wirtschaft und weiterbildung 9/2017 - page 64

grundls grundgesetz
Boris Grundl
64
wirtschaft + weiterbildung
09_2017
Statussymbole sind „Zeichen der Macht“. Sie sind
heute genauso materiell wie ideell. Etwas wird
erst dadurch zum Statussymbol, dass ich mir von
anderen – durch das Zeigen des Symbols – Aner-
kennung erhoffe. Also wird zum Beispiel ein Auto in
der 100.000-Euro-Liga (materiell) erst dann zum
Status, wenn ich möchte, dass andere darauf rea-
gieren. Es ist also nicht das Auto an sich, sondern
mein Umgang damit.
Und wenn ich mich zeitlich viel um Flüchtlinge küm-
mere (ideell und immateriell), wird dieses Symbol
erst dann zum Status, wenn ich für dieses „Tun“
beim sommerlichen Grillen im Freundeskreis aner-
kennende Worte erhoffe.
Hier ein paar Beispiele immaterieller Statussym-
bole: Bescheidenheit, Souveränität, Disziplin, Frei-
heit, soziale Verantwortung, anders sein als andere,
wichtige und hilfreiche Leute kennen, Bildung
besitzen, eine tolle Familie, die Ausdrucksweise des
„Weltbürgertums“ haben, das überall in der Welt
zu Hause ist. Materielle Statuszeichen kennt jeder.
Doch müssen wir uns diese „erst einmal leisten
können“. Dabei ist es egal, ob es um eine Villa oder
einen Porsche Turbo geht.
Ob dann der Rennwagen nur aus reiner „Selbst-
freude“ gefahren wird oder an „schwachen Selbst-
werttagen“ zum Symbol wird, ist das Spannende
daran. Es wird sicher bei jedem solche und solche
Tage geben. Auch der „sozial Engagierte“ wird
sicher mal gerne seinen „tollen moralischen Ein-
satz“ von anderen bestätigt wissen. Dass der imma-
terielle Status immer mehr an Bedeutung gewinnt,
liegt daran, dass jeder „ohne Eintrittskarte“ bei
ihm „mitspielen“ kann. Es reicht, wenn Sie das
Musterbeispiel einer persönlichen Eigenschaft sind,
die den Charakter sozialer Erwünschtheit in einer
bestimmten Gruppe trägt.
Und was „sozial“ in Ordnung ist, da gibt es große
Unterschiede. Das definiert der Zeitgeist der Gesell-
schaft an sich (meist durch Medien und Politik) oder
die soziale Gruppe, in der wir uns aufhalten. In einer
bestimmten Gruppe bekommen wir vielleicht von
Menschen Anerkennung, wenn wir Stoffwindeln
waschen statt Wegwerfwindeln kaufen. Disziplin
ist aktuell ein hoher immaterieller Wert. So sym-
bolisiert das „Dünnsein“ mentale Stärke. Und eine
„Marathonerfahrung“ ist fast schon selbstverständ-
lich. Das Gleiche gilt, wenn wir uns für die Kinder
Afrikas einsetzen oder am Galaabend demonstrativ
in Jeans auflaufen. Weil wir es uns halt einfach leis­
ten können.
Dass der Wunsch nach Bestätigung generell ein
menschliches Grundbedürfnis ist, steht außer
Frage. Die Frage ist, wie viel von außen und wie
viel von innen kommt. Und den meisten ist nicht
bewusst, wie viel von außen kommt. Und das macht
sie manipulierbar. Deswegen lohnt ein ehr-
licher Blick nach innen immer! Solange wir
unsere Statusknöpfe nicht reflektieren,
kann jeder sie drücken, bis wir tun, was wir
sonst nicht tun würden. Deshalb müssen
wir erkennen, wann und wie wir äußere
Bestätigung anstreben und wie wir zur Balance zwi-
schen innen und außen gelangen. Das macht uns
freier. Garantiert! Ich plädiere für eine Balance von
50 Prozent außen und 50 Prozent innen. Genießen
wir doch einfach das Spiel mit den Symbolen und
tun nicht so, als stünden wir darüber. Denn wer um
das Spiel und seine Regeln weiß, mit dem kann
nicht gespielt werden.
Paragraf 58
Reflektiere deinen
Umgang mit
Statussymbolen
Boris Grundl ist Managementtrainer und Inhaber der Grundl Leadership Akademie, die Unternehmen befähigt, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.
Grundl gilt bei Managern und Medien als „der Menschenentwickler“ (Süddeutsche Zeitung). Sein letztes Buch heißt: „Mach mich glücklich. Wie Sie das bekom-
men, was jeder haben will“ (Econ Verlag 2014, 246 Seiten, 18 Euro). Boris Grundl beweist, wie leicht und schnell das Verschieben von Verantwortung in eine
zerstörerische Sackgasse führt und die persönliche Weiterentwicklung und damit Glück verhindert.
Solange wir unsere Statusknöpfe nicht
reflektieren, kann jeder sie drücken,
bis wir tun, was wir nie tun würden.
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