WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 40/2016 - page 3

EXPO REAL 2016 – SONDERAUSGABE
EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger
hat am Messe-Mittwoch mit den Präsi-
denten der Verbände in der BID disku-
tiert. Der wi hat er zwei Fragen beant-
wortet.
wi: Die Digitalisierung sorgt für
Veränderungen in vielen zentralen
Lebensbereichen. Wo liegt aus Ihrer
Sicht die größte Chance des digita-
len Fortschritts für das Wohnen?
Oettinger:
Die Digitalisierung unse-
rer Häuser, Wohnungen und Städte ist
eine große Herausforderung. Sie legt ein
rasantes Tempo vor und dürfte in den
kommenden Jahren ungeheure Fort-
schritte machen mit digitalen Lösungen,
die auf dem Internet der Dinge, Big Data
und 5G aufbauen. Sie zielt auf eine effi-
zientere und nachhaltigere Bewältigung
der wirtschaftlichen und gesellschaftli-
chen Herausforderungen, und das Ergeb-
nis sind intelligentere Städte und alters-/
energiefreundliches Wohnen.
Das Heim wird als flexibler Energienach-
frager (im Rahmen der Nachfragesteue-
rung) entscheidend zum Erfolg der Smart
Grids der Zukunft beitragen. So bedarf
es weniger Erzeugungskapazitäten, der
wachsende Anteil erneuerbarer Energie
kann integriert, der Treibhausgasaus-
stoß abgebaut, die Versorgungssicher-
heit erhöht und die Energiekosten von
Versorgern und Verbrauchern gesenkt
werden. Und das durch eine Standard-
plattform unterstützte Smart Home wäre
nicht nur energieeffizient. Dank benut-
zerfreundlicher Anwendungen könnten
Senioren auch noch länger zu Hause
wohnen bleiben.
Datensicherheit und die Bezahlbar-
keit der Innovationen für Mieter sind
zwei der großen Knackpunkte für
den Erfolg des „digitalen Wohnens“.
Wo sehen Sie konkret die größten
Herausforderungen?
Oettinger:
Datensicherheit ist eine
wichtige Voraussetzung für den Erfolg
von Smart Homes, Smart Cities, intelli-
genter Energie und intelligentem Ver-
kehr. Um die entsprechenden Techno-
logien erfolgreich einzuführen, müssen
sich alle Beteiligten (Energieversorger,
Hauseigentümer, Mieter und so weiter)
auf die Sicherheit ihrer Daten verlassen
können.
Auf Englisch heißt es „My home is my
castle“, und dies gilt umso mehr für per-
sonenbezogene Daten. In diesem Kontext
zieht jegliches Leck und jegliche Beschä-
digung von Daten in der Regel einen phy-
sischen, materiellen oder immateriellen
Schaden nach sich und wirkt sich sehr
negativ auf die Betroffenen aus. Deshalb
nehmen alle Beteiligten einschließlich der
Europäischen Kommission das Thema
Datensicherheit sehr ernst und ergreifen
politische Maßnahmen, unterstützen die
technische Forschung oder erarbeiten
Standards und Normen mit Industriever-
bänden und anderen Stakeholdern.
Die Bezahlbarkeit ist ein weiterer ent-
scheidender Erfolgsfaktor und sollte
durch das Spiel der Marktkräfte im
Wege von zum Beispiel Normung, Inno-
vation und Skaleneffekten realisiert wer-
den.
Foto: EU, Etienne Ansotte
Günther Oettinger
EU-Kommissar für Digitale
Wirtschaft und Gesellschaft
INTERVIEW
Gunther Adler
, Staatssekretär im Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit, würdigte bei der
gemeinsamen Standeröffnung die vertrau-
ensvolle und erfolgreiche Zusammenarbeit
mit der BID. „Das Bündnis für bezahlbares
Wohnen und Bauen hat eine neue Dynamik
in den Wohnungsbau gebracht. Um Woh-
nen bezahlbar zu machen, hat der Bund
Geld mobilisiert, Bauland bereitgestellt
und die Vereinfachung von Standards vor-
angebracht. Die Akzeptanz des Neubaus
ist gestiegen. Mit allen Partnern arbeiten
wir daran, demWohnungsbau einen weite-
ren kräftigen Schub für die nächsten Jahre
zu geben. Bund, Länder und Gemeinden
haben mit der ‚Wohnungsbau-Offensive’
viele Anregungen und Forderungen der
Bau- und Wohnungswirtschaft aufge-
griffen und umgesetzt. Nun erwarte ich,
dass die Chancen genutzt werden. Lokale
und regionale Bündnisse sind hierfür ein
wichtiges Instrument, denn viele Probleme
müssen auf Landes- und Kommunalebene
gelöst werden. Deshalb freue ich mich,
dass sich jetzt auch viele Initiativen auf die-
sen Ebenen finden.“
„Angesichts des immensen Wohnraumbe-
darfs müssen Worten nun schleunigst Taten
folgen. Daran werden sich Bund, Länder
und Kommunen messen lassen müssen“,
forderte
Andreas Ibel
, BID-Vorsitzender
und Präsident des Bundesverbandes Freier
Immobilien- und Wohnungsunternehmen.
„Der nahende Bundestagswahlkampf darf
jetzt nicht zum Stillstand bei der Umsetzung
der notwendigen Maßnahmen führen. Vor
allem dürfen die gemeinsam erarbeiteten
Daten und Ergebnisse des Bündnisses nicht
immer wieder in Frage gestellt werden. Sie
müssen auch während des Wahlkampfs
und in der nächsten Legislaturperiode als
Arbeitsgrundlage anerkannt werden und
gelten!“
Ibel macht deutlich, dass die Baulandbereit-
stellung der Flaschenhals für mehr bezahl-
baren Wohnraum sei: „Um Wohnungen
an den richtigen Stellen zu schaffen, müs-
sen die Kommunen ausreichend Bauland
bereitstellen. Dabei darf die Vergabe nicht
nur im Höchstpreisverfahren, sondern
muss auch nach Konzeptqualität erfolgen!
Zudem muss Bauland auch in Randgebie-
ten zumindest vorübergehend beschleu-
Worten müssen Taten folgen – Wohnungspolitik im Spannungsfeld des
Bundestagswahlkampfes
München – Die Wohnungsmärkte in vielen deutschen Großstädten sind weiterhin angespannt, eine Trendwende steht
noch aus. Im Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen haben das Bundesbauministerium und Spitzenverbände der
Immobilienwirtschaft gemeinsame Empfehlungen erarbeitet, wie mehr bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in
Deutschland geschaffen werden kann. Kommt die Umsetzung angesichts des nahenden Bundestagswahlkampfes zum
Erliegen? Welche Hürden müssen jetzt beseitigt und welche Maßnahmen als nächstes angepackt werden? Darüber
diskutierten am 4. Oktober 2016 Spitzenvertreter der Verbände der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft
Deutschland (BID) und des Bundesbauministeriums auf ihrem gemeinsamen Messestand bei der Expo Real.
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