PM_spezial_Trends_im_Recruiting 06/2016 - page 55

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Absage schriftlich. Wenn schon der erste
Telefonkontakt/Vorstellungsgespräch
stattgefunden hat, so sollte die Absage
immer mündlich stattfinden“, schreibt
ein Personaler. Ein anderer meint: „Wir
schreiben einem Menschen, den wir
(durch die Absage) zurückgewiesen und
verletzt haben. Das Schreiben hat also
menschliche Züge zu tragen!“
Begründung ist besonders wichtig
Was ist den Bewerbern überhaupt wich­
tig? Und wie gehen die Personalmana­
ger in der Praxis vor? Auch diese Fragen
waren Teil der Umfrage. Unter den drei
Top-Aspekten aus Kandidatensicht steht
die „Angabe von nachvollziehbaren
Gründen“ (73 Prozent „sehr wichtig“)
ganz vorn, gefolgt von einem „freund­
lichen Tonfall“ (62 Prozent) und der
„zeitnahen Antwort auf die Bewerbung“
(61 Prozent).
Beim letzten Absageschreiben, das die
befragten Bewerber erhalten haben, war
das eher nicht der Fall: Angaben zu „nach­
vollziehbaren Gründen“ konnten nur 22
Prozent entdecken („stimmt genau“ und
„stimmt“). „Zeitnah zur Bewerbung“ er­
hielten 49 Prozent ihre Absage. Einen
„freundlichen Tonfall“ wiesen dagegen 92
Prozent der Schreiben auf. Wertschätzung
für sich als Bewerber fanden 79 Prozent
der Umfrageteilnehmer vor, einen persön­
lichen Ansprechpartner 31 Prozent. Per­
sonalisierte Anschreiben, die etwa Bezug
auf Details aus dem Lebenslauf nahmen,
erhielten 22 Prozent. Das Angebot, den
Kontakt zu halten, etwa durch die Aufnah­
me in einen Talentpool oder alternative
Jobangebote, gab es für 39 Prozent.
Anders die Perspektive der Persona­
ler: Aus ihrer Sicht stehen unter den drei
Top-Aspekten eines Absageschreibens
an erster Stelle der „freundliche Tonfall“
(68 Prozent „sehr wichtig“), gefolgt von
der „zeitnahen Antwort“ (63 Prozent)
und dem „Ausdruck vonWertschätzung“
(60 Prozent). Die „Angabe von nachvoll­
ziehbaren Gründen“ nennen gerade ein­
mal 16 Prozent als „sehr wichtig“. Nur
„personalsierte Anschreiben“ haben
noch weniger Relevanz (elf Prozent).
In der gelebten Praxis sieht es ähn­
lich aus: „Unsere Absageschreiben sind
in einem freundlichen Tonfall gehalten“
sagen 95 Prozent („stimmt genau“ und
„stimmt“). „Die Schreiben vermitteln
Bewerbern Wertschätzung“ meinen
94 Prozent und „Wir versenden Absa­
geschreiben zeitnah zur Bewerbung“
sagen immerhin noch 77 Prozent. „Nach­
vollziehbare Gründe“ geben lediglich 24
Prozent an und „personalisierte Absage­
schreiben“ versenden 20 Prozent.
Eine gute Balance finden
Die unterschiedlichen Perspektiven der
Bewerber und Personaler machen deut­
lich, dass noch viel Optimierungsbedarf
vorhanden ist. Die Recruiter sollten zur
Einsicht gelangen, dass das, was auf
Unternehmensseite als Verwaltungsvor­
gang angesehen wird, auf Kandidaten­
seite die ganze emotionale Wucht eines
negativen Erlebnisses entfalten kann.
Vielleicht können sie noch einmal prü­
fen, inwieweit die Praxis der formalen
aber inhaltsleeren Absage tatsächlich die
richtige ist und ob nicht doch mehr Spiel­
raum für Offenheit besteht als bisher an­
genommen. Wie können Personaler eine
gute Balance zwischen Rechtssicherheit,
Authentizität und Wertschätzung schaf­
fen? Antworten auf diese Frage gibt un­
ser Interview mit einem Arbeitsrechts-
experten (siehe Seite 66).
„Willst du mit mir gehen?
Ja, Nein, Vielleicht“ – so einfach
ist eine Absage nur selten.
© MICHELLE FRAIKIN/WESTEND61/CORBIS
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