MARKT UND MANAGEMENT
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dem die Einhaltung des Förderzwecks und der
Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung be-
urteilt werden kann, die Protokolle der Gremien
sind. Die Beurteilung der Vermögenslage wird
vorrangig auf der Grundlage des Jahresabschlus-
ses erfolgen.
Insoweit kann sich hier schnell eine Erwar-
tungslücke auftun. Die Adressaten der Prüfung
(die Mitglieder sowie die Gläubiger) erwarten
im Zweifel etwas anderes, als der Prüfungsver-
band tatsächlich leisten kann. Auch stellt man
erfahrungsgemäß gerade bei neu gegründeten
(Kleinst-)Genossenschaften häufig fest, dass
die Gremien mit dem gesetzlichen Rahmen des
Genossenschaftsgesetzes nicht wirklich vertraut
sind. Ob man diesen Unternehmen mit der ver-
einfachten Prüfung einen Gefallen tut, bleibt
zweifelhaft.
Möglichkeit der freiwilligen Erweiterung
des Prüfungsumfangs
Das Gesetz sieht in § 53a Abs. 3 GenG vor, dass die
Generalversammlung jederzeit eine vollständige
Prüfung beschließen kann. Fraglich ist, ob auch die
weiteren Gremien, also Vorstand und Aufsichtsrat,
dies tun können. Bei der regulären Prüfung nach
§ 53 Abs. 1 GenG steht ihnen dieses Recht in Bezug
auf die Einbeziehung des Jahresabschlusses und
Lageberichts zu.
Insofern dürfte dies auch im Rahmen der verein-
fachten Prüfung nach § 53a GenG möglich sein.
Vorstand und Aufsichtsrat können insoweit den
Prüfungsumfang erweitern (siehe Tabelle), im
Falle eines Beschlusses der Generalversammlung
wird die Prüfung nach § 53 Abs. 1 GenG zur Pflicht.
Fazit
Der Gesetzgeber hat mit der Genossenschafts-
novelle 2017 eine vereinfachte Prüfung für
besonders kleine, häufig eben auch für neu ge-
gründete Genossenschaften eingeführt. Damit
will man entsprechenden Forderungen aus der
genossenschaftlichen Gründungsszene gerecht
werden, die die Prüfung nach § 53 GenG teil-
weise – wegen der damit verbundenen Kosten –
als Hemmnis der Rechtsform betrachten.
Andererseits hat ein vom Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie (BMWi) beauftragtes und
2015 vorgestelltes Gutachten zu Potenzialen
und Hemmnissen der Rechtsform
1
ein anderes
Bild gezeichnet: Danach wurde insbesondere
die Betreuungs- und Beratungsleistung der Prü-
fungsverbände in der Gründungsphase besonders
wertgeschätzt und für wichtig erachtet. Hinzu
kommt, dass sich die im GdW zusammenge-
schlossenen Prüfungsverbände im Rahmen einer
Selbstverpflichtung ohnehin darauf verständigt
haben, besonders kleine Gründungsinitiativen zu
unterstützen, indem in den ersten Jahren nach
der Gründung nur eine pauschale Gebühr für die
Prüfung zwischen 500 € und 1.500 € erhoben
wird
2
. Also: eine echte Förderleistung des woh-
nungsgenossenschaftlichen Verbundes, ganz im
Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe.
Andererseits ist in Deutschland zurzeit eine Ent-
wicklung zu beobachten, wonach (noch wenige)
Vehikel des grauen Kapitalmarkts den guten Leu-
mund der genossenschaftlichen Rechtsform nut-
zen, um ihre Geschäftsmodelle zu etablieren, die
häufig nur den Initiatoren und Vertriebspartnern
dienen. Diese Vehikel nennen sich auch gerne
Wohnungsgenossenschaften und werben – ne-
ben erstaunlichen Renditen – mit Förderung in
Form von Wohnungsbauprämien und / oder ver-
mögenswirksamen Leistungen. Und alle diese
Vehikel sind relativ jung und anfangs immer sehr
klein. Leider sind sie auch eine der direkten Ziel-
gruppen (bzw. die Nutznießer) der vereinfachten
Prüfung.
Ob man also den Mitgliedern, den Stakeholdern
und dem Image der Rechtsform insgesamt mit
der „Erleichterung“ einen Gefallen tut, ist wahr-
lich zweifelhaft. Es bleibt zu hoffen, dass die
Gremien der neugegründeten Genossenschaf-
ten, also Vorstand und Aufsichtsrat, sich ihrer
Verantwortung bewusst sind und die Erleichte-
rung nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie in
der Lage sind, einen ordnungsgemäßen Betrieb
der Genossenschaften entsprechend Gesetz und
Satzung zu garantieren.
1
Vgl. Blome-Drees, Johannes/Boggild, Nikolaj/Degens,
Philipp/ Michels, Judith/ Schimmele, Clemens/Werner,
Jennifer: Potenziale und Hemmnisse von unternehmeri-
schen Aktivitäten in der Rechtsform der Genossenschaft,
Lit Verlag, 2016.
2
Vgl.
de/wp-content/uploads/2014/05/GdW_Massnahmen_
Neugruendung_10_2015_Gesamt.pdf
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
ABGRENZUNG DER EINZELNEN PRÜFUNGSARTEN
§ 53 a GenG
§ 53 Abs. 1 GenG
§ 53 Abs. 1
i.V.m.
Abs. 2 Satz 1 GenG
Gesetzlicher Prüfungsgegenstand
Feststellung, ob es
Anhaltspunkte
dafür gibt, an einer geordneten Ver-
mögenslage oder an der Ordnungs-
mäßigkeit der Geschäftsführung zu
zweifeln
Zwecks
Feststellung
der wirt-
schaftlichen Verhältnisse und der
Ordnungsmäßigkeit der Geschäfts-
führung sind die Einrichtungen, die
Vermögenslage sowie die Geschäfts-
führung zu prüfen
Zwecks
Feststellung
der wirt-
schaftlichen Verhältnisse und der
Ordnungsmäßigkeit der Geschäfts-
führung sind die Einrichtungen, die
Vermögenslage sowie die Geschäfts-
führung zu prüfen, dabei ist auch der
Jahresabschluss unter Einbeziehung
der Buchführung und des Lagebe-
richts zu prüfen
Jahresabschluss und ggf.
Lagebericht
Durchsicht
des Jahresabschlusses
(§ 53 a Abs. 2 Satz 1 Nr.1 GenG)
Ausschließlich kritische
Würdigung
von Jahresabschluss
und ggf. Lagebericht
Prüfung
des Jahresabschlusses
unter Einbeziehung der Buchführung
und des Lageberichts
Prüfungsergebnis
Zusammengefasstes Prüfungser-
gebnis
Zusammengefasstes
Prüfungsergebnis
Zusammengefasstes Prüfungs
ergebnis und ggf. Bestätigungs
vermerk
Berichterstattung
Kurzbericht
Prüfungsbericht
Prüfungsbericht
Quelle: GdW