WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 26/2019 - page 4

deckungsgrad sogar auf 34 Prozent. Nur
27.000 neue Sozialwohnungen wurden
2018 gebaut. Gebraucht hätte man 80.000
neue geförderte Mietwohnungen.
„Es muss jetzt an den wirksamen Stell-
schrauben gedreht werden, um den Woh-
nungsbau dauerhaft anzukurbeln. Ideo-
logische Diskussionen um immer weitere
Regulierungen der Wohnungsmärkte oder
gar Enteignungen sind Augenwischerei
und lenken nur vom eigentlichen Problem
ab: Wir brauchen mehr und bezahlbare
Wohnungen“, so Gedaschko.
Dabei liegen die Lösungen längst auf dem
Tisch: Das Planungs- und Baubeschleuni-
gungsgesetz muss zügig kommen. Es muss
dauerhafte steuerliche Verbesserungen
für den Wohnungsbau geben. Die Bran-
che benötigt eine aktive und vorausschau-
ende Liegenschafts- und Bodenpolitik der
Städte und Kommunen ebenso wie inter-
kommunale Lösungen und Stadt-Umland-
Kooperationen als neue Ansatzpunkte.
Die Kommunen müssen die Grundstücke
grundsätzlich nach dem Gebot der Kon-
zeptvergabe und nicht nach Höchstpreisen
abgeben. Die Genehmigungskapazitäten
in den Ämtern sind zu erhöhen und die
Ergebnisse der Baukostensenkungskom-
mission aus der letzten Legislaturperiode
umzusetzen. Kommunen, Länder und
die Bundesregierung müssen an einem
Strang ziehen. „Nur, wenn alle Maßnah-
men zusammen wirken, lässt sich das not-
wendige Tempo beimWohnungsbau errei-
chen“, so der GdW-Chef.
Die Wohnungswirtschaft hat ihre Haus-
aufgaben gemacht und mit den Projekten
der Rahmenvereinbarung zum seriellen
Bauen Möglichkeiten aufgezeigt, durch
Vorproduktion dem Fachkräftemangel zu
begegnen und bezahlbar zu bauen. Es
liegt an der Politik, die Bedingungen für
eine schnellere bundesweite Realisierung
der innovativen Wohnungsbaukonzepte
zu schaffen.
„Wir brauchen eine vereinfachte und
beschleunigte Grundstücksvergabe sowie
eine bundesweit einheitliche Typenbau-
genehmigung. Das Motto muss lauten:
Einmal genehmigt, vielfach gebaut – und
das in unterschiedlicher, vielfältiger bau-
licher und optischer Ausgestaltung“, so
Gedaschko. Nur so könne das serielle und
modulare Bauen einen wirksamen Beitrag
dazu leisten, die Zahl der Wohnungsfer-
tigstellungen und damit das Angebot an
bezahlbarem Wohnraum in möglichst kur-
zer Zeit zu erhöhen.
Ein weiterer Grund für die mangelnden Fer-
tigstellungen seien aber auch zunehmende
Streitigkeiten im Planungsprozess, die den
Neubau verzögern, so der GdW-Chef.
„Bauherren haben es hier immer häufiger
mit dem sogenannten ‚Nimby‘-Trend zu
tun. Nach dem Motto ‚not in my backy-
ard‘ wollen Anrainer immer öfter Baupro-
jekte in der eigenen Nachbarschaft ver-
hindern“, so Gedaschko. Für ein besseres
Neubauklima sind zuallererst Bürgermeister
und Stadträte massiv gefordert. Letztlich
sollten künftig alle geplanten Gesetze auf
ihre Folgen für die Kosten des Bauens und
Wohnens geprüft werden. Nur wenn alle
Maßnahmen zusammenwirken, lässt sich
das notwendige Tempo beim Wohnungs-
bau erreichen.
