WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 39/2016 - page 7

Die Förderbedingungen seien jedoch nur
einer von vielen Faktoren, mit denen man
den Wohnungsneubau anschieben könnte,
so Rychter: Mit der Erstellung von Bebau-
ungsplänen und der Vergabe von Bauge-
nehmigungen gehe es in vielen Städten
noch zu langsam voran. „Bearbeitungs-
zeiträume sind zu lang und führen teils zu
jahrelangen Verzögerungen. Durch sie stei-
gen auch die Baukosten.“
Diese sind ohnehin zu hoch: Der Neubau
von Wohnungen hat sich in den vergan-
genen Jahren stark verteuert, auch wenn
man die Inflation herausrechnet. Mit der
gleichen Investitionssumme, für die im Jahr
2000 noch 10 Wohnungen errichtet wer-
den konnten, lassen sich heute nur noch
7,8 Wohnungen bauen. Der Grund dafür
sind immer neue energetische Auflagen,
die Anhebung von Grund- und Grunder-
werbsteuern sowie ein Mangel an geeigne-
ten Grundstücken. „Die Politik muss jetzt
unbedingt alle Gesetzesänderungen ver-
meiden, die dazu geeignet sind, den Miet-
wohnungsbau noch teurer zu machen“, so
Verbandsdirektor Rychter.
Die Wohnungswirtschaft im Westen
wünscht sich zudem eine offene gesell-
schaftliche Diskussion darüber, wie mehr
Akzeptanz für Bauprojekte geschaffen wer-
den kann. „Obwohl es inzwischen gesell-
schaftlicher Konsens ist, dass wir mehr
bezahlbare Wohnungen brauchen, gibt
es kein übergreifendes gesellschaftliches
Bekenntnis zu den dafür notwendigen Ver-
änderungen“, sagt Alexander Rychter. So
könnten die von der Politik geforderten
Neubauzahlen nicht ohne Aufstockung
und Nachverdichtung erreicht werden. Die
Anwohner begegneten solchen Projekten
jedoch auch weiterhin mit Misstrauen. „Pro-
jekte, die Aufstockung, Nachverdichtung
und generell Veränderungen in den Stadt-
quartieren mit sich bringen, werden in der
Regel zuerst als Ärgernis wahrgenommen,
obwohl sie auch zahlreiche positive Aspekte
haben. Wir stimmen daher NRW-Wirt-
schaftsminister Garrelt Duin zu. Er sagte im
Zusammenhang mit dem Bündnis für Infra-
struktur erst kürzlich, man wolle ‚Wut-Bür-
ger‘ zu ‚Mut-Bürgern‘ machen. Dies muss
auch bei Wohnungsbauprojekten gelingen,
und dafür benötigen wir die Unterstützung
der Politik.“ Es sei Zeit, dass Baukräne im
Land Vorfahrt bekommen, so Rychter.
Investitionen steigen dort, wo ausrei-
chend gefördert wird
Immerhin: Für das laufende Jahr 2016
planen die Wohnungsgesellschaften und
-genossenschaften in Nordrhein-Westfa-
len nun eine Steigerung der Investitionen
auf 2,128 Milliarden Euro, was einem Plus
von 13,7 Prozent entspricht. Die geplanten
Neubauinvestitionen legen um 36,1 Pro-
zent zu, während die geplanten Bestands-
investitionen um 2,0 Prozent leicht anstei-
gen. „Nur durch die guten Bedingungen
der Wohnraumförderung in Nordrhein-
Westfalen rechnen sich viele der nun von
unseren Mitgliedsunternehmen angestoße-
nen Neubauprojekte. Aufgrund der hohen
Baukosten wären sie sonst in vielen Fällen
nicht wirtschaftlich“, betonte Verbandsdi-
rektor Rychter.
Erst vor kurzem hat sich Rheinland-Pfalz
mit der Arbeitsgemeinschaft rheinland-
pfälzischer Wohnungsunternehmen und
weiteren Akteuren zu einem Bündnis für
mehr bezahlbares Wohnen zusammen-
getan. „Wir führen in Rheinland-Pfalz
gute Gespräche und haben konkrete Vor-
schläge, wie auch dort mehr bezahlbarer
Wohnungsneubau angestoßen werden
kann“, so Alexander Rychter. „Die Anre-
gung des Wohnungsbaus ist allerdings
nicht allein Verantwortung der Bundeslän-
der.“ Damit die Wohnungsmärkte im Lauf
der kommenden Jahre merklich entlastet
würden, müssten auch Bund und Kommu-
nen mehr tun.
