editorial
wirtschaft + weiterbildung
07/08_2018
3
Ich erinnere mich immer wieder gerne an meine Schulzeit, als im
Sommer die großen Ferien losgingen und das Lesen nicht mehr eine von
Lehrern verordnete Pflicht war. Lesen durfte jetzt einfach Spaß machen.
Endlich konnte ich am Strand liegen oder in einem Park sitzen und
entspannt in eine Welt voller Abenteuer eintauchen, die ein Autor für
mich geschaffen hatte.
„Summer reading“ nennen die Amis gelegentlich diesen Zustand, viel
Zeit zum Lesen in der Hängematte zu haben. Die Buchempfehlungen
unserer Titelgeschichte haben – wie jedes Jahr – nichts mit diesem
Sommerlesegefühl zu tun. Es geht uns vielmehr ganz bewusst um
möglichst nützliche und aktuelle Weiterbildung in Sachen Organisations-
und Personalentwicklung, zu der man als ausgelasteter Profi im
Tagesgeschäft wohl eher nicht kommt.
Ausnahmsweise muss in diesem Jahr dieses Editorial dafür herhalten,
dann doch noch einen Roman zu empfehlen. Wer insbesondere von den
Digitalisierungsratgebern die Nase voll hat, sollte sich den Spaß machen
und „Qualityland“ von Marc-Uwe Kling lesen (Ullstein Verlag,
384 Seiten, 18 Euro). Der Autor hat das Unbehagen an der digitalen
Gegenwart zu einer verblüffenden Zukunftssatire verdichtet.
Kritikerlegende Denis Scheck nannte in der ARD-Sendung „Druckfrisch“
das Buch „den aufregendsten politischen Roman, den ich seit Langem
gelesen habe“. Kling erzählt einfallsreich von einer nahen Zukunft, in
der alles digital optimiert ist: jede Kaufentscheidung, jede politische
Wahl, jede Partnersuche. Menschen sind nutzlos, Algorithmen heilig.
Ein humanoider Roboter kämpft darum, zum Bundeskanzler gewählt zu
werden.
Der Roman sollte uns Weiterbildungsprofessionals zu der Einsicht
bringen: Nur Bildung befähigt uns, Maschinen zu nutzen und
gleichzeitig fördert Bildung jene Fähigkeiten, die uns auf Dauer von den
Maschinen unterscheiden.
Wo bleiben die Romane?
Viele Inspirationen mit
unserem neuen Heft
wünscht
Martin Pichler, Chefredakteur