Bestand an Sozialwohnungen
schrumpft weiter
Bundesweit gibt es immer weniger Sozi-
alwohnungen. Waren es im Jahr 2002
noch rund 2,6 Millionen Wohnungen mit
Preisbindung, verringerte sich die Zahl bis
zum Jahr 2018 schätzungsweise auf nur
noch rund 1,18 Millionen Wohnungen.
Im Zeitraum 2017 bis 2020 werden nach
Berechnungen der Förderstellen der Länder
jedes Jahr rund 43.000 Mietwohnungen
aus der sozialen Bindung fallen. Um dieses
Abschmelzen umzukehren, reicht die bis-
herige Bautätigkeit im geförderten Woh-
nungsbau bei Weitem nicht aus.
Insgesamt wurden 2018 rund 27.040 neue
Sozialwohnungen gebaut. „Die Zahl ist
zwar ansteigend, dennoch ist dies ange-
sichts des großen Wohnungsbedarfs als
Tropfen auf den heißen Stein zu sehen. Es
gibt dringenden Handlungsbedarf. Denn
eigentlich müssten jährlich 80.000 neue
Sozialwohnungen erstellt werden. Wir
brauchen am Wohnungsmarkt einen Mix
aus Sozialwohnungen und bezahlbaren
Wohnungen für die Mittelschicht“, kom-
mentierte Axel Gedaschko diese Entwick-
lung.
Aktuelle Zahlen des GdW bestätigen diesen
Trend. Die Unternehmen im GdW bewirt-
schaften 63 Prozent der Sozialwohnungen
in Deutschland. Im Jahr 2018 gab es bei
den GdW-Unternehmen insgesamt nur
noch 740.000 Wohnungen mit Mietpreis-
oder Belegungsbindung. Das sind rund
18.300 Wohnungen weniger als noch in
2017. „Die etwa 7.900 Wohnungen, die
von GdW-Unternehmen im Jahr 2018 mit
Mietpreis- oder Belegungsbindung, also als
'Sozialwohnungen', neu errichtet wurden,
konnten damit das Abschmelzen des Sozi-
alwohnungsbestandes nicht stoppen.“
Das hat Gründe: Besonders in den Ballungs-
regionen ist es derzeit häufig nicht mehr
möglich, den Bedarf an bezahlbaren Woh-
nungen für die Mittelschicht durch Neu-
bau zu decken. GdW-Präsident Gedaschko
begrüßte in diesem Zusammenhang die
Grundgesetzänderung, die es dem Bund
ermöglicht, die Länder weiterhin beim sozi-
alen Wohnungsbau zu unterstützen.
Für die Jahre 2020/2021 sind insgesamt
zwei Milliarden Euro für die soziale Wohn-
raumförderung vorgesehen. Das bedeu-
tet eine Milliarde Euro pro Jahr und damit
allerdings auch eine Reduzierung um 500
Millionen Euro pro Jahr gegenüber der heu-
tigen Summe. Um den wirklichen Bedarf
an Sozialwohnungen decken zu können,
wären bundesweit mindestens fünf Mil-
liarden Euro – davon 2,5 Milliarden vom
Bund und 2,5 Milliarden als Kofinanzierung
durch die Länder – notwendig. „Es fehlt ein
Masterplan Sozialer Wohnungsbau mit kla-
rer Zielvorgabe und angemessen ausgestat-
teter Förderung“, so Gedaschko.
(burk/schi)
Weitere Infos unter
und
Mehr zur GdW-Jahresstatistik lesen Sie in den
kommenden wi-Ausgaben.
JAHRESSTATISTIK
Fortsetzung von Seite 3
Mit der Hälfte der Einwohner hat Hamburg in den letzten Jahren deutlich mehr geförderte Miet-
wohnungen geschaffen als Berlin – das macht das Versagen der Hauptstadtpolitik beim Woh-
nungsbau deutlich.
Quelle: GdW-Jahresstatistik
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