(wink/schi)
Weitere Infos zu den Ergebnissen der
VdW-Jahrespressekonferenz finden Sie unter
diesem Kurz-Link:
Fortsetzung von Seite 6
AUS DEN VERBÄNDEN
„Gute Nachbarschaften“: Gemeinsamer Verbandstag der wohnungswirt-
schaftlichen Verbände in Sachsen-Anhalt
Magdeburg – Anlässlich des Verbandstages in Magdeburg Anfang September 2016 konnten die Verbandsdirektoren Jost
Riecke vom Verband der Wohnungswirtschaft Sachsen-Anhalt (VdW) und Ronald Meißner vom Verband der Wohnungs-
genossenschaften Sachsen-Anhalt (VdWg) über 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft begrü-
ßen. Vor dem Hintergrund der sich weiter wandelnden Gesellschaft standen die wohnungspolitischen Zukunftsthemen im
Fokus der Veranstaltung. Dazu gehören der Stadtumbau, die energetische Sanierung und die Anpassung des Wohnungs-
bestandes an die sich ändernde Nachfrage. Insgesamt ging es um die weitere Sicherung des guten und bezahlbaren Woh-
nens in Sachsen-Anhalt, um gute Nachbarschaften und die Wahrung des sozialen Friedens in den Wohngebieten.
Die Wohnungsunternehmen investierten
seit 1990 circa 17,6 Milliarden Euro, davon
allein im Jahr 2015 über 413,4 Millionen
Euro. Hauptsächlich die Erhaltung und
Modernisierung der Bestandwohnungen,
aber auch der Neubau von Wohnungen
an zukunftsfähigen Standorten bestimmt
die Investitionstätigkeit, wobei Formen des
alternsgerechten Wohnens und die Ener-
gieeffizienz Schwerpunkte sind. Im Ergeb-
nis sind heute rund 93 Prozent, das sind
ungefähr 315.000 genossenschaftliche
und kommunale Wohnungen, in einem
zeitgemäßen Zustand.
Mit landesweit durchschnittlich 4,74 Euro
pro Quadratmeter liegen die monatlichen
Mietpreise der Wohnungsunternehmen in
einem sehr guten Preis-Leistungsverhält-
nis. Mit Blick auf die öffentliche Debatte
um Wohnungsmangel und bezahlbaren
Wohnraum in Ballungszentren kann für
Sachsen-Anhalt festgestellt werden, dass
im gesamten Land Sachsen-Anhalt – auch
in den Großstädten Magdeburg und Halle
kein Wohnungsmangel besteht. Ein ver-
gleichsweise gut modernisierter Woh-
nungsbestand kann preisgünstig angemie-
tet werden. Gerade auch für Menschen mit
geringem Einkommen stehen preisgünstige
und energetisch sanierte Wohnungen zur
Verfügung.
Erfolgsgeschichte Stadtumbau
Insgesamt haben die kommunalen Woh-
nungsgesellschaften und die Wohnungs-
genossenschaften seit dem Jahr 2000 über
85.000 Wohnungen abgerissen. Die Woh-
nungsleerstände betrugen Ende 2015 rund
37.100 Wohnungen. Das sind circa 34.000
weniger als noch 2005. Ohne Wohnungs-
abriss wäre der Leerstand gestiegen. Die
Leerstandsquote bei den Wohnungsgenos-
senschaften beträgt jetzt 8,9 Prozent, bei
den kommunalen Wohnungsgesellschaften
14,1 Prozent.
Aber nicht nur der Abriss von Wohnungen,
sondern auch der Parallelprozess der Auf-
wertung von Wohnungen und Wohnquar-
tieren war und ist ein wichtiger Beitrag der
unternehmerischen Wohnungswirtschaft
zur sozialen Stadtentwicklung.
Weiter auf Seite 8
39/2016 7
1,2,3,4,5,6 8,9,10
Powered by FlippingBook