WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 39/2016 - page 3

Fernwärmeversorgung angeordnet wurde.
Die Wohnungsbaugenossenschaft stellte
dagegen einen Normenkontrollantrag
und bestritt, dass mit dem Anschluss der
Grundstücke an die Fernwärmeversorgung
im konkreten Fall Vorteile für den Klima-
schutz verbunden seien. Das Oberverwal-
tungsgericht hat die Satzung in wesent-
lichen Teilen für unwirksam erklärt, weil
ein dringendes öffentliches Bedürfnis im
Sinne des § 8 Nr. 2 Gemeindeordnung des
Landes Sachsen-Anhalt (GO) nicht hinrei-
chend festgestellt sei. Die Stadt habe es vor
dieser Anordnung unterlassen, den dafür
erforderlichen gutachtlichen Vergleich der
zu erwartenden CO
2
-Emissionen mit und
ohne Anschlusszwang an die Fernwärme-
versorgung durchzuführen.
Die Stadt hat Revision eingelegt. Das Bun-
desverwaltungsgericht hat dieser stattge-
geben und festgestellt, dass § 16 EEWär-
meG als bundesrechtliche Erweiterung
für die Ermächtigung für die Kommunen,
einen Anschluss- und Benutzungszwang
anzuordnen, zwar in einem bestimmten
Umfang Raum lässt für eine ergänzende
Anwendung von Landesrecht. Jedoch
ermächtigt die Vorschrift die Länder nicht,
die Anforderungen in Bezug auf den glo-
balen Klimaschutz zu verschärfen. § 8 Nr.
2 GO kann daher nicht als Grundlage für
zusätzliche Erfordernisse herangezogen
werden. Nach dem EEWärmeG kann ein
gutachtlicher Vergleich der zu erwartenden
CO
2
-Emissionen mit und ohne Anschluss-
und Benutzungszwang nicht generell
gefordert werden.
Wenn die Fernwärmeversorgungseinrich-
tung in einem bestimmten Mindestmaß mit
erneuerbaren Energien, mit Abwärme oder
Kraft-Wärme-Koppelung betrieben wird,
das in Anlage VIII des Gesetzes definiert
ist, so spricht eine generelle Vermutung
dafür, dass der Anschluss- und Benutzungs-
zwang von Wohngebieten dem Klima- und
Ressourcenschutz dient. Erfüllt sie diese
Anforderungen nicht, bedarf es allerdings
in der Regel einer konkreten Vergleichsbe-
rechnung in Bezug auf die gesamtklimati-
schen Auswirkungen. Da das Oberverwal-
tungsgericht noch nicht geprüft hat, ob die
Fernwärmeeinrichtung der Stadt Halber-
stadt den Anforderungen der Anlage VIII
des EEWärmeG entspricht, hat das Bundes-
verwaltungsgericht die Sache zur erneuten
Verhandlung und Entscheidung zurückver-
wiesen.
Hintergrund: Fernwärme-Kunden im
Monopolmarkt gefangen
Rund 5,5 Millionen Haushalte werden in
Deutschland mit Fernwärme versorgt, das
sind 14 Prozent aller Anschlüsse. Der Aus-
bau der Fernwärme wird vielfach als wichti-
ger Baustein für eine effiziente Energiever-
sorgung der Zukunft angesehen. Doch am
Fernwärmesektor sind die Entwicklungen
des Strom- und Gasmarktes der vergange-
nen 15 Jahre vorbeigegangen.
Bei der Fernwärme hat der etablierte Ver-
sorger eine beherrschende Stellung inne,
das heißt er verfügt über wettbewerblich
nicht kontrollierte Verhaltensspielräume.
Ein Anbieterwechsel bei Preiserhöhungen
ist nicht ohne weiteres möglich, weil er
mit hohem Aufwand verbunden ist. Lange
Vertragslaufzeiten verstärken die markt-
beherrschende Stellung, und die Pflicht
zum Bezug von Fernwärme über einen
Anschluss- und Benutzungszwang verhin-
dert die Umstellung auf andere effizientere
Wärmetechnologien. Die Sektoruntersu-
chung des Bundeskartellamtes hat gezeigt,
dass in Gebieten mit Anschluss- und Benut-
zungszwang im Durchschnitt etwas höhere
Erlöse erzielt werden. Monopolstrukturen
ohne Regulierung – wie im Fernwärmesek-
tor – sind in Zeiten liberalisierter Energie-
märkte überholt.
Da sich Verbraucherinnen und Verbraucher
Preis- und Vertragsänderungen nicht ent-
ziehen können, benötigen wir entweder
Wettbewerb, eine Preisregulierung oder
eine Genehmigung der Endpreise, fordert
auch der Verbraucherzentrale Bundes-
verband (vzbv). Verbraucherrechte seien
auch im Fernwärmesektor an allgemeine
Standards anzupassen. Basisinformatio-
nen zum Preis, zu den zur Wärmeerzeu-
gung eingesetzten Energieträgern sowie
zu Emissionen und Netzverlusten müssten
zudem für Verbraucher im Internet abruf-
bar sein.
Eine aktuelle Studie zur Wärmeversorgung
von Wohngebäuden der Technischen Uni-
versität Darmstadt und des Instituts für
Technische Gebäudeausrüstung Dresden
kommt zu dem Schluss: Eine pauschale
Bevorzugung von Wärmenetzen ist weder
aus energetischer noch aus wirtschaftlicher
Sicht gerechtfertigt. Die Wohnungswirt-
schaft plädiert dafür, den §16 EEWärmeG
ersatzlos zu streichen.
Die vom Bundesverwaltungsgericht vor-
gesehene Prüfung des Halberstädter
Anschluss- und Benutzungszwanges
anhand Nr. VIII der Anlage zum EEWär-
meG geht fehl, weil dieser Punkt lediglich
die Zulässigkeit einer Ersatzmaßnahme
definiert: Fernwärme darf bei der Planung
neuer Gebäude als Ersatzmaßnahme zur
Nutzung erneuerbarer Energien ange-
rechnet werden, wenn sie zum Beispiel
zu 50 Prozent aus Kraft-Wärme-Kopplung
stammt. Eine Klimawirkung kann dagegen
nur durch den Vergleich von CO
2
-Emissio-
nen betrachtet werden.
(küh/schi/vog)
ENERGIE
Präsentation neuer Lösungen
Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter
,
Technische Universität München
Johannes Schwörer
, Präsident
Bundesverband Deutscher Fertigbau e.V.
Dirk-Uwe Klaas
, Geschäftsführer
Hauptverband der Deutschen Holzindustrie
Josef Haas
, Geschäftsführer KAMPA,
Initiative FERTIGBAU HEUTE
Dipl.-Ing. Michael Regnauer
,
Geschäftsführer Regnauer Fertigbau
Programm und Anmeldung
unter
.
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Kontakt
REGNAUER FERTIGBAU,
Seebruck am Chiemsee,
+49 8667 72-236,
SYSTEM-GESCHOSS-
WOHNUNGSBAU
Serielles Bauen serienreif
• Typisierung • BIM-Technologie
• Fertigung 4.0 live erleben
Neue Konzepte durch Partnerschaft
von Forschung und Praxis.
EINLADUNG
ZUM EXPERTEN-MEETING
18.10.2016
Regnauer Fertigbau
Seebruck am Chiemsee
Abb: Schwörerhaus
Abb: Regnauer Fertigbau
Fortsetzung von Seite 2
39/2016 3
1,2 4,5,6,7,8,9,10
Powered by FlippingBook