Die Wohnungswirtschaft 5/2018 - page 66

MARKT UND MANAGEMENT
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5|2018
Bilanz- und Steuerwissen –
Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW
Erwartungslücke bei der
vereinfachten Prüfung nach § 53a GenG
Mitte 2017 wurde die vereinfachte Prüfung nach § 53a GenG im Rahmen der Genossenschaftsnovelle 2017
für Kleinstgenossenschaften neu eingeführt. Ziel des Gesetzgebers war es, besonders kleine, vor allem auch
neu gegründete Genossenschaften im Rahmen ihrer Aufwendungen für die Prüfung zu entlasten. Ob man
den Unternehmen und ihren Gremien damit wirklich einen Gefallen tut, wird sich in der Zukunft zeigen.
Die vereinfachte Prüfung nach § 53 a GenG nennt
sich zwar „Prüfung“, ist aber tatsächlich nur eine
„prüferische“ Durchsicht bestimmter Unterlagen.
Eine Erwartungslücke der Adressaten der Prüfung
ist vorgezeichnet.
Voraussetzungen der vereinfachten Prüfung
Nach dem neu eingeführten § 53a GenG soll jede
zweite genossenschaftliche Pflichtprüfung bei
Kleinstgenossenschaften vereinfacht durchge-
führt werden. Damit wird eine vollumfängliche
Vor-Ort-Prüfung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GenG im
Regelfall nur noch alle vier Jahre durchgeführt,
da die entsprechend begünstigten Genossen-
schaften auch vor der Novelle nach geltendem
Recht meist nur einem 2-jährigen Prüfungstur-
nus unterlagen.
Eine Kleinstgenossenschaft im Sinne von § 53a
GenG liegt vor, wenn mindestens zwei der drei
nachstehenden Größenmerkmale an zwei aufei-
nanderfolgenden Bilanzstichtagen nicht über-
schritten werden:
• 350.000 € Bilanzsumme,
• 700.000 € Umsatzerlöse,
• im Jahresdurchschnitt 10 Arbeitnehmer.
Weitere Voraussetzung ist, dass in der Satzung
der Genossenschaft keine Nachschusspflicht
der Mitglieder vorgesehen ist und die Genos-
senschaft keine Darlehen von Mitgliedern nach
§ 21b Abs. 1 GenG entgegengenommen hat.
Nach § 53a Abs. 3 Satz 3 GenG ist die erstmalige
Pflichtprüfung einer Genossenschaft stets eine
vollständige Prüfung. Gemäß der Gesetzesbe-
gründung soll damit zum Ausdruck gebracht
werden, dass der Wechsel zwischen vollständiger
und vereinfachter Prüfung immer mit der voll-
ständigen Prüfung beginnt (Bundestagsdruck-
sache [BT-Drs.] 18/11506, S. 31). Während der
Gesetzestext von § 53a Abs. 3 Satz 3 GenG klar
(nur) auf die erstmalige Pflichtprüfung einer
(neu gegründeten) Kleinstgenossenschaft re-
kurriert, wirft die Gesetzesbegründung durch
den o. g. Halbsatz die Frage auf, ob nach dem
Inkrafttreten von § 53a Abs. 3 Satz 3 GenG auch
bei Bestandsgenossenschaften zunächst mit ei-
ner vollständigen Prüfung begonnen wird und
eine vereinfachte Prüfung erst bei der nächsten
Pflichtprüfung durchgeführt werden kann. Nach
Auskunft aus dem zuständigen Bundesjustizmi-
nisterium (BMJV) soll sich § 53a Abs. 3 Satz 3
GenG (nur) auf die erstmalige Pflichtprüfung
einer (neugegründeten) Kleinstgenossenschaft
beziehen. Diese Sichtweise wird derzeit auch vom
DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiff-
eisenverband e. V. vertreten. Wenn eine Genos-
senschaft, die nur in jedem zweiten Geschäftsjahr
geprüft werden muss, sich freiwillig in jedem
Geschäftsjahr prüfen lässt, muss die erstmalige
freiwillige Prüfung keine vollständige Prüfung
sein (BT-Drs. 18/11506, S. 31).
Die vereinfachte Prüfung beschränkt sich aus-
schließlich auf die Durchsicht bestimmter im
Gesetz aufgeführter Unterlagen und auf die
Feststellung, ob es daraus Anhaltspunkte gibt,
an einer geordneten Vermögenslage oder der
Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung der
Genossenschaft zu zweifeln. Über das Ergebnis
der vereinfachten Prüfung ist schriftlich zu be-
richten.
Beurteilung bestimmter Unterlagen ohne
Vor-Ort-Einsicht
Soweit die Voraussetzungen für eine vereinfachte
Prüfung vorliegen, sind folgende Unterlagen vom
Prüfungsverband durchzusehen:
• eine Abschrift der Satzung in der geltenden Fas-
sung oder eine Erklärung des Vorstands, dass
gegenüber der zuletzt eingereichten Fassung
keine Änderung erfolgt ist,
WP/StB Ingeborg Esser
Hauptgeschäftsführerin
GdW
Vorstand GdW Revision AG
Berlin
Eine entsprechende Negativaussage in
Bezug auf die Einhaltung des Förderzwecks
könnte lauten:
Die Durchsicht der in § 53a Abs. 2 GenG
genannten Unterlagen hat keine Anhalts-
punkte ergeben, dass die Geschäftstä-
tigkeit der Genossenschaft im Prüfungs-
zeitraum nicht mit dem satzungsmäßigen
Gegenstand übereinstimmt und somit der
satzungsmäßige Förderzweck nicht erfüllt
wird. Allerdings erlaubt die Durchsicht der
in § 53a Abs. 2 GenG genannten Unterla-
gen keine abschließende Beurteilung der
tatsächlichen Geschäftstätigkeit.
BEISPIEL FÖRDERZWECK
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