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wirtschaft + weiterbildung
07/08_2015
Geschäftsführer des Kienbaum-Instituts
für Leadership und Transformation das
Bild aus. Die Digitalisierung sei nun die
Chance für HR, Einfluss zu üben.
Jochmann will Abgesang auf
HR nicht teilen
Für die Ausgangsposition von HR zeich-
nete Jochmann dieses Jahr ein verhalten
positives Bild. Zwar habe eine aktuelle
Kienbaum-Analyse ergeben, dass HR
nur in 16 von 30 Dax-Unternehmen eine
Rolle auf Vorstandsebene spiele. Dennoch
könne Jochmann den Abgesang auf HR
nicht teilen: Die Personaler könnten viel
bewegen – auch unterhalb des Vorstands.
Ob die HR-Aufgaben jedoch künftig
zwangsläufig in einer HR-Funktion zu-
sammenlaufen müssen, sei jedoch unge-
wiss. „Wir brauchen die Prozesse – aber
nicht die Funktion“, so seine Prognose.
Sattelberger: „Deutschland
braucht eine Frischzellenkur!“
HR-Veteran Thomas Sattelberger forderte
in seiner Keynote gewohnt pointiert:
„Deutschland braucht eine Frischzellen-
kur!“. Auf die Frage, wie sich HR in Zeiten
des disruptiven Wandels aufstellen sollte,
rief der ehemalige Telekom-Personalvor-
stand den Personalern zu: „Drop your
tools!“. Sie sollten nicht an ihrem bisheri-
gen Handwerkszeug festhalten, sondern
Mut zum Experiment zeigen. Am besten
geeignet für die Herausforderungen der
modernen Arbeitswelt sei eine agile HR-
Arbeit „on demand“.
Wie eine solche HR-Arbeit in der Praxis
gelingen kann und andere Themen, die
HR aktuell umtreiben, waren Gegenstand
der parallel zueinander ablaufenden Ses-
sions. Aber auch Dauerbrenner-Themen
wie die Unternehmensnachfolge fanden
großen Anklang bei den Besuchern.
Wie sich die Digitalisierung künftig auf
den Arbeitsmarkt auswirken könnte und
welche Herausforderungen sich dadurch
für die Gesellschaft ergeben, stellte Wi-
kileaks-Mitbegründer Daniel Domscheit-
Berg in seiner beeindruckenden abschlie-
ßenden Keynote dar. Dabei appellierte er
an das soziale Gewissen seiner Zuhörer:
Die Gesellschaft müsse sich etwa fragen,
was mit den Menschen passieren solle,
deren Arbeitsplätze durch die Automati-
sierung wegfallen. „Es kann nicht sein,
dass unsere Antwort darauf ‚Hartz IV‘
lautet“, mahnte der Digital Professional.
Andrea Sattler
„HR in the Red Zone“: Das war das Motto
der 14. Kienbaum Jahrestagung, die am
21. Mai stattfand – wie jedes Jahr in der
malerischen Malteser Kommende in Eh-
reshoven bei Köln. Dieses Jahr trafen sich
dabei rund 400 Personaler. HR befinde
sich gerade in der sogenannten „Red
Zone“, sagte Walter Jochmann in seiner
Eröffnungs-Keynote zur Lage der HR-
Nation. Die Sportmetapher bedurfte einer
Erklärung, da hierzulande nicht jeder mit
den Regeln des American-Football-Spiels
vetraut ist: Bei der Sportart bezeichnet
die „Red Zone“ den Bereich kurz vor
dem gegnerischen Tor, wo die Spieler die
Chance zum Touchdown haben.
„Wir glauben, dass die entscheidenden
fünf Minuten für HR gekommen sind –
weil in den Geschäften die vierte indus-
trielle Revolution Fuß fasst“, führte der
Kienbaum-Jahrestagung:
HR kurz vor dem Touchdown?
HR-TRENDS.
Die Folgen der Digitalisierung für HR standen im Fokus der 14. Kienbaum
Jahrestagung: Kienbaum-Manager Walter Jochmann forderte die Personaler auf, die
Digitalisierung als Chance zu nutzen, um Einfluss zu nehmen – und Ex-HR-Vorstand
Thomas Sattelberger machte sich für mehr Mut zum Experiment stark.
Walter Jochmann.
Das Tagungsmotto „HR in the Red Zone“ war ans American-
Football-Spiel angelehnt, wie der Kienbaum-Manager (links) hier demonstriert.
Foto: EYECATCHME. Photography, Florian Trettenbach