DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 5/2017 - page 11

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der jeweiligen fachlichen Perspektive erfahrbar zu
machen. Die Polizei beurteilt ein Gebiet anders als
ein Stadtplaner. Der gegenseitige Erfahrungsaus-
tausch vor Ort ist praxisnah und effektiv, gemein-
samkönnen Chancen und Risiken imGebiet erfasst
und Zuständigkeiten verteilt werden.
Die gemeinsame stadträumliche Begehung unter-
schiedlicher Disziplinen kombiniert damit in prag-
matischer und effizienter Weise die Instrumente
der Begehung (Erwerb von Vor-Ort-Kenntnis),
Expertengespräch und rundem Tisch.
ImForschungsprojekt fand die stadträumliche Be-
gehung unter Zuhilfenahme einer vorliegenden
Kriterienliste zu Sicherheitsaspekten im Wohn-
umfeld statt. Die konsensorientierte Beurteilung
von Stärken und Schwächen eines Gebiets war
ausschlaggebend, um das gemeinsame Ziel er-
reichen zu können: die Verringerung der subjek-
tiven Unsicherheiten und Reduzierung der realen
Kriminalitätsbelastung. Über die Sensibilisierung
auf eine in der Planung nicht selbstverständliche
nutzungsorientierte Sichtweise von Bewohnern
– beispielsweise sollten Wegebeziehungen aus
Sicht einer älteren, auf den Rollator angewiese-
nen Person erfolgen – wurden sicherheitsrelevante
Aspekte wie Erreichbarkeit, Übersichtlichkeit und
Transparenz anhand konkreter Kriterien gemein-
sam überprüft. Ganz im Sinne eines transdiszi-
plinären Projektansatzes konnten neue, für die
Quartiere vorab noch nicht gedachte Lösungen
erarbeitet werden.
Beurteilung sicherheitsrelevanter Aspekte
Die im Rahmen des Transit-Projekts verwendete
Kriterienliste zur Beurteilung sicherheitsrelevanter
Aspekte speiste sich aus mehreren Quellen. Ers-
te Informationen entstammen den Handbüchern
„Gender Mainstreaming in der Stadtentwicklung“
der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und
Umwelt in Berlin und der Stadt Wien. Ein Großteil
der Kriterien entstammte demKriterienkatalog zur
Auditierung sicherer Wohnnachbarschaften der
Sicherheitspartnerschaft im Städtebau in Nieder-
sachsen und wurde den Zwecken einer zeitlich
begrenzten Begehung (Dauer ca. zwei Stunden)
angepasst. Die Zuordnung entspricht den sicher-
heitsrelevanten Überschriften:
1. aktueller Eindruck des Gebietes,
2. räumliche An- und Zuordnung,
3. Lesbarkeit und Orientierung,
4. Verkehrsanbindung und Wegeführung,
5. Überschaubarkeit und Sichtbarkeit,
6. Beleuchtung,
7. Zugänglichkeit und Zugangsbedingungen,
8. sichere Abstellmöglichkeiten,
9. eigene und zusätzliche Kriterien zu Ordnungs-
störungen und Qualitäten.
Um Begehungen (Gesamtdauer: ca. drei Stunden) zeitlich überschaubar zu halten, sollten
folgende Empfehlungen beachtet werden:
• Festlegung einer Route durch das Quartier, die typische/besondere sicherheitsrelevante
Aspekte des Wohnumfelds beinhaltet, die gemeinsam begutachtet werden sollen.
• Erstellung eines Erhebungsbogens, der durch die Teilnehmer gemeinsam auszufüllen ist (hier
kann z. B. auf das Instrumentarium aus dem Transit-Projekt zurückgegriffen werden).
• Einladung von Teilnehmern mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen. Je nach
Themenstellung können dies z. B. sein: Wohnungsunternehmen, Einzeleigentümer, Polizei,
Präventionsrat, Kommune (Ordnungsamt, Stadtentwicklung/Planung, Soziales), Quartiers-
management, Vertreter von Quartiersinstitutionen, ggf. Bewohner).
• Ein typischer Ablauf ist: Treffen in einer Räumlichkeit: Kennenlernen und Briefing der Teil-
nehmenden (Ziele, Ablauf), Wahl von Protokollanten (Dauer ca. 30 Minuten), Durchführung
der Begehung entlang der vorab festgelegten Route (Dauer ca. zwei Stunden) und
• Bewertung des Quartiers entlang der Kriterien im Erhebungsbogen.
• Moderation einer gemeinsamen Abschlussrunde der Teilnehmer/-innen in einer Räumlichkeit
(Dauer ca. 30 Minuten).
DURCHFÜHRUNG EINER GEMEINSAMEN STADTRÄUMLICHEN BEGEHUNG
Eine ausführliche Dokumentation der Begehungen auf der Internetseite
od
er unter dem Kurzlink:
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
ndManagement
Gemeinsame stadträumliche Begehung in Lüneburg
Quelle aller Fotos: LKA Niedersachsen
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