
Zeiträume gelten dieselben Grundregeln
wie zur Überlassungshöchstdauer: Ein-
satzzeiten – auch bei anderen Dienstleis­
tern – werden addiert, solange diese nicht
länger als drei Monate unterbrochen wa-
ren. Zudem sind die Zeiträume vor dem
1. April 2017 nicht zu berücksichtigen.
Nicht im Gesetz festgelegt ist jedoch,
welche Gehaltsbestandteile zur Berech-
nung des vergleichbaren Entgelts eines
Stammmitarbeiters mit einzubeziehen
sind. Letztlich dürfte daher die große
Ein zentraler Punkt der AÜG-Novelle sollte es sein, den Arbeitnehmerbegriff gesetz-
lich festzuschreiben, um angebliche Missbrauchsfälle leichter aufzudecken. Der erste
Versuch schoss jedoch über das Ziel hinaus. Was bleibt, ist eine vage Beschreibung.
Zum ersten Mal sollte im Gesetz die Arbeitnehmereigenschaft definiert werden. Gegen
die im ersten Entwurf vorgestellte Kriterienliste regte sich jedoch erheblicher Wider-
stand, da dadurch auch solche Werkverträge als Arbeitsverhältnis klassifiziert worden
wären, die völlig unkritisch als Werkverträge anerkannt sind. Das Gesetz schreibt daher
in § 611a BGB nur die Rechtsprechung fest. Diese ist jedoch bewusst vage gehalten,
schließlich wandelt sich die Definition des Arbeitsverhältnisses mit der Zeit. Zumindest
weisen die Gesetzgebungsmaterialien ausdrücklich darauf hin: Das Gesetz soll „zeitge-
mäßen Formen des kreativen oder komplexen Projektgeschäfts nicht entgegenstehen“.
Erstmals das Arbeitsverhältnis definiert
BGB-ÄNDERUNG
1,2,3,4,5,6,7,8 10,11,12,13,14,15,16,17,18,19,...20
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