WOHNUNGSPOLITISCHE INFORMATIONEN 49/2015 - page 4

Soziale Stadt:
Hendricks fördert Projekte für Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier
Berlin – 75 deutsche Städte und Gemeinden kommen bis Ende 2018 in den Genuss des Bundesprogramms „Bildung, Wirt-
schaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ). Bundesbauministerin Barbara Hendricks gab am 24. November 2015 den offiziellen
Startschuss für die neue Förderrunde 2015-2018. Das Bundesprogramm wird gespeist aus Mitteln des Europäischen Sozi-
alfonds (ESF) und des Bundesbauministeriums. Insgesamt stehen bis Ende 2018 Fördergelder in Höhe von rund 95 Millio-
nen Euro zur Verfügung.
BUNDESPOLITIK
Mit den Arbeitsmarktprojekten in Quartie-
ren des Städtebauförderprogramms „Sozi-
ale Stadt" erhalten Menschen in benach-
teiligten Stadt- und Ortsteilen bessere
Chancen auf Arbeit. Gleichzeitig wird die
Wirtschaft vor Ort gestärkt. Wichtig bei
allen Projekten ist der Blick auf das Quar-
tier: Die Förderung des einzelnen Men-
schen soll immer auch einen Mehrwert für
das Quartier bringen.
„Die BIWAQ-Projekte beziehen die Nach-
barschaft ein, sei es, dass ältere Menschen
begleitet werden oder gemeinsam mit
den Bewohnerinnen und Bewohnern im
Quartier ein Nachbarschaftsgarten ange-
legt wird. Gleichzeitig qualifizieren sich die
Teilnehmer durch die praktische Arbeit.
Quartiere, in denen Integration und gesell-
schaftliche Teilhabe möglich ist, sind für
eine funktionierende Gesellschaft sehr
wichtig“, erklärte dazu Bundesbauminis-
terin Barbara Hendricks.
Welche Maßnahmen in den Quartieren
im Einzelnen geeignet sind, konnten die
Kommunen als Antragssteller selbst ent-
scheiden. Dadurch sind die Angebote
passgenau und bedarfsgerecht. Und sie
tragen zu lebendigen Nachbarschaften
bei. So kann ein neu eröffnetes Fahrrad-
Reparaturcafé nicht nur für einen wieder
nutzbaren Drahtesel sorgen, sondern für
neue Kontakte unter den Bewohnerinnen
und Bewohnern im Stadtteil. Mit diesem
Ansatz leistet BIWAQ auch einen Beitrag zur
Integration der vielen neu zugewanderten
Menschen in unserem Land: nach einer ers-
ten Auswertung beschäftigt sich fast jedes
zweite der 75 BIWAQ-Projekte mit unter-
schiedlichen Aktivitäten auch mit der Inte-
gration von Flüchtlingen und Asylsuchen-
den. Integration vor Ort kann nur gelingen,
wenn die Chancen aller Bevölkerungsgrup-
pen verbessert werden. Bildung und Arbeit
im Quartier sind dabei entscheidende Fak-
toren.
(schr/schi)
Die Liste der 75 geförderten Kommunen
und Projekte finden Sie unter
AUS DEN VERBÄNDEN
Für bessere Planungs- und Integrationsleistungen: Norddeutsche Wohnungs-
wirtschaft regt Wiedereinführung eines Wohnortzuweisungsgesetzes an
Hamburg – Der Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) regt an, über eine erneute Einführung des Wohn-
ortzuweisungsgesetzes für geflüchtete Menschen nachzudenken. Für Länder, Kommunen und Städte als auch für die
Wohnungswirtschaft wäre das Wohnortzuweisungsgesetz ein gutes Instrument, um die Nachfrage nach sozial geförder-
tem Wohnraum und Integrationsangeboten messbar zu machen.
Für den VNW wird die Unsicherheit der
kommunal Verantwortlichen in einer ver-
stärkten Beratungsnachfrage spürbar.
Immer mehr Bürgermeisterinnen und Bür-
germeister scheuen die für die dauerhafte
Flüchtlingsunterbringung notwendigen
Investitionsentscheidungen, weil sie nicht
sicher sind, ob die Flüchtlinge wirklich in
ihrer Kommune bleiben. Diese können
sich aktuell nach Erhalt der Aufenthaltser-
laubnis ihren Wohnort eigenständig aus-
suchen.
Das Wohnortzuweisungsgesetz könnte
Abhilfe schaffen. Es wurde 1989 ins Leben
gerufen und war bis in das Jahr 2009 gül-
tig. Es sah vor, dass Aussiedler bei Ankunft
in Deutschland nach einem festgelegten
Verteilerschlüssel auf die und innerhalb
der Bundesländer verteilt wurden und am
zugewiesenen Wohnort auf bestimmte
Zeit bleiben mussten. Nur dort erhielten
sie Leistung zur Sicherung des Lebensun-
terhalts nach dem SGB II. Die Zuweisung
bezog sich erst auf zwei, später auf drei
Jahre. Ziel war es, das die Aussiedler nicht
mehr vorrangig in die „ohnehin schon
überlasteten Ballungsgebiete“ zogen.
Eine Studie des Bundesamtes für Migra-
tion und Flüchtlinge (BAMF) zeigt, dass
das Gesetz vor allem den Kommunen eine
bessere Planbarkeit bot, die Belastung für
öffentliche Haushalte gerechter verteilte,
der Bildung kompakter Siedlungsschwer-
punkte vorbeugte und einer nachlassenden
Akzeptanz unter den Einheimischen entge-
genwirkte. Nach Ablauf der Zuweisungs-
frist oder sobald die Betroffenen einen
Arbeitsplatz haben und keine Transferleis-
tungen mehr erhalten, dürfen die Men-
schen wohnen, wo sie möchten.
„Die VNW-Mitgliedsunternehmen sind
bereit, notwendigen bezahlbaren Wohn-
raum zu schaffen. Dafür benötigen sie
jedoch Verlässlichkeit“, erklärte VNW-Ver-
bandsdirektor Andreas Breitner. „Es kann
nicht sein, dass Wohnungen neu gebaut
oder saniert werden, Integrationsleistun-
gen vorbereitet werden, der Bürgermeis-
ter mit Blumen am Bahnhof steht und die
Neubürger begrüßen möchte und keiner
kommt. Oder die prognostizierten Mieter
gleich nach Erhalt der Aufenthaltsgeneh-
migung wegziehen und die neuen Woh-
nungen leer stehen. Damit würden die
Unternehmen und auch die Kommunen
sich kaputt wirtschaften. Daher unser Vor-
schlag: die Wiedereinführung eines novel-
lierten Wohnortzuweisungsgesetzes.“
Der VNW will die Wiedereinführung eines
solchen Gesetzes in der Politik anregen. In
Schleswig-Holstein hat Verbandsdirektor
Breitner bereits Ministerpräsident Torsten
Albig (SPD) darüber informiert. Auch in
Mecklenburg-Vorpommern und in Ham-
burg wird der VNW-Verbandsdirektor zeit-
nah das Wohnortzuweisungsgesetz in die
Diskussion bringen.
(frit/schi)
Die BAMF-Studie „Zuwanderung
und Integration von (Spät-)Aussiedlern –
Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen
des Wohnortzuweisungsgesetzes“
finden Sie online unter diesem Kurz-Link:
goo.gl/lzrvyA.
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