Immobilienwirtschaft 7-8/2019 - page 8

8 SZENE
WOHNUNGSPOLITIK
Berlin beschließt den Mietendeckel und betritt rechtliches Neuland.
Berlin hat den Mietendeckel auf den Weg gebracht und damit einen
Mietenstopp für fünf Jahre, rückwirkend ab dem 18. Juni 2019. Der Senat hat ein entsprechendes Eckpunktepapier beschlossen. Bausenatorin Katrin
Lompscher sprach von rechtlichem Neuland. Der nächste Schritt ist ein Gesetzentwurf, der Mitte Oktober beschlossen werden soll. Das Gesetz soll,
so der Plan, spätestens im Januar 2020 in Kraft treten. Juristen und Verbände sehen die Pläne der rot-rot-grünen Senatsverwaltung skeptisch.
Es fehle hier an der Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer. Sie gehen davon aus, dass der geplante Mietendeckel in Berlin nichtig ist.
Ob er einen dicken Bauch habe oder nicht, würde in 50 Jahren keinen mehr inte-
ressieren, meinte jüngst im kleinen Kreis der Geschäftsführer eines mittelgroßen
Immobilieninvestmenthauses. Da er einen hat, will er seinen Namen bestimmt nicht
in der „Immobilienwirtschaft“ lesen, nennen wir ihn daher der Einfachheit halber
Harry. Lieber Harry, was glaubst Du, was von alldem, was Du heute tust und das Dei-
nen Alltag als wichtiger Immobilienplayer ausfüllt, in 50 Jahren noch Relevanz hat?
Prognose: wenig bis gar nichts!
Gibt es eine Branche, die so wenig nachhaltig ist wie die Immobilienwirtschaft – oder
zumindest Teile davon? Mit Excel als wichtigstem Instrument werden Immobilien ge-
und verkauft, Portfolien optimiert, Mieten angepasst, also Werte gehoben. Nur: mit
welchem nachhaltigen Wert? Zwar wird teilweise richtig viel Geld verdient, doch was
hat die Menschheit davon? Von Neubau und Revitalisierung abgesehen, sind das doch
oft nur Sandkastenspiele, es entsteht nichts von Bestand. Andere Branchen produzie-
ren Güter. Gut, ob diese Waren immer wirklich alle gebraucht werden, ist auch die
Frage.
Trotzdem kann die Botschaft nur lauten: sich selbst weniger wichtig nehmen und
auch mal den Fuß vom Gaspedal nehmen. Das Excel Sheet aus der Hand legen, gera-
de jetzt im Sommer, und sich auf das wirkliche Leben besinnen. Harry, spring in den
Pool, steig aufs Fahrrad oder hole dir einen schönen Weißwein aus dem Keller und
streck deinen Bauch in die Sonne.
Na, nachdenklich geworden? Ich jedenfalls. Welche Relevanz hat diese Kolumne in
50 Jahren? Da höre ich doch besser gleich mit Schreiben auf. Harry, ich komme …
KOLUMNE
Harry, ich komme …
Frank Peter Unterreiner
„Gibt es eine Branche,
die so wenig nachhaltig
ist wie die Immobilien-
wirtschaft? Was hat die
Menschheit von ihr? Von
Neubau und Revitalisie-
rung abgesehen, sind
das oft nur Sandkasten-
spiele …“
Klaus Freiberg
(57) ist
im Mai als COO aus dem
Vorstand von Vonovia SE
ausgeschieden.
Er bleibt
dem Wohnungskonzern in be-
ratender Funktion erhalten.
Cornelia Schubert
(36),
Gründungsinitiatorin der
Regionalgruppe Franken
des Vereins „Frauen in der
Immobilienwirtschaft“,
ist
seit Kurzem Geschäftsführe-
rin der N-Ergie Immobilien
GmbH.
PERSONALIE
MANAGING DIVERSITY AND INCLUSION
Mit diesem (englischsprachigen) Buch rückt D& I erstmals
in den Mittelpunkt erfolgreicher Immobilien- und Bauunter-
nehmen. Es bietet Anleitungen für Fachkräfte in der Branche,
die D& I zu einem entscheidenden Bestandteil der Unterneh-
menskultur machen möchten, und beschreibt, wie sie eine
D& I-Strategie im Unternehmen implementieren können. Das
Werk ist ein praktischer und leicht lesbarer Leitfaden, der
Organisationen und ihren Führungskräften dabei helfen kann,
sich mit dieser Entwicklung auseinanderzusetzen und sie in
die Praxis umzusetzen, um im Krieg um Talente im Immobili-
en- und Bausektor bestehen zu können.
Amanda Clack/Judith Gabler,
Managing
Diversity and Inclusion in the Real Estate Sector,
Routledge 2019, ISBN 978-1-138-36890-3
Weitere Infos unter
BUCHTIPP